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Wenige Einwanderer, viele Grenzgänger

Über die Grenzen zur Arbeit: Mehr EU-Bürger pendeln in die Schweiz. Keystone

In der Schweiz hat die Zahl der Grenzgänger und ausländischen Temporärarbeiter seit der Einführung des freien Personenverkehrs stark zugenommen.

Dagegen ist die erwartete Einwanderungswelle aus der Europäischen Union ausgeblieben.

Zwischen Anfang Juni und Ende August sind 7700 Personen in die Schweiz eingewandert. Im gleichen Zeitraum 2003 und 2002 waren es 7000 bzw. 6700 Personen gewesen.

Die Kantone Wallis, Neuenburg, Basel-Stadt und Tessin verzeichneten auch in den darauffolgenden Monaten 2004 eine leichte Zunahme gegenüber den Vorjahreswerten.

Das ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur sda bei den Kantonen.

Damit wird die erste Bilanz des Bundesamtes für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES) von Anfang Oktober bestätigt.

Mehr pendeln über die Grenzen

Die Zahl der im Kanton Neuenburg niedergelassenen Bürger aus der Europäischen Union (EU) habe seit der Einführung des freien Personenverkehrs mit den alten EU-Staaten nur um 2,2% zugenommen, sagte Serge Gamma, Chef des kantonalen Ausländeramts.

Hingegen habe die Zahl der im Kanton Neuenburg arbeitenden Grenzgänger deutlich zugenommen. Zu einer Verdreifachung, wie sie im Kanton Genf registriert wurde, ist es aber gemäss Gamma nicht gekommen.

Auch in den beiden Basler Halbkantonen und im Tessin stieg die Zahl der Grenzgänger beträchtlich an. Einzig im Kanton Wallis blieb die entsprechende Zahl seit 2001 stabil.

Laut dem IMES wurden zwischen Juni und August 2004 gesamtschweizerisch 9600 Grenzgänger-Bewilligungen ausgestellt. 2002 und 2003 waren es jeweils 8300 gewesen.

Kurzeinsätze

Seit dem 1. Juni dürfen ausländische Arbeitskräfte neu auch für kurze Einsätze in die Schweiz reisen. Bei Einsätzen unter 90 Tagen ist keine Bewilligung notwendig, sie müssen aber angemeldet werden.

Zwischen Juni und Ende September wurden beim IMES gesamthaft 37’000 solcher Kurzeinsätze angemeldet. Diese betrafen vor allem Bauarbeiter, die durchschnittlich einen Monat in der Schweiz verbrachten.

Mehr Fälle von Lohndumping

Seit dem 1. Juni nahm die Zahl der Fälle von Lohndumping in der Schweiz zu. Häufig waren es für Kurzeinsätze angestellte ausländische Arbeitnehmer, die nicht einmal den im Gesamtarbeitsvertrag (GAV) festgelegten Minimallohn erhalten.

Im Kanton Zürich wurden zwischen Juni und Oktober 41 Bauunternehmen kontrolliert. Bei neun ausländischen und acht Schweizer Betrieben stiessen die Behörden auf Lohndumping.

Weniger als die Hälfte des Minimallohns

In den krassesten Fällen verdienten die Arbeiter nicht einmal die Hälfte des in der Schweiz üblichen Ansatzes von 25 Franken. Eine aussagekräftige Bilanz könne aber erst in einem Jahr gezogen werden, heisst es bei den Zürcher Behörden.

Im Kanton Basel-Landschaft ist die Zahl der Missbrauchsfälle etwa gleich hoch wie in Zürich: Rund ein Drittel der kontrollierten Betriebe hielt sich nicht an die Bestimmungen des GAV. Den Unternehmen droht eine Busse und im Wiederholungsfall sogar ein Ausschluss vom Schweizer Markt.

Auch im Wallis wurden mehrere Fälle von Lohndumping festgestellt. Bisher noch keine Verstösse wurden dagegen aus dem Tessin, Genf, Neuenburg und St. Gallen gemeldet.

swissinfo und Agenturen

Vom 1. Juni bis Ende August wanderten 7700 Personen in die Schweiz ein, 700 mehr als in der Vorjahresperiode.
Im selben Zeitraum wurden 9600 Grenzgänger-Bewilligungen ausgestellt, 1300 mehr als in derselben Periode 2003.
Von Juni bis Ende September wurden 37’000 ausländische Arbeiter für Kurzeinsätze in der Schweiz angemeldet.

Der Schweizer Arbeitsmarkt wurde 2004 für Bürger der EU-Länder geöffnet.

Der Vertrag über den freien Personenverkehr ist Teil des ersten Bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und den 15 alten Mitgliedsstaaten der EU.

Das Schweizer Parlament berät zur Zeit, ob der freie Personenverkehr auf die zehn neuen EU-Staaten ausgedehnt werden soll.

Die Gewerkschaften fordern griffige Massnahmen gegen Lohndrückerei und drohen mit einem Referendum.

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