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Bundesverwaltungsgericht rügt Migrationsamt

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt für Migration (BFM) für sein vorschnelles Vorgehen bei Wegweisungen von Asylsuchenden gerügt. Künftig dürfen Asylsuchende nach einem Nichteintretens-Entscheid nicht mehr sofort in einen Dublin-Staat überstellt werden.

Im konkreten Fall hiess das Gericht die Beschwerde eines Afghanen gut, auf dessen Asylgesuch das BFM im letzten Jahr nicht eingetreten war. Der Mann war nach diesem Entscheid sofort nach Griechenland überstellt worden. Dort war er zuvor in den Dublin-Raum eingereist.

Eine Wegweisung bei einem Nichteintretens-Entscheid sieht das Dublin-Abkommen vor, das für die Schweiz seit Dezember 2008 in Kraft ist. Das Abkommen regelt, dass nur ein Staat im Dublin-Raum für ein Asylverfahren zuständig ist. Entsprechend musste der Mann nach Griechenland ausreisen, bevor ein Gericht seinen Rekurs gegen den Nichteintretens-Entscheid behandeln konnte.

Das Bundesverwaltungsgericht hält diese Praxis für rechtswidrig: Sie verstosse gegen den Rechtsschutz, wie ihn die Bundesverfassung (Art. 29a) garantiere: Jede Person habe bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde. Diese Garantie gewährt auch die Europäische Menschenrechts-Konvention (EMRK Art. 13).

Nach Angaben des Sprechers des Gerichts, Andrea Arcidiacono, handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Im Moment seien beim Bundesverwaltungsgericht 146 Fälle hängig, bei denen es um die Anwendung des Dublin-Abkommens gehe, sagte er.

Das Urteil hat deshalb weitere Folgen für das BFM: In etwas weniger als einem Dutzend Fälle habe das Gericht das BFM angehalten, auf die Rückführung der zu schnell weggewiesenen Personen in die Schweiz hinzuarbeiten.

Nach dem Urteil muss das BFM seine Praxis anpassen. Asylsuchenden, die einen Nichteintretens-Entscheid auf ihr Gesuch erhielten, muss genügend Zeit eingeräumt werden, damit eine Beschwerde behandelt werden kann.

swissinfo.ch und Agenturen

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