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Ein harter, aber unumgänglicher Kahlschlag

UBS-Chef Sergio Ermotti am 30. Oktober vor den Medien. AFP

Der Ausstieg der Grossbank UBS aus den Hochrisiko-Bereichen des Investment-Bankings wird von der Schweizer Presse grundsätzlich als mutig, unumgänglich und zukunftsgerichtet gelobt. Bitter sei allerdings der damit verbundene Stellenabbau.

Der geplante Kahlschlag landete durch eine Indiskretion bereits in der Sonntagspresse. Gestern bestätigte die UBS Spitze den Ausstieg aus den risikoreichen und kapitalintensiven Bereichen des Investment-Bankings und den damit verbundenen Abbau von weltweit 10’000 Stellen. Die Finanzmärkte reagierten positiv. Die UBS-Aktien stiegen innert zwei Tagen um mehr als 13%.

Auch die Schweizer Presse reagiert grundsätzlich positiv auf den Umbau der Grossbank. “Mit der Abkehr von überzogenen Visionen hat die UBS, auch wenn sich der Lernprozess über Jahre hingezogen hat, einen grossen Schritt getan”, schreibt die Neue Zürcher Zeitung: “Dieser zeugt von Mut und verdient Respekt; auch wenn es stimmt, dass den Mutigen die Zukunft gehört, kann die UBS mit mehr Zuversicht in die Zukunft blicken als auch schon.”

Begrabene Träume und Visionen

Mit der Verschlankung des Investment-Bankings breche die Grossbank mit ihrer Vergangenheit und begrabe die “Träume und Visionen, in der kleinen Gruppe der weltweit führenden Investmentbanken mitzutun”, so die NZZ.

Die Bank reagiere mit der Verschlankung auf die verschärften Eigenkapitalbestimmungen (Basel III, Too Big to Fail) und schwenke auf ein “weniger kapitalintensiveres und risikoärmeres” Geschäftsmodell um. “Die Verschlankung der Bank wird sich mit einiger Sicherheit positiv auf die betriebliche Effizienz und damit auf die Profitabilität auswirken.”

Deshalb könnten “auch die Aktionäre nach einer längeren Durstrecke auf bessere Zeiten hoffen”. Dennoch – so die NZZ – bleibe ein bitterer Nachgeschmack: “Die Rückkehr zur Vernunft kostet Tausende von Mitarbeitern die Stelle.”

“Schwarzer Tag”

Es sei “ein schwarzer Tag für unser Land”, kommentiert der Blick die Tatsache, dass die UBS allein in der Schweiz 2500 Stellen abbauen will. “Der Entscheid tut weh, aber er ist richtig, unvermeidlich.” Bereits die alte UBS-Führung unter Oswald Grübel hätte die “Risiken reduzieren, das Investmentbanking ausmisten müssen”.

Stattdessen habe Grübel nach der Finanzkrise und der Staats-Rettung der UBS das Investmentbanking wieder ausgebaut. Die schlechten Wirtschaftsaussichten zwängten nun die neue UBS-Führung “zu neuer Bescheidenheit. Die Mitarbeiter zahlen den Preise dafür.”

Für den Zürcher Tages Anzeiger ist der Schritt der UBS der “Abschied von einer heiligen Kuh”, der jedoch nicht aus freien Stücken erfolgt sei. “Die Regulatoren – allen voran die Schweizerische Nationalbank – haben die Vorschriften so verschärft, dass den Investmentbankern die Puste wegblieb. Für risikoreiche Geschäfte muss neu so viel Kapital unterlegt werden, dass sie schlicht nicht mehr rentabel betrieben werden können.”

“Früher, schneller, gründlicher”

Auch der Genfer Le Temps sieht im Abbau des Investmentbankings eine neue Kultur, und macht dafür die die neue Führung unter dem ehemaligen Chef der Deutschen Bundesbank, Axel Weber verantwortlich. “Neuer Präsident, neue Bank”, schreibt die Zeitung, erinnert an die unrühmliche Affäre um einen Londoner Broker und rühmt Weber dafür, dass dieser nun Abschied nehme von der “Kultur der Profitmaximierung”, die sich nicht vertrage mit den Ambitionen von Weber, der für “seine Strenge und seine Integrität” bekannt sei.

“Früher, schneller, gründlicher”, es klinge schon nach einem olympischen Motto, wie die UBS “den wohl radikalsten Umbau ihrer jüngsten Geschichte” anpacke, schreibt die Süddeutsche Zeitung und bezeichnet die Ankündigung als “Donnerschlag”. Im Interview mit der Zeitung sagt Axel Weber, seit der Finanzkrise hätten sich das Marktumfeld und vor allem die regulatorischen Bedingungen für die Banken radikal verändert. Weber drücke es nicht so deutlich aus, schreibt die Süddeutsche Zeitung, aber “er lässt kaum einen Zweifel daran, dass andere Banken über kurz oder lang seinem Institut werden folgen müssen”.

Die beiden grossen Schweizer Universalbanken (Banken, die alle Geschäftsbereiche im Finanzwesen anbieten)bekamen die Finanzkrise massiv zu spüren.

Credit Suisse verbrannte sich zwar die Finger, konnte das Schlimmste aber abwenden, da sie die Warnsignale früher erkannte als ihre Rivalin.

Die UBS hingegen wurde von den Banken in Europa am härtesten getroffen. Sie musste Abschreibungen von über 50 Milliarden Dollar vornehmen.

Der Bundesrat und die Nationalrat mussten ihr 2008 finanziell unter die Arme greifen.

Das Fiasko führte dazu, dass viele Schweizer Politiker, Medien sowie die Öffentlichkeit die geplante Ausweitung des Investment Bankings nach der Krise unter Beschuss nahmen.

Laut Beobachtern wurde die traditionelle Schweizer Vermögens-Verwaltung von einer neuen Art aggressiven anglosächsischen Bankings verdrängt.

Die Vermögen der beiden Banken haben sich in den letzten 12 Monaten leicht verbessert. Schlechte Ergebnisse im Investment Banking haben die Erholung der Banken aber gebremst.

Als Folge davon kündigten die zwei Grossbanken dieses Jahr einen geplanten Abbau von insgesamt 7000 Stellen an.

Multinationale Banken wurden von den ungelösten Schuldenkrisen in Europa und in den USA hart getroffen.

Die Schweizer Banken leiden zusätzlich unter der Frankenstärke.

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