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Das lange Warten der Chauffeure auf Warteräume

Ein wiederkehrendes Bild: Übernachten auf der Raststätte. Keystone

Die Osterfeiertage werden für Lastwagen-Chauffeure zur zusätzlichen Belastungsprobe. Nach wie vor fehlen ihnen geeignete Ausstellplätze und Übernachtungsmöglichkeiten entlang der Gotthard-Route.

Das Problem ist seit Jahren bekannt. Doch die Behebung des Missstands kommt nicht recht vom Fleck.

Zoll, Dosiersystem beim Gotthard-Tunnel, Stau und fehlende Warteräume. Camionchauffeuren die durch die Schweiz fahren, fehlt es nicht an Hindernissen.

Und jetzt, während der Osterferien, werden die Fahrten für die LKW-Fahrer noch beschwerlicher. Das Bundesamt für Strassen hat zudem Order gegeben, dass dem Individualverkehr Priorität eingeräumt wird.

Das zehrt an den Nerven. “Wenn es hier eine ordentliche Raststätte für Lastwagen gebe, würde ich schon halten”, sagt ein Chauffeur, der seinen Sattelschlepper durch die Dosierstelle vor dem Gotthard-Südportal von Bodio manövriert.

Der Österreicher aus Graz würde auf seinen regelmässigen Fahrten von Italien nach Deutschland dafür auch gerne etwas Geld ausgeben. Dann könnte er wenigstens mal duschen.

Ähnlich äussern sie seine Arbeitskollegen. Sie verweisen auf entsprechende Einrichtungen und Trucker-Treffpunkte in Deutschland und Frankreich, wo sie in der Regel übernachten.

Überlastete Raststätten

In der Schweiz gibt es keine solche speziellen Einrichtungen entlang der Autobahn. Die Lastwagen auf der Nord-Süd-Achse überfluten jeden Abend die bestehenden Raststätten, die aber auf Privatwagen ausgerichtet sind.

Und die Stellplätze reichen nicht. Lange vor Inkrafttreten des nächtlichen Fahrverbots um 22 Uhr sind alle Parkfelder belegt. Angesichts der Lastwagenflut führten einige Raststätten diesen Winter eine Übernachtungsgebühr von 15 Franken ein. Sie waren es Leid, die Kosten für den Sicherheitsdienst und die Umtriebe selbst zu tragen.

Der Nutzfahrzeugverband Astag sprach damals von einer Schikane, doch heute ist die Kritik leiser. Denn die Gebühr berechtigt zu hohen Rabatten beim Konsum in den Raststätten, und die Chauffeure geniessen den Vorteil, dass ihre Fahrzeuge auf einem überwachten Gelände stehen.

Harte Kritik der Interessenverbände

Die Situation ist trotzdem alles andere als befriedigend. Auf der Nord-Süd-Route fehlt es chronisch an nächtlichen Parkplätzen. “Es ist Sache der Regierung, solche Plätze bereit zu stellen”, kritisiert Astag-Sprecher Beat Kaiser. Die nächtlichen Zustände seien katastrophal.

Die ausländischen Chauffeure hätten ein Recht auf anständige Bedingungen, denn sie bezahlten ja schliesslich eine Gebühr für die Durchfahrt durch die Schweiz.

Der Aargauer SVP-Nationalrat und Fuhrunternehmer Ulrich Giezendanner geht sogar noch weiter: “Alle reden von Menschenrechten, aber wie es den Chauffeuren nachts ergeht, ist offenbar egal.”

Auch David Piras, Zentralsekretär des Berufsfahrer-Verbandes Routiers Suisse, sieht dringenden Handlungsbedarf. Er berichtet zudem von ersten nächtlichen Überfällen gegen Chauffeure, die irgendwo im einsamen Gelände parkierten, weil sie entlang der Autobahn keine regulären Parkplätze fänden

Missstände erkannt

Den Handlungsbedarf hat man auch beim Bund erkannt. Schon im August 2001 hielt die Steuerungsgruppe Schwerverkehr A2 des Eidgenössischen Verkehrsdepartements (UVEK) fest, dass die bestehenden Raststätten und -plätze entlang der A2 selbst unter normalen Verhältnissen und besonders während der Nacht durch Lastwagen überbelegt sind.

Bei der Konsultation zum (abgelehnten) Reservationssystem für die Camiondurchfahrten am Gotthard-Tunnel wurde der Bau von Warteräumen dringend gefordert. Das UVEK hielt im Oktober 2003 fest: “Die Warteräume sollen die heutigen Stauräume auf der Autobahn weitgehend ersetzen und damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit leisten.”

Bund handelt langsam

Schon lange besteht der Plan, auf der A2 einzelne Kontrollzentren mit so genannten Schwerverkehrshöfen (Restaurants, Hotels und Reparaturwerkstätten für den Schwerverkehr) zu eigentlichen Schwerverkehrszentren umzuwandeln.

In der Innerschweiz bewerben sich die Kantone Nidwalden und Uri um die entsprechende Standortbewilligung, denn beide Kantone hoffen auf neue Arbeitsplätze. Momentan werden laut Bundesamt für Strassen beide Projekte parallel vorangetrieben. Entschieden ist aber noch nichts.

Noch langsamer und komplizierter geht die Arbeit auf der Südseite des Gotthards voran. Nationalrat Giezendanner hatte kurz nach der Gotthard-Katastrophe Ende 2001 ein privates Projekt zur Umnutzung des brachliegenden Geländes des ehemaligen Stahlwerks Monteforno bei Bodio als Autohof mit 500 Parkplätzen für Lastwagen mitsamt Motel und Reparaturwerkstatt vorgelegt.

Schneckentempo im Tessin

Dann nahm sich der Kanton Tessin dem Projekt an, das bei den Anrainergemeinden zuerst auf grosse Skepsis stiess, inzwischen aber verhaltene Befürwortung gefunden hat. Bis zum kommenden Juni soll die Machbarkeitsstudie vorliegen.

Laut Denis Rossi vom Tessiner Bau- und Umweltdepartement sind mindestens 70 bis 80 Mio. Franken nötig, um das teils kontaminierte Monteforno-Areal zu kaufen, zu sanieren, herzurichten und mit Autobahnanschlüssen zu versehen.

Die von Giezendanner genannte Investition von 30 Millionen Franken hält er für illusorisch. Schnell wird es jedenfalls nicht gehen. Das Bundesamt für Strassen rechnet für das Monteforno-Projekt mit einem Zeitplan von bis zu drei Jahren. Die Chauffeure können die Schlussfolgerungen selber ziehen: Ihre Situation wird sich so bald nicht ändern.

swissinfo, Gerhard Lob

Anzahl Durchfahrten schwerer Fahrzeuge (mehr als 3,5 Tonnen) durch den Gotthard-Tunnel 2003: 1,1148 Millionen
Durchschnittliche Anzahl LKW im Gotthard-Tunnel pro Tag: ca. 3500
Anzahl LKW-Parkplätze entlang der A2: 740

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