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Das Parlament in Zeiten der Krise

Keystone

Die Finanzkrise wirft Schatten auf die Frühjahrssession des Parlaments. In einer dringlichen Debatte wird dieses die Affäre um UBS und Bankgeheimnis diskutieren. Zudem äussern sich die Parlamentarier zum zweiten Krisenpaket der Regierung.

Die Übermittlung von Bankkundendaten durch die Schweizer Grossbank UBS an die US-Justizbehörden erregt nach wie vor die Gemüter.

Ein Echo der laufenden Diskussion wird es in der Frühjahrssession im Parlament geben, die am heutigen Montag beginnt.

Die Grünen und die Schweizerische Volkspartei (SVP) haben eine Dringlichkeitsdebatte zum Bankengeheimnis und zur Zukunft des Finanzplatzes Schweiz verlangt. Etliche parlamentarische Vorstösse betreffen die UBS-Krise und das Bankgeheimnis.

Die Titel einiger Anfragen sprechen für sich. “UBS-Beihilfe zur Steuerhinterziehung in den USA?” fragt beispielsweise die sozialdemokratische Nationalrätin Hildegard Fässler.

“Macht sich die UBS über das Parlament lustig?”, doppelt SVP-Nationalrat Oskar Freysinger nach. Die Finanz- und Wirtschaftskommission lädt dazu ein, “die Funktionsweise der Finanzmarkt-Aufsichtsbehörde Finma zu untersuchen”.

Millionen als Konjunkturspritze

Ein weiteres wichtiges Thema wird das zweite Paket zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise sein, das die Regierung Mitte Februar vorgestellt hat. Vorgesehen sind zusätzliche Ausgaben der Eidgenossenschaft in Höhe von 700 Millionen Franken.

Von diesem Betrag sollten 390 Millionen Franken in Infrastrukturprojekte fliessen (Strasse und Bahn), 100 Millionen in die Regionalpolitik, 80 Millionen in den Umwelt- und Energiebereich, 50 Millionen in die Forschung und 40 Millionen in die Sanierung von Gebäuden.

Zu diesem Konjunkturpaket gehört auch die Verlängerung der Kurzarbeitszeit-Berechtigung von 12 auf 18 Monate. Diese Massnahme soll helfen, Entlassungen bei Unternehmen zu vermeiden, die Kurzarbeit eingeführt haben.

Die Regierung hat neben den Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft auch steuerliche Erleichterungen vorgesehen. Darunter fällt der Ausgleich für die so genannte “Kalte Progression.” Ausserdem sollen Familien mit Kindern steuerlich entlastet werden.

Kritik von rechts und links

Die Diskussion über das Massnahmenpaket dürfte intensiv werden. Sowohl die Linke als auch die Rechte haben grosse Vorbehalte gegenüber den Vorschlägen angemeldet – aus sehr unterschiedlichen politischen Gründen. Etliche Parlamentarier haben sich auf die Rednerliste eingeschrieben.

Sozialdemokraten, Grüne und Gewerkschafter sind der Meinung, dass das zweite Konjunkturstützungspaket nicht ausreicht und keine klaren Ziele verfolgt.

Die Grünen beklagen vor allem, dass es keine Impulse gibt, um die Schweizer Wirtschaft unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit zu verändern. Die Gewerkschaften forderten weitere 4 Milliarden Franken an Investitionen der Öffentlichen Hand.

Die SVP hat sich ebenfalls gegen das Paket ausgesprochen und fordert mehr Steuerentlastungen. Die Partei befürwortet eine rigorose Ausgabenkontrolle und eine Abschaffung von Umweltsteuern.

Unterstützt wird das Regierungspaket hingegen von den bürgerlichen Parteien der Mitte. Die Freisinnigen halten namentlich den Ausgleich für die Kalte Progression für sinnvoll.

Andrea Tognina, swissinfo
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Zwei Traktanden der Frühjahrssession betreffen die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

Der Ständerat (Kantonskammer) diskutiert den Vorschlag des Sozialdemokraten Carlo Sommaruga, wonach die Auslandschweizer im Parlament mit eigenen Abgeordneten vertreten sein sollten.

Zuerst sollte eine Vertretung der Auslandschweizer im Ständerat (der Kammer der Kantone) und dann erst im Nationalrat eingerichtet werden.

Der Vorschlag wurde im Nationalrat gutgeheissen, aber die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Ständerats hat sich dagegen ausgesprochen. Nun wird das Plenum entscheiden.

Im Ständerat wird zudem die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für zwei Verordnungen betreffend Schweizer Staatsangehörige im Ausland debattiert.

Konkret geht es darum, die “Schweizer Revue” als Organ der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland dauerhaft zu finanzieren.

Der Nationalrat hat bereits Ja gesagt. Die vorberatende Kommission im Ständerat unterstützt das Anliegen.

Unter den Traktanden der Frühjahrsession figurieren auch zwei Volksinitiativen.

Die erste betrifft ein Bauverbot für Minarette. Lanciert wurde sie von der SVP und der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU).

Die Gegner dieser Volksinitiative sind der Ansicht, dass ein Bauverbot für Minarette die Menschenrechte verletzt und auf unzulässige Weise in die Kompetenzen der Kantone (kantonale Baugesetze) eingreift.

Bei der zweiten Volksinitiative geht es um ein Exportverbot für Kriegsmaterial. Die Initiative wurde von der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) lanciert.

Die Kritiker verweisen darauf, dass durch eine Annahme der Initiative viele Arbeitsplätze in der Waffenindustrie verloren gingen.

Beide Volksinitiativen haben angesichts der gegenwärtigen politischen Zusammensetzung des Parlaments keine Chance, im Parlament angenommen zu werden.

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