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Der Klimawandel geht uns alle an

Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard am Ministertreffen der OECD in Paris.

"Die Erderwärmung ist die grösste Herausforderung, der sich die Welt heute stellen muss": Dies sagte die Schweizer Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard am Ministerratstreffen der OECD in Paris.

Alle anwesenden Minister seien sich einig, dass die Anstrengungen in diesem Bereich international koordiniert werden müssten, erklärte Leuthard am Sitz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nationale Massnahmen allein könnten die Probleme nicht lösen.

Marktwirtschaftliche Instrumente stünden für die OECD-Mitgliedstaaten als Lösungsansatz im Vordergrund, beispielsweise der Emissionshandel, sagte Leuthard.

Die Schweiz hat dieses Jahr das Vizepräsidium des OECD-Ministerrats inne. Das Treffen war der Kohärenz von Wirtschafts- und Umweltpolitik gewidmet.

Die Politik ist gefordert

Während laut Leuthard Optimismus angebracht ist, was die technologischen und ökonomischen Mittel zur Problemlösung angeht, zeigten sich die Redner bezüglich des politischen Willens eher pessimistisch.

“Die Politiker müssen aktiv werden und die Richtung des Handelns vorgeben”, sagte die Schweizer Ministerin im Namen der Forums-Teilnehmer. Man müsse Partnerschaften zwischen den Staaten, aber auch zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich entwickeln.

“Wirtschaftswachstum und Umweltschutz sind keine gegensätzlichen Themen, sondern vielmehr untrennbar miteinander verbunden”, sagte Bundesrätin Leuthard.

Es gehe darum, Forschung und Entwicklung voranzutreiben, eine CO2-Abgabe festzulegen und neue Energie-Standards zu erleichtern. Damit werde die Umwelt auch für Investoren attraktiver. Aufstrebende Wirtschaftsnationen wie China oder Brasilien müssten überdies Zugang zu umweltverträglichen Technologien erhalten.

Die Zivilgesellschaft “fordert von der Politik mehr Leadership”, sagte die Ministerin. “Und ich hoffe, dass dies nicht nur schöne Reden bleiben, sondern auch zu Resultaten führen wird. An der Konferenz von Kopenhagen nächstes Jahr müssen wir eine Lösung für die Zeit nach Kyoto finden.”

Was die Schweiz tut

Was die Schweiz angeht, bedeutet dies ein System von Anreizen im Bereich der Baubranche und des Verkehrs, die für rund 30% der CO2-Emissionen verantwortlich sind.

Vor ihren Kollegen hat Doris Leuthard auf die Politik der Schweiz verwiesen: CO2-Abgaben, Klimarappen, Emissions-Zertifikate und Anbindung ans europäische System, alles im Sinn der Ziele von Kyoto.

Zur Schweizer Klimapolitik gehören ebenfalls Bemühungen zur Unterstützung einer klimagerechten Entwicklung in Schwellenländern.

Wer hat Angst vor den Staatsfonds?

Ein weiteres Thema des Ministerratstreffens ist die Rolle der Staatsfonds. Das sind staatliche Investitionsgesellschaften wie derjenige von Singapur, der kürzlich mit 10 Milliarden Franken die Schweizer Grossbank UBS auf eine sichere Eigenkapitalbasis gestellt hat.

In ihrem Abschlusscommuniqué “begrüssen die Minister der OECD den positiven Beitrag der Staatsfonds zur ökonomischen Entwicklung sowohl in den Geber- wie in den Empfängerländern” und loben “die verlässlichen Investoren, die sich langfristig und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten engagieren”.

Wenn sie eher von politischen statt von wirtschaftlichen Zielen geleitet würden, könnten die Investitionen der Staatsfonds allen Grund zur Sorge bezüglich der weltweiten Sicherheit geben.

Daher wird sich die OECD, die für die Definition von “exemplarischen Praktiken” mit dem internationalen Währungsfonds zusammenarbeitet, darum bemühen, die Öffnung von internationalen Investitionsregeln zu erhalten und zu verstärken”.

Was die Empfängerländer angeht, so sollen diese weder “den ausländischen Investitionen protektionistische Hindernisse in den Weg stellen” noch “Unterschiede zwischen Investoren mit gleichen Bedingungen machen”.

Sollten sie dies aus Sicherheitsgründen dennoch tun, soll dies transparent, voraussehbar und den klar benannten Zielen angemessen geschehen.

swissinfo, Marc-André Miserez, Paris und Agenturen
(Übertragung aus dem Französischen: Susanne Schanda)

Während dem OECD-Forum und dem Treffen der Wirtschaftsminister hat die OECD am Mittwoch ihre Schätzungen zum Wirtschaftswachstum in ihren 30 Mitgliederstaaten bekannt gegeben.

Die Aussichten flachen sich demnach in der Folge der Finanz- und Rohstoffpreis-Krise ab.

Die Verlangsamung der letzten Monate, verursacht durch den US-Immobilien-Crash, dürfte sich weiter ausbreiten.

Die Ölpreis-Haussee wird diese Tendenz noch verstärken.

Laut OECD ist der Hauptteil der Krise wahrscheinlich bereits vorüber. Doch die Folgen “wirken noch längere Zeit an”, und “neue Verwerfungen sind nicht auszuschliessen”.

Das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) werde 2009 somit nur noch um 1,4% zunehmen, statt um 2%, wie vor sechs Monaten noch angenommen.

Dasselbe gelte für die Euro-Zone, wohin die Schweiz am meisten ausführt: 1,4 statt 2%.

Der Euro-Inlandkonsum bleibe verhalten, die Inflation hoch. Der starke Euro wirke sich langsam negativ auf die EU-Exporte aus.

Für die USA prognostiziert die OECD ein Wachstum 1,1% für 2009, also 50% weniger als im letzten Dezember vorausgesagt wurde.

Traktandiert hatte die OECD dieses Jahr auch die Reform ihrer eigenen Finanzierung.

Zur Zeit kommen die USA und Japan für 40% der Budgets der Organisation auf, während ein Dutzend kleinerer Länder jeweils teils weniger als 1% bezahlt.

Ab kommendem Jahr kostet die Mitgliedschaft jedes Land 1,79 Mio. Euro als Grundbetrag.

Dazu kommt je nach BIP des Mitgliedlandes ein weiterer, variabler Betrag.

Die Schweiz bezahlt 2008 die Summe von 2,37 Mio. Euro, was 1,5% des OECD-Budgets entspricht. Dieser Anteil soll auf 1,78% erhöht werden.

Wirtschaftsministerin Doris Leuthard erachtet diese Erhöhung als “zumutbar”, vor allem im Zusammenhang mit dem Interesse der Schweiz an der Analysearbeit, die die OECD für die Schweiz erbringt.

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