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Der reichste “Schweizer” wird 80

Ingvar Kamprad hat kein Problem damit, als Geizhals bezeichnet zu werden. Keystone

Mit mehr oder weniger leicht zu montierenden Möbelstücken ist er reich geworden: Ikea-Gründer Ingvar Kamprad, der reichste Mensch der Schweiz.

Rechtzeitig zum 80. Geburtstag am 30. März hat er sich auf der Liste der weltweit Reichsten vom sechsten auf den vierten Platz verbessert.

Das US-Magazin “Forbes” schätzt Ingvar Kamprads Vermögen auf umgerechnet 23 Mrd. Euro. Doch das dürfte den seit 1978 in der Schweiz lebenden Schweden selbst kaum beeindrucken.

Kamprad fährt nach wie vor in der zweiten Klasse mit der Bahn, fliegt Economy, sucht immer geduldig nach kostenfreien Parkplätzen und lässt sich die Haare im Waadtland von Ehefrau Margaretha schneiden. Der Coiffeur ist ihm zu teuer.

Der Enkel sächsischer Einwanderer startete 1943 mit gepumptem Geld einen kleinen Versandhandel. Er gab ihm den Namen Ikea nach den Anfangsbuchstaben seines Vornamens und Nachnamens sowie des Geburtsortes Elmtaryd bei Agunnaryd.

Rascher Aufstieg

Nach dem ersten Katalog 1948 für importierte Artikel wie Kugelschreiber, Gemüsesamen, Uhren sowie auch Möbel ging es Stufe für Stufe bergauf.

In den 1950er-Jahren versorgte Kamprad seine Landsleute im sozialdemokratisch geprägten schwedischen “Folkhem” (“Volksheim”) mit dazu passenden preisgünstigen Möbeln.

1963 eröffnete er das erste ausländische Möbelhaus in Oslo. Der jetzt einsetzende Siegeszug über die ganze Welt hat bisher zu 231 Möbelhäusern in 33 Ländern, rund 90’000 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 15 Mrd. Euro (2005) geführt. Über seine Gewinne braucht der Ikea-Chef keine Auskunft zu geben und tut es auch nicht.

Nazi-Vergangenheit

Dass Kamprad zu Deutschland in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts als aktiver Jung-Nazi ein besonderes Verhältnis hatte, kam erst Mitte der 1990er-Jahre ans Licht.

Kamprad nannte diese Zeit die “grösste Dummheit” seines Lebens und schrieb eine mehrseitige handschriftliche Entschuldigung an alle Ikea-Beschäftigten.

Als ihn ein Reporter der Stockholmer Zeitung “Expressen” nach dem bekanntermassen schwierigen Verhältnis zu seinen drei Söhnen sowie einer Tochter im Alter zwischen Mitte 30 und Anfang 40 fragte, brach Kamprad in Tränen aus: “Manchmal bin ich doch etwas verzweifelt darüber, wie die Kinder aufgewachsen sind.”

Harter Hund

Diese Verzweiflung hinderte den Vater aber nicht, seinen Nachfahren immer mal wieder öffentlich die Fähigkeiten zur Übernahme der Konzernführung abzusprechen.

Als durchaus “harter Hund” erwies sich Kamprad unter anderem auch gegenüber Gewerkschaften und beim Einsatz billiger osteuropäischer Zulieferer schon Anfang der 1960er-Jahre. Heute gilt Ikea jedoch als fortschrittliches, verantwortungsvolles Unternehmen.

Mehr Schlagzeilen aber machten Kamprads verblüffende und ehrlich wirkenden persönlichen Bekenntnisse, so zu seiner ausgeprägten Lese- und Schreibschwäche (Dyslexie) und zum ewigen Kampf gegen den Dämon Alkohol.

“Ich mag Whisky und Wein sehr. Aber ich muss Pausen machen, sonst wird das ein Problem, und ich trinke einfach immer weiter”, sagte er dazu.

Zum 80. Geburtstag hat sich Kamprad alle Feiern und Glückwünsche verbeten.

swissinfo und Thomas Borchert, dpa

Der Name Ikea besteht aus den Initialen von Ingvar Kamprad und dem Hof Elmtaryd beim Dorf Agunnaryd, wo er aufwuchs.

Heute hat Ikea über 200 Möbelhäuser in über 30 Ländern. Rund 90’000 Menschen arbeiten beim weltgrössten Möbelhersteller und -verkäufer.

Umsatz Ikea 2005: 15,2 Mrd. Euro (24 Mrd. Fr. ).
160 Millionen Kataloge weltweit verteilt.
453,8 Millionen Ladenbesucher/Käufer.
Ingvar Kamprad gründete Ikea 1943.
Das erste Ikea-Möbelhaus ausserhalb Skandinaviens wurde 1973 in Spreitenbach im Kanton Aargau eröffnet.

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