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Die Bergier-Kommission: Mitglieder, Auftrag, Finanzen und bisherige Arbeit

Die Unabhängige Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg (UEK) wurde am 19. Dezember 1996 von der Schweizer Regierung eingesetzt. Präsident wurde der Wirtschaftshistoriker Jean-Francois Bergier (Bild).

Die Unabhängige Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg (UEK) wurde am 19. Dezember 1996 von der Schweizer Regierung eingesetzt. Präsident wurde der Wirtschaftshistoriker Jean-Francois Bergier (Bild).

Der Auftrag

Aufgabe der Kommission ist es, innerhalb von fünf Jahren das Schicksal von Vermögenswerten abzuklären, die zur Nazizeit in die Schweiz gelangt sind. Die Forschungsbereiche wurden später auf weitere Bereiche wie die Flüchtlingspolitik ausgedehnt.

Die Forschungsarbeit der UEK sowie die Redaktion der Berichte werden aus allgemeinen Bundesmitteln finanziert. Zunächst wurde ein Kredit von fünf Millionen Franken bewilligt. Angesichts der grossen Arbeitsfülle bewilligte das Parlament 1997 eine Aufstockung um 17 auf 22 Millionen.

Die Mitglieder der Kommission

– Kommissionspräsident Jean-Francois Bergier, Wirtschaftshistoriker, wurde 1931 in Lausanne geboren. Seit 1969 hat er einen Lehrstuhl für Geschichte an der ETH Zürich.

– Sybil Milton, Historikerin und Vizepräsidentin der Kommission, wurde 1941 in New York geboren. Sie war leitende Historikerin im U.S. Holocaust Memorial Museum in Washington.

– Joseph Voyame, Vizepräsident und Jurist, wurde 1923 in Bassecourt geboren. Der frühere Direktor der Bundesämter für Geistiges Eigentum sowie für Justiz ist u.a. Vorsitzender der UNO-Kommission gegen Folter und Spezialberichterstatter der UNO-Kommission für Menschenrechte.

– Wladyslaw Bartoszewski, Historiker, wurde 1922 in Warschau geboren. Er war 1941 in Auschwitz 1945-51 in kommunistischen Gefängnissen inhaftiert. Danach war er Geschichtsprofessor in Lublin, 1995 Aussenminister Polens.

– Saul Friedlaender, Historiker, wurde 1932 in Prag geboren. Er hat in Israel und den USA Professuren für Geschichte inne mit Schwerpunkten Zweiter Weltkrieg und internationale Beziehungen.

– Harold James, britischer Historiker, 1956 geboren, lehrt Geschichte an der Universität von Princeton (New Jersey, USA).

– Georg Kreis, Historiker, wurde 1943 in Basel geboren. Kreis ist Professor an der Universität Basel für moderne Geschichte, Direktor des Europainstituts in Basel und präsidiert die Eidg. Kommission gegen den Rassismus.

– Jacques Picard, Historiker, 1952 in Basel geboren, ist Dozent für Geschichte und Kultur an der Bernischen Fachhochschule in Biel sowie Verfasser von “Die Schweiz und die Juden 1935-1945”.

– Jakob Tanner, Historiker, 1950 in Root LU geboren, ist Professor an der Universität Zürich für allgemeine und schweizerische Geschichte. Redaktor und Herausgeber mehrerer Zeitschriften.

– Generalsekretär der Kommission ist der Historiker Linus von Castelmur, 1957 in Basel geboren. 1990-1996 war er diplomatischer Mitarbeiter im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten.

Chronologie: Die wichtigsten Etappen der Arbeit der Bergier-Kommission

– 13. Dezember 1996: Die eidgenössischen Räte stimmen dem Bundesbeschluss zur Erforschung der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg zu und erklären ihn für dringlich.

– 19. Dezember 1996: Der Bundesrat ernennt aufgrund des Bundesbeschlusses die neun Mitglieder der Expertenkommission, welche die Rolle der Schweiz während der Nazizeit ausleuchten soll. Leiter wird der Wirtschaftshistoriker Jean-François Bergier. Die Kommission erhält einen Kredit von fünf Millionen Franken.

– Anfang Mai 1997: Ein 24köpfiges Forscherteam der Bergier-Kommission beginnt mit den eigentlichen Forschungsarbeiten.

– 18. August 1997: Die Zeitzeugen-Anlaufstelle der Bergier-Kommission nimmt ihren Betrieb auf.

– 1. Dezember 1997: Die Bergier-Kommission legt der Goldkonferenz in London eine statistische Übersicht der Nazi-Goldgeschäfte vor: Die Schweizerische Nationalbank übernahm 1939-45 für rund 1,7 Mrd. Franken Gold von der Reichsbank, davon 1,2 Mrd. auf eigene Rechnung.

– 11. Dezember 1997: Das Eidg. Parlament bewilligt einen Zusatzkredit von 17 Millionen Franken für die Bergier-Arbeit.

– 31. Dezember 1997: Die Bergier-Kommission einigt sich mit dem Schweizerischen Handels- und Industrieverein (Vorort) und etwa einem Dutzend Firmen auf eine Modellvereinbarung über den Zugang zu Firmenarchiven.

– 3. März 1998: Das Projekt eines speziellen Rechtsschutzes für Zeitzeugen der Bergier-Kommission scheitert am Widerstand des Ständerates (kleine Kammer des Parlaments).

– 25. Mai 1998: Die Bergier-Kommission legt ihren Zwischenbericht zum Goldhandel vor. Danach hat die Schweizerische Nationalbank schon 1941 gewusst, dass die Deutsche Reichsbank über Raubgold verfügte. Zur Nationalbank gelangten laut Bericht auch 120 Kilogramm Opfergold aus KZs. Hinweise auf wissentliche Entgegennahme dieses Goldes gebe es nicht.

– Sommer 1998: Kritik am Goldbericht von Wirtschaftsprofessor Jean-Christian Lambelet in der Neuen Zürcher Zeitung NZZ (der Bergier-Kommission mangle es an wirtschaftlichem Sachverstand) und dem “Arbeitskreis gelebte Geschichte” (der Bericht werde dem damaligen Zeitgeist nicht gerecht).

– 1. Dezember 1998: Die Bergier-Kommission legt der Washingtoner Raubgutkonferenz ein Papier über die schweizerische Flüchtlingspolitik (J-Stempel-Thematik) vor.

– 15. März 1999: Die Schweizer Regierung präzisiert die Vorschriften über die Weitergabe vertraulicher Informationen der Bergier-Kommission.

– 25. März 1999: Die Schweizerische Nationalbank veröffentlicht eine eigene Studie über ihren Goldhandel mit den Nazis: Eine Einschränkung der Goldgeschäfte mit Nazideutschland wäre ab 1943 möglich gewesen, heisst es darin.

– 10. Dezember 1999: Die Bergier-Kommission legt ihren Flüchtlingsbericht vor.

– Ende 2001: Schlussbericht der Bergier-Kommission sollte vorliegen.

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