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Amgen lässt Schweiz im Grossen Moos stehen

Weltweit beschäftigt Amgen mehr als 14'000 Personen. Keystone

Der US-Pharmakonzern Amgen baut sein neues Werk in Cork in Irland und nicht in der Schweiz.

Statt in Galmiz will Amgen in Cork über 1100 Stellen bis im Jahre 2010 schaffen, wie das weltweit grösste Biotechunternehmen am Dienstag mitteilte.

Der Streit um ein grosses Stück Land im traditionellen Schweizer Gemüseanbau-Gebiet des Grossen Mooses ist entschieden: Der Biotech-Riese Amgen stellt in Galmiz, das am Fusse des Mont Vully im Kanton Freibug liegt, keinen Betrieb zur Produktion von Medikamenten auf. Das neue Werk für 1,6 Milliarden Franken kommt stattdessen in Cork in Irland zu stehen, wie Amgen am Dienstag bekanntgegeben hat.

Ende 2004 waren in Galmiz 55 Hektaren Land zum Bau der Industrieanlage umgezont worden. Dagegen regte sich heftiger Widerstand, insbesondere von Landschaftsschützern. Der Kanton Freiburg und die Gemeinde Galmiz hingegen machten sich sehr stark für die Ansiedelung des Zweigwerkes mit seinen über 1000 neuen Arbeitsplätzen.

Als Alternativen waren auch Standorte in der Waadt in Payerne und Yverdon im Gespräch. Neben Irland und der Schweiz hatte sich Amgen auch in Singapur nach Standortmöglichkeiten umgesehen.

Weg von der Gärtchenpolitik

Der Schweizer Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss hat sich enttäuscht gezeigt über den Entscheid. Er habe sich sehr engagiert und sei überzeugt gewesen davon, dass es eine wichtige Akquisition für die Schweiz gewesen wäre, sagte Deiss am Dienstag vor den Medien.

Die Schweiz verfüge über eine gute Standortqualität und habe gute Bedingungen anzubieten. Allerdings werde auch die Konkurrenz immer besser. I

Im Bereich der Steuern habe die Schweiz vergleichbare Angebote machen können wie Irland. Irland sei aber in der Biotechnologie bereits stark vertreten und das sei ein wichtiger Grund gewesen für Amgen.

Wichtig sei aber ebenfalls, dass die Kantone gerade auch bei Grossprojekten konzentrierter zusammenarbeiteten. Es müssten Grundstücke zur Verfügung gestellt werden. “Man sollte von der Gärtchenpolitik abkommen.”

Der grosse Effort von Irland

“Irland hat einen enorm grossen Effort zur Ansiedelung von Amgen unternommen. Da war der unkomplizierte Prozess für solch einen Umzug sicher von Vorteil”, kommentierte Stéphane Garelli gegenüber swissinfo den Entscheid. Garelli ist Professor am International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne, einer der weltweit angesehensten Business Schools weltweit.

Er schätzt, dass Amgen vom starken Widerstand gegen das Projekt im Kanton Freiburg überrascht worden sei. Die komplizierten Anforderungen für Investitionen in der Schweiz hätten sicher auch eine Rolle gespielt.

Stiftung Landschaftsschutz erleichtert

Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) hat erleichtert auf das Nein von Amgen zu Galmiz reagiert. Die Raumplanung Schweiz könne aufatmen, ein gefährliches Präjudiz sei vermieden worden, teilte die SL am Dienstag mit. Gleichzeitig verlangte sie eine bessere raumplanerische Zusammenarbeit der Kantone.

“Statt sich auf ein Angebot zu konzentrieren haben sich Kantone Freiburg und Waadt gegenseitig konkurrenziert. Künftig muss die interkantonale Zusammenarbeit verbessert werden, um grossen Unternehmen die bestmöglichen Bedingungen anbieten zu können.”, führt Raimund Rodewald, der Direktor der Stiftung für Landschaftsschutz gegenüber siwwinfo aus.

Die Stiftung war mehrfach prominent gegen die Umzonung des Galmizer Grossen Moos aufgetreten. Dort fehle jegliche Industriezonen-Erschliessung und Anbindung an eine Bauzone.

Ausserdem wäre eine wertvolle offene Landschaft grossflächig verbaut worden und damit der Grundsatz der verfassungsmässigen Trennung von Baugebiet und Nicht-Baugebiet missachtet worden. Die Stiftung erwartet nun die rasche Rückzonung des Grossen Moos.

swissinfo und Agenturen

Die für die Ansiedelung von Amgen in Galmiz vorgesehene Fläche von 55 Hektaren liegt mitten im Gemüseanbaugebiet des Seelandes.

Die Freiburger Kantonsregierung hat im Dezember 2004 das Landwirtschaftsland kurzfristig in eine Industriezone umgezont und damit den eigenen Richtplan missachtet.

Das provozierte heftige Reaktionen von Landschafts- und Naturschützern.

Trotz dem raumplanerischen Sündenfall befürwortete der Bund die Umzonung.

In Zukunft will das Bundesamt regionale oder interkantonale Zonen für die Ansiedlung von Grossunternehmen schaffen.

Im Ansiedlungs-Wettkampf um Amgen haben auch andere Kantone Standorte angeboten, so der Kanton Waadt in Payerne und Yverdon, das Wallis in Monthey und das Tessin in Quinto.

Amgen gehört zu den 500 grössten Unternehmen weltweit. Es ist die grösste Biotech-Firma.
Das Hauptquartier von Amgen befindet sich in Thousand Oaks, Kalifornien.
Ein zweiter Haupsitz befindet sich im Steuerparadies Zug in der Schweiz.
Amgen beschäftigt weltweit mehr als 14’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Im Jahr 2004 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz von 10,6 Mrd. Dollar.

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