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Ein Schokoladehersteller will unerkannt bleiben

Eine Schachtel Schweizer Schokolade von Gysi, bei Harrods als Eigenmarke im Verkauf (Bild: www.harrods) swissinfo.ch

Normalerweise lassen es sich Schweizer Schokoladehersteller nicht nehmen, ihren Namen auf den Verpackungen anzubringen.

Ganz anders die Firma Gysi in Bern. Sie fand mit dem Verkauf an angesehene Kunden eine Marktnische und baute diese aus.

Die Kunden bringen ihren eigenen Namen gut sichtbar auf den Gysi-Produkten an.

“In England liefern wir zum Beispiel an die Lebensmittel-Abteilung bei Harrods in Knightsbridge. Wir verkaufen auch an Marks and Spencer, die eine ganze Serie unserer Schweizer Schokolade anbieten, sowie an Supermärkte wie Tesco und Sainsbury’s“, erklärt Exportdirektorin Louise Gysi gegenüber swissinfo.

“Auch in Japan läuft das Geschäft gut, und in den USA werden unsere Produkte vom Importeur an Fünfsternehotels verkauft“, fügt sie bei.

Ihren Ehemann Peter, CEO der Firma und verantwortlich für den Verkauf in der Schweiz, stört es nicht besonders, dass der Name Gysi nicht auf den Verpackungen steht.

Eigenmarke

“Ich denke, wir müssen alle unsere Marktnische finden. Es ist sicher besser, mit einer Eigenmarke Erfolg zu haben, ohne den Namen anzubringen, als mit Namen erfolglos zu sein“, findet er.

„In der Öffentlichkeit sind wir nicht bekannt, im Handel jedoch sehr wohl,“ meint er weiter.

Louise Gysi ist weniger erfreut über dieses Understatement, doch wenn es ums Geschäft geht, steht auch sie mit beiden Beinen auf dem Boden.

“Ich sähe meinen Namen sehr gerne auf allen Verpackungen. Aber unser Geschäft ist nun mal so aufgebaut. Nur so fahren wir gut, deshalb muss ich das akzeptieren“, meint sie.

Konditorei



Wenn die Produktion voll läuft, beschäftigt die Firma bis zu 200 Personen. Ihre Geschichte begann 1935, als Vater Walter Gysi zusammen mit seiner Frau Erika eine Confiserie mit Tea Room im Zentrum der Stadt Bern eröffnete.

Ihr Laden war bald bekannt für seine Truffes, die Schokoladenüsse, die Kirschstängeli und Pralinés. Sie hatten grossen Erfolg, weil sie nur ausgesuchte Zutaten verwendeten und ihre eigenen Rezepte kreierten.

1948 baute Gysi eine kleine Fabrik in einem Industriegebiet ausserhalb der Stadt, wo Spezialitäten für Confiserien und Delikatessenläden hergestellt wurden.

Der Laden wurde 1955 aufgeben, da an dieser Stelle der neue Bahnhof von Bern gebaut wurde.

Ausbau der Familientradition



Die zweite Generation übernahm 1968, als der Firmengründer zurück trat, baute die Familientradition aus und passte die Rezepte der neusten Technologie an.

Heute wird die Firma von Peter, seiner holländischen Frau Louise und seinem Bruder Walter geleitet.

Louise, deren Vater eine Schokoladefabrik in den Niederlanden hatte, erinnert sich, dass sie mehrere Versuche unternahm, bis sie bei Harrods ankam. Erst vor fünf Jahren gelang es ihr.

Sie weiss, wie sie ihre Produkte vorstellen muss. Eine geplante zweistündige Präsentation bei Harrods dauert meist vier Stunden. Und sie hat überhaupt kein Lampenfieber.

“Nein, ich liebe das. Ich geniesse jede Minute, weil ich immer sehr gut vorbereitet bin. Ich weiss, dass wir gut sind, und ich verkaufe die beste Schokolade der Welt“, erklärt sie.

Peter will fairerweise nicht behaupten, dass seine Schokolade besser ist als die der Schweizer Konkurrenz.

Frische Zutaten



Ein Vorzug sind aber sicher die frischen Zutaten bei der Produktion von Truffes, denn in Produkten, deren Haltbarkeit acht Wochen beträgt, kann flüssiger Rahm verwendet werden.

“Eine grosse Firma, die an Supermärkte verkauft, kann dies nicht, weil die Haltbarkeit der Waren dort vier bis acht Monate betragen muss. Das ist ein sehr grosser Unterschied“, erklärt er.

“Wir können auch unsere Kreativität spielen lassen und Spezialitäten machen, die andere nicht anbieten, und oftmals können wir kleine Mengen herstellen. Das können grosse Produzenten nicht, oder sie sind nicht interessiert daran“, fügt er bei.

Es erstaunt nicht, dass Peter und Louise Gysi zugeben, dass sie gerne Schokolade essen, wenn auch mit Mass.

“Es ist einfach etwas Fantastisches. Es schmeckt gut. Die Leute sprechen gern darüber. Diese Berufsarbeit ist sehr positiv“, so Peter zu swissinfo.

“Ganz ehrlich: Wenn wir in den Ferien sind, gehen wir manchmal in den Supermarkt und kaufen Schokolade, einfach weil wir jeden Tag ein Stück davon brauchen“, erzählt er weiter.

swissinfo, Robert Brookes
(Übersetzung aus dem Englischen: Charlotte Egger)

Gysi ist Mitglied des Verbands Schweizerischer Schokolade-Fabrikanten, Chocosuisse.

Eines ihrer jüngsten Produkte ist ein Schweizer Armee-Messer aus Schokolade

Gysi ist ein Schokolade-Hersteller mit Eigenmarke, die er an einige grosse Firmen in der ganzen Welt liefert.

In der Öffentlichkeit ist die Firma nicht bekannt, im Handel jedoch sehr wohl.

Einen Namen machte sie sich vor allem aufgrund der guten Qualität ihrer Zutaten.

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