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Ex-SAirGroup-Verwaltungsräte im Visier

Die Ehe zwischen Swissair und Sabena hat einen Scherbenbhaufen hinterlassen. Keystone Archive

Swissair-Liquidator Karl Wüthrich klagt wegen der Finanzspritze 2001 für die belgische Sabena gegen die damaligen SAirGroup-Verwaltungsräte.

Der SAirGroup sei daraus ein Schaden von 150 Mio. Euro (235,9 Mio. Franken) entstanden.

Die Verantwortlichkeitsklage wurde Ende Februar beim Bezirksgericht Zürich eingereicht, wie Wüthrich den Gläubigern am Samstag in einem Zirkular mitteilte. Ein Sühneverfahren vor dem Friedensrichteramt war zuvor erfolglos verlaufen.

Der Verwaltungsrat habe mit der Rekapitalisierung der belgischen Airline Sabena seine Pflichten verletzt und sei für den Schaden verantwortlich. Er habe der Sabena den Betrag von 150 Millionen Euro überwiesen, obwohl er die desolate wirtschaftliche Situation der SAirGroup gekannt habe.

Demnach war dem SAirGroup-Verwaltungsrat auch bekannt, dass die Sabena überschuldet war und dass selbst der kurzfristige Finanzbedarf mit der geplanten Finanzierungsspritze nicht gedeckt werden konnte.

Kein Geld für Hunter-Strategie

Bereits im Dezember 2000 habe der SAirGroup-Verwaltungsrat erkannt, dass der Swissair-Gruppe die finanziellen Mittel zum Aufbau einer vierten Kraft im europäischen Fluggeschäft fehlten und damit die Expansionsstrategie (Hunter-Strategie) aufgegeben werden musste.

Die SAirGroup hielt seit 1995 einen Anteil von 49,5 Prozent an der Sabena. Mit der Umstrukturierung der Gruppe im Jahr 1997 wurde die Beteiligung in die 100-prozentige Tochtergesellschaft SAirLines eingebracht. Die restlichen Anteile hielten der Staat Belgien sowie staatliche belgische Beteiligungs-Gesellschaften.

Weitere Klagen wegen Sabena

Im Zusammenhang mit der Sabena-Beteiligung ist bereits eine Klage in Belgien hängig: Wüthrich reichte vergangenen November eine Strafanzeige ein, weil es beim Zusammenbruch der belgischen Airline zu irregulären Handlungen zulasten der Swissair gekommen sein soll.

Darüber hinaus kündigte der belgische Staat eine Klage an. Der angestrebte Prozess soll den Beweis liefern, dass Fehler mehrerer Swissair-Manager zum Konkurs der Sabena geführt haben.

Kollokationsplan bis Mai bereit

Wie Wüthrich in seinem Schreiben weiter bekannt gab, ist die Beurteilung der Forderungen im Rahmen des Kollokationsverfahrens, der Behandlung eines ausländischen Prozesses im Konkurs- und Nachlassungsverfahren, weitgehend abgeschlossen.

Der Kollokationsplan, in dem die Forderungen den einzelnen Gläubigerklassen zugeteilt werden, soll bis Mai ausgearbeitet werden.

Wird der Kollokationsplan vom Gläubigerausschuss dann genehmigt, erhalten die Gläubiger Einsicht. Nach heutigem Wissensstand könne bei der SAirGroup mit einer Nachlassdividende für die Forderungen der dritten Klasse zwischen 2,6 und 16,1 Prozent gerechnet werden.

swissinfo und Agenturen

Am 2. Oktober 2001 blieben alle Flugzeuge der nationalen Fluggesellschaft Swissair am Boden, nach 71 Jahren ununterbrochenem Flugbetrieb.

Das letzte Swissair-Flugzeug landete am 1. April 2002 aus Buenos Aires kommend in Zürich, trotz einem zur Rettung des Unternehmens gesprochenen Überbrückungskredits des Bundes von 450 Mio. Franken im Oktober 2001.

Die Swissair war unter anderem wegen dem Kauf unzähliger Anteile an verlustreichen Airlines, mit denen sie eine Allianz aufbauen wollte, zusammengebrochen.

Die Konkurrentin Crossair übernahm, was von der Swissair übrigblieb und setzte damit den Grundstein für die neue Fluggesellschaft Swiss, die 2005 von der Lufthansa übernommen wurde.

Forderungssummen der Gläubiger:

Bei der SAirGroup: rund 15 Mrd. Fr.

Swissair: zwischen 5 und 10 Mrd. Fr.

SAirLines: zwischen 1 bis 5 Mrd. Fr.

Flightlease: maximal 5 Mrd. Fr.

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