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Hochpreisinsel im Euro-Land

Tiefe Preise gibt es für Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten nur während dem Ausverkauf - und im Ausland. Keystone Archive

Der Euro bringt Transparenz ins Preisgefüge. Damit gerät auch das hohe Preisniveau in der Schweiz unter Druck. Gefragt ist jetzt vor allem politischer Wille.

Die Schweiz ist in vielem eine Insel, so auch bei den Preisen. Mit Preisabsprachen, Preisbindungen und dem Verbot von Parallel-Importen lassen sich hierzulande fette Margen erzielen. Die Konsumentinnen und Konsumenten kostet dies jährlich Milliarden. Aber auch dem Detailhandel entgehen jedes Jahr rund 1,6 Mrd. Franken, weil viele Konsumenten im grenznahen Ausland einkaufen.

Das Bewusstsein, auf einer Hochpreisinsel zu leben, hat sich seit der Euro-Einführung noch verstärkt: “Seit der Einführung des Euro können die Preise einfacher verglichen werden, und das gibt automatisch Druck auf unsere Preise”, sagt Jacqueline Bachmann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, gegenüber swissinfo.

Auch Preisüberwacher Werner Marti stellt einen steigenden Druck auf das hohe Preisniveau fest: “Die Diskussion über Preisunterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland hat einen direkten Zusammenhang mit der Einführung des Euro.”

Zahnlose Weko

Der Wettbewerbs-Kommission (Weko) sind die hohen Preise ein Dorn im Auge, sind sie doch Folge von Wettbewerbs-Beschränkungen. Sie will deshalb künftig gegen vertikale Preisabsprachen schärfer vorgehen: Importeure sollen dem Detailhandel die Mindest-Verkaufspreise nicht länger vorschreiben dürfen.

Doch der Einfluss der Weko ist beschränkt. Sanktionen wie Geldbussen kann sie keine verhängen, wenn ein Unternehmen seine Praktiken nicht ändern will.

“Wir können Untersuchungen durchführen, und wenn wir zum Schluss kommen, es liege eine unzulässige Wettbewerb-Beschränkung vor, werden wir den Unternehmen diese Praktiken für die Zukunft verbieten. Damit hat es sein Bewenden”, erklärt Professor Roger Zäch, Vizepräsident der Kommission, die Arbeitsweise der Weko. Gezwungen werden könne aber niemand.

Um einen Image-Schaden zu vermeiden, würden sich die Unternehmen im Regelfall jedoch an die Anweisungen der Weko halten.

Wettbewerbs-feindliche Gesetzgebung

Der Grund für das hohe Preisniveau in der Schweiz liegt laut Preisüberwacher Marti in der Gesetzgebung, die nach wie vor die hohen Unterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland unterstützt. “Ich denke an das Patentrecht, das Parallel-Importe patentgeschützter Produkte verunmöglicht. Dies führt dazu, dass der Schweizer Markt abgeschottet wird und höhere Preise erhoben werden können.”

Bekanntestes Beispiel ist der Import von Kodak-Filmen aus England durch den Jumbo-Supermarkt: Die Firma verkaufte die Filme 16 Prozent unter dem Schweizer Richtpreis und wurde darauf von Kodak verklagt, das Patentrecht verletzt zu haben. Der Fall ging bis vor das Bundesgericht, wo Kodak Recht bekam.

Verschärfung des Kartellgesetzes

Die Weko will endlich Zähne zeigen und fordert deshalb, dass im revidierten Kartellgesetz Sanktionen gegen Preisabsprachen möglich sind. Der Bundesrat fasse allerdings nur Sanktionen für horizontale Absprachen zwischen Anbietern ins Auge, sagt Weko-Vizepräsident Zäch. Dies genüge nicht: “Angesichts der Bedeutung der vertikalen Absprachen für das Hochpreisland Schweiz müssen Sanktionen aber generell für horizontale und vertikale Absprachen eingeführt werden.” Zäch ist zuversichtlich, dass dafür im Parlament eine Mehrheit zustande kommt.

Für Bachmann von der Stiftung für Konsumentenschutz reicht es nicht, dass die Weko jetzt auch im Bereich der Preisabsprachen und Preisbindungen intervenieren will. Die Konsumentenschutz-Organisation fordert vehement, dass das Kartellrecht verschärft wird, und dass Parallel-Importe zugelassen werden. “Wenn ein Händler seine Ware endlich dort einkaufen kann, wo er will, würde das einen massiven Preisschub nach unten geben und die Schweiz wäre nicht weiter eine Hochpreis-Insel.”

Damit ein wirklicher Wettbewerb entstehe, müssten Preisabsprachen und Preisbindungen verboten und freier Import zugelassen werden. Doch dazu brauche es politischen Willen.

Das Kartellgesetz wird im Juli von der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) behandelt.

Hansjörg Bolliger

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