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Jeder zweite Schweizer verdient weniger als 5800 Franken

Von höheren Löhnen profitierten vor allem die Topmanager. Keystone

Die Lohnschere in der Schweiz bleibt gross: Wer in einer Bank arbeitet, verdient durchschnittlich mehr als doppelt so viel wie Angestellte im Gastgewerbe.

Während die Anzahl Tieflohnstellen abnahm, stiegen die Kaderlöhne. Frauen verdienen immer noch rund 20% weniger als Männer. Auch zwischen den Regionen bestehen grosse Differenzen.

Der Anteil Tieflohnjobs variiert je nach Branche stark, wie aus der Lohnstrukturerhebung 2006 des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervorgeht. Die meisten Tieflohnstellen finden sich demnach bei persönlichen Dienstleistungsberufen wie Coiffeure.

Im Gastgewerbe verdient fast ein Drittel der Angestellten (28%) weniger als 3500 Franken brutto. Thomas Daum, Direktor des Arbeitgeberverbandes, begrüsst zwar den Rückgang der Tieflohnstellen. Gleichzeitig hebt er den Warnfinger.

“Wir brauchen auch in der Schweiz einen Niedriglohnsektor, wenn wir Menschen mit erheblichen Qualifikations- und/oder Leistungsdefiziten ins Erwerbsleben integrieren wollen”, sagte er vor den Medien in Bern.

Der Bruttomedianlohn stieg zwischen 2004 und 2006 um 126 Franken auf 5674 Franken monatlich. Die Hälfter aller Arbeitnehmenden verdient damit weniger als 5674 Franken.

Lohnschere leicht geöffnet

Die Lohnschere zwischen den obersten und den untersten 10% der Löhne hat sich nur leicht weiter geöffnet. Zwischen 2004 und 2006 stieg der Faktor von 2,6 auf 2,7. Damit liege die Schweiz deutlich unter dem Durchschnitt der Mitgiedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), erklärte Daum.

Je nach Branche zeigen sich jedoch grosse Lohnunterschiede. Deutlich über dem Durchschnitt liegen die Saläre in der Chemischen Industrie (7495 Franken) und bei den Banken (8572 Franken). Am wenigsten verdienen Angestellte im Detailhandel (4406 Franken) und im Gastgewerbe (3902 Franken).

Je höher zudem das Anforderungsniveau einer Stelle ist, desto grösser sind die Unterschiede beim Bruttomedianlohn. Dies gilt auch für die Kaderlöhne. Liegt der Unterschied bei den oberen Kader bei rund 12’000 Franken, beträgt er bei den niedrigen Kaderstellen noch knapp über 4000 Franken.

Bei Stellen mit dem höchsten Anforderungsniveau verdienen ausländische Arbeitnehmer mehr als Schweizer. Demgegenüber sind die Löhne der Schweizer bei Jobs mit dem niedrigsten Anforderungsniveau höher als jene ihrer ausländischen Kollegen.

Mehr Lohn für Topmanager

Zwischen 2004 und 2006 nahmen die Löhne des Topmanagements, der 10% der bestbezahlten höchsten Kader, zudem um durchschnittlich 5,3% auf 21 472 Franken zu. Je nach Branche lag der Anstieg mit bis zu 24% (Versicherungen) bedeutend höher.

Zugenommen haben 2006 auch die Boni. Der Anteil an der Lohnsumme stieg zwischen 2004 und 2006 um 1,1 Prozentpunkte auf 4,8%. Rund ein Viertel aller Angestellten erhielten Boni.

Grosse Unterschiede nach Geschlecht und Region

Die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern ist zwar leicht gesunken. Mit einem Monatslohn von 4926 Franken brutto verdienten Frauen 2006 aber immer noch 18,9% weniger als ihre männlichen Kollegen.

Laut einer Studie sind 60 Prozent der Unterschiede auf objektive Faktoren wie Alter, Ausbildung, Dienstalter oder Wirtschaftssektor zurückzuführen. Bei den übrigen 40% handelt es sich aber um Lohndiskriminierungen. Der grösste Unterschied besteht bei Personen mit einem Lehrpatent (28,7%).

Grosse Unterschiede gibt es aber auch zwischen den Regionen. An der Spitze steht die Grossregion Zürich mit einem Medianlohn von 6154 Franken. Am Schluss der Rangliste liegt das Tessin mit 4899 Franken.

Harsche Kritik

Dies stösst insbesondere bei Andreas Rieger, Co-Präsiden der Gewerkschaft Unia, auf harsche Kritik. Die geschlechterspezifischen Lohnunterschiede stünden im Gegensatz zu der in Verfassung und Gesetz verankerten Gleichstellung. Wenn die Differenz in den nächsten Jahren ebenso wenig abnehme wie bis anhin, “dauert es noch 30 Jahre, bis Lohngleichheit endlich Realität wird”.

swissinfo und Agenturen

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern scheint ein Bruttolohn von 5674 Franken pro Monat hoch.

Diese Zahl wird jedoch durch die hohen Lebenskosten relativiert.

Vom Bruttolohn müssen Sozialabgaben wie Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV), Arbeitslosenversicherung abgezogen werden. Diese Abzüge belaufen sich auf rund 10%.

Für eine 2 bis 3-Zimmer-Wohnung muss mit einer Miete von durchschnittlich rund 1000 Franken gerechnet werden.

Die obligatorische Krankenkassen-Versicherung kostet etwa 250 Franken pro Monat.

Die Radio- und Fernsehgebühren belaufen sich auf 40 Franken.

Insgesamt müssen damit rund 60% des Bruttolohnes für Fixkosten eingerechnet werden.

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