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USA wollen Schweizer Buchungsdaten

Wird der USA-Reisende bald zum "gläsernen Passagier"? Keystone

Die USA haben der Fluggesellschaft Swiss eine Frist bis 12. September gesetzt: sie wollen Zugriff auf die Daten der Flugpassagiere.

Die Schweizer Behörden hoffen auf eine Fristerstreckung und setzen auf Verhandlungen mit den Amerikanern.

Urs Haldimann, Leiter Kompetenzzentrum Internationales im Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) zu den Forderungen aus den Vereinigten Staaten: “Entweder die Swiss liefert die Daten – oder es landet kein Swiss-Flugzeug mehr in den USA.” Dieser “worst case” dürfe aber nicht eintreten.

Falls die US-Zollbehörde am Datum 12. September festhalte, sei davon auszugehen, dass Swiss die Daten liefere, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.

In einem solchen Falle würden die Passagiere von der Bundesverwaltung dahingehend informiert, dass Daten über sie weiter gegeben werden, “ohne dass die Schweiz Einfluss nehmen kann”.

“Stillschweigende Verlängerung”

Auf Anraten der Bundesbehörden habe die Swiss die USA um eine Fristverlängerung gebeten. Haldimann äusserte sich zuversichtlich: “Wenn keine Antwort kommt, betrachten wir dies als stillschweigende Verlängerung.”

In jedem Falle setze die Schweiz auf Verhandlungen mit den USA – im Einklang mit der EU, die vor dem selben Problem stehe.

Eine erste Verhandlungsrunde Schweiz-USA hatte am 18. Juli in Washington stattgefunden. Auf Schweizer Seite hat das BAZL die Federführung, Haldimann die Delegationsleitung.

Involviert sind neben dem Verkehrsdepartement (UVEK) auch das Justizdepartement (EJPD), das Aussenministerium und der Datenschutz.

Die US-Sicherheits- und Zollbehörden fordern schon seit einiger Zeit von allen Fluggesellschaften bei Flügen in die USA freien und automatischen Zugriff auf deren Passagierdaten. Diese Massnahme steht im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus.

In den Buchungsdaten der Airlines sind Angaben wie Sitznummer, Adresse, Telefonnummer oder die Zahlungsart für das Flugticket. Ein Teil solcher Daten wird schon jetzt auf den Einreiseformularen angegeben.

Sensible Daten



Viel sensibler aber – und hier hat die Schweiz Bedenken – sind Informationen an die Fluggesellschaft über medizinische Bedürfnisse oder auch spezielle Wünsche, die Rückschlüsse etwa auf die Religion zulassen.

Solche Daten betreffen eindeutig die Privatsphäre, sagte ein Sprecher des Eidgenössischen Datenschützers.

In der nächsten Verhandlungsrunde mit den USA will die Schweiz gemäss Haldimann Klarheit in sechs Punkten: Welche Passagierdaten dürfen weiter gegeben werden, welche nicht? An wen gehen sie? Wie behandeln die US-Behörden die Daten? Wie können die Passagiere die Daten auf ihre Korrektheit überprüfen? Gibt die Airline den USA Zugriff auf ihr System? Oder gibt die Airline die Daten eigenhändig an die USA weiter?

Während die USA freien Zugriff auf die Buchungscomputer möchten, will die Schweiz aus Datenschutzgründen, dass die Fuggesellschaften die Daten liefern.

Ein Datum für die nächste Verhandlungsrunde steht nicht fest. Man versuche, parallel mit der EU vorzugehen, sagte Haldimann. “Denn die EU hat die gleichen Sorgen.”

In Handschellen abgeführt

Anfang August wurde die Schweizer Fluggesellschaft Swiss von den USA zur Rechenschaft gezogen. Die Swiss hatte eine belgische Passagierin in die USA befördert, deren Reisepapiere nicht den verschärften Anforderungen der Antiterror-Massnahmen entsprachen.

Die Folge: Die Frau wurde von den Behörden der USA auf dem Flughafen in Handschellen abgeführt und nach 15 Stunden Haft nach Europa zurückgeschickt.

Sie hatte an Stelle des verlangten maschinenlesbaren Pass noch einen “alten” aber gültigen Pass. Swiss-Sprecher Dominik Werner: “Die Frau muss bei den Kontrollen der Fluggesellschaft durch die Maschen gefallen sein.” Grundsätzlich liege die Verantwortung jedoch bei den Reisenden selber.

swissinfo und Agenturen

Stark zurückgegangen sind die Reiesen von Schweizern in die USA.

Letztes Jahr besuchten noch 254’000 Schweizerinnen und Schweizer die USA, fast 20% weniger als im Vorjahr.

Seit dem Rekordjahr 1996 beträgt der Einbruch fast 40%.

Auch die Anzahl Logiernächte von Amerikanern in der Schweiz sank letztes Jahr um 16% und im ersten Halbjahr 2003 um 15%.

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