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Firmen gründen in der Schweiz ist teuer

Ein Unternehmen gründen in der Schweiz - im internationalen Vergleich nicht ganz billig. Keystone

Die Schweiz rühmt sich vieler Standortvorteile. Doch kostengünstig Firmen gründen gehört nicht dazu, wie ein Vergleich mit 130 Ländern zeigt.

Ein Weltbankbericht positioniert die Schweiz bezüglich Kosten und behördlicher Effizienz im Mittelfeld.

Othmar Schmid, Gründer von Netnotar.ch .

Als Notar bin ich im formalen Teil des Gründungsprozederes zu aufwändig.

Ein Business möglichst einfach gründen zu können, gehört zu den grundlegenden Aktivitäten in einer Wirtschaft. Länder wie die Schweiz rühmen sich mit einer funktionierenden Infrastruktur, garantierten Eigentumsrechten und Banken, die beim Zahlungsverkehr und den Krediten helfen.

Gerade im so genannten “KMU-Bereich” (kleine und mittlere Unternehmen) betonen Schweizer Politiker und auch Wirtschaftsminister Joseph Deiss immer wieder, wie wichtig es sei, möglichst ohne grosse Hindernisse neue Unternehmen gründen zu können.

Im Volkswirtschafts-Departement hat deshalb das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) eigens vor Jahren schon eine entsprechende Amtsstelle, “Task Force KMU”, gegründet. Mit eigenem Web-Portal und auch mit Blick auf die Standortpromotion der Schweiz im Ausland.

Anspruch und Wirklichkeit

Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander, wenn man die Situation in der Schweiz mit jener von rund 130 anderen Ländern vergleicht. Dies geht aus dem Weltbankbericht “Doing Business in 2004” hervor.

Wegen der fehlenden internationalen Vergleichsmöglichkeiten wüssten Politiker oft gar nicht, wie gut oder wie schlecht das behördliche Umfeld im eigenen Land funktioniere, schreibt die Weltbank.

“Im internationalen Vergleich liegen wir zwar noch vor der Mitte”, präzisiert Christian Weber, Leiter der “Task Force KMU” vom seco, gegenüber swissinfo. “Es ist jedoch unser Ziel, bezüglich der administrativen Belastung in die Spitzenränge zu kommen.” Diese belegen derzeit vor allem die nordeuropäischen Länder.

Teure Registrierungsgebühren in der Schweiz

Laut Weltbank lassen sich unabhängig vom Entwicklungsstand eines Landes “Gründungs-Indizes” erheben, anhand derer sich die Länder untereinander vergleichen lassen.

So kostet eine Registrierung beim Starten eines Unternehmens in der Schweiz rund 3230 Dollar, gegenüber Null in Dänemark, 190 Dollar in Schweden oder 1340 Dollar in Deutschland. Nur in Italien, im Libanon oder in Saudi-Arabien fällt dies noch teurer aus.

Dafür schneidet die Schweiz im Bereich des Arbeitsmarktes unternehmerfreundlicher ab, was besonders die Deutschen zu schätzen wissen. Bei den “Beschäftigungsbedingungen” (Flexibilität der Arbeitszeit, Auszahlung von Überstunden, Ferien etc.) scheint die Schweiz im Weltbank-Vergleich vergleichsweise rigider zu sein, beim Kündigungsschutz dagegen nicht.

Aus der Sicht der Weltbank selber meint Giles Garcia gegenüber swissinfo: “Für jemanden, der ein Geschäft in der Schweiz eröffnen oder betreiben möchte, ist es relativ einfach und nicht mit allzuvielen Bürden verbunden. Verbesserungen wären vor allem beim Erhalten von Krediten und beim Schliessen des Geschäfts denkbar.”

Schulden eintreiben und in Konkurs gehen

Bei rechtlichen Ansprüchen und Anfragen an Gerichte und Notariate bäumt sich der helvetische Amtsschimmel besonders auf. Ein Unternehmer muss wissen, wie viel es ihn kostet, wenn er Schulden eintreiben will.

In der Schweiz dauert es volle 224 Tage und kostet 1490 Dollar (Rang 52 von 130 Ländern), in Schweden dauert es nur 190 Tage, kostet aber 4590 Dollar. Auch in Deutschland dauert die Prozedur nur 154 Tage, bei Kosten von rund 1480 Dollar. In Italien dauert es über 640 Tage, kostet aber “nur” 780 Dollar.

Ein wichtiger Vergleichs-Massstab ist auch das Vorgehen im Konkursfall. Je entwickelter das Land, desto schneller wird bei einem Konkursverfahren vorangemacht und desto billiger kommt es für alle zu stehen.

In Finnland dauert das Konkursverfahren 0,9 Jahre, in Deutschland 1,2 Jahre. Auch Italien hat mit 1,3 Jahren eine vergleichsweise kurze Dauer, zumindest gegenüber der Schweiz mit ihren doch langen 4,6 Verfahrensjahren.

Kantonale Ämtervielfalt

In der Schweiz gehen die Kantone Unternehmungs-Gründungen unterschiedlich an, möglichst mit kantonal separaten KMU-Förderungsämtern. 34 verschiedene Handelsregisterämter zählt das kleine Land – allesamt “historisch gewachsene Könige in ihrem Revier”, wie Kenner der Situation betonen.

So zählt allein der Kanton Bern vier Handelsregisterämter, während der Kanton Zürich nur eines hat. Im Kontrast zur Schweiz mit ihrer stattlichen Anzahl von 34 Stellen steht beispielsweise Norwegen: Das ganze Land kommt mit einem einzigen Handelsregisteramt aus.

swissinfo, Alexander Künzle

Kosten für die Registration einer Firma (in Dollar):
Schweiz 3230
Schweden 190
Deutschland 1340
Dänemark 0

Durchsetzen eines Rechtsanspruchs (Tage, Dollar):
Schweiz 224, 1490
Schweden 190, 4590
Deutschland 154, 1480

Handelsregisterämter:
Schweiz 34, davon allein 4 im Kanton Bern
Norwegen 1

GmbH-Gründung in der Schweiz:
Traditionelle Art rund 7 Stunden
Im Web-Portal 20 bis 30 Minuten

Die Weltbank-Publikation “Doing Business in 2004” umfasst die fundamentalen Aspekte des Gründens von Geschäften im Vergleich mit über 130 Ländern.

Die Indikatoren umfassen den Zugang zu Krediten, Konkursen, Einsteigemodalitäten bei Firmengründung, Vertragsrecht (Durchsetzen von Rechtsansprüchen) und Arbeitsrecht.

Die Weltbank-Publikation “Doing Business in 2004” umfasst die fundamentalen Aspekte des Geschäftsgründens, vergleichend in über 130 Ländern.

Die Indikatoren umfassen den Zugang zu Krediten, Konkursen, Einsteigemodalitäten bei Firmengründung, Vertragsrecht (Durchsetzen von Rechtsansprüchen) und Arbeitsrecht.

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