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Flat Rate Tax hält erstmals Einzug in Schweizer Kanton

Obwaldens Hauptort Sarnen strahlt in der Herbstsonne - und ab 2008 als Steuerparadies. Keystone

Als erster Kanton führt Obwalden 2008 die Flat Rate Tax mit einem Einheitssteuersatz für alle Einkommen ein. Mit diesem Volksentscheid ist der Kanton wieder Top-Tiefsteuerkanton.

Auch im Kanton Genf wurde abgestimmt: Zwei Steuerinitiativen der Linken scheiterten, während das neue Arbeitslosengesetz angenommen wurde.

Bei einer Stimmbeteiligung von 33,2% wurde in Obwalden der Nachtrag zum Steuergesetz mit 6840 Ja gegen 702 Nein angenommen. Die Zustimmung von 90,7% war damit noch höher als bei der Steuergesetz-Abstimmung vor zwei Jahren.

Damals hiessen 86% der Stimmberechtigten die Einführung eines degressiven Steuertarifs gut. Diese Begünstigung der hohen Einkommen wurde vom Bundesgericht am vergangenen 1. Juni aber als verfassungswidrig bezeichnet.

Schnelle Antwort auf das Bundesgerichts-Nein

Regierung und Parlament sowie jetzt auch das Volk des Halbkantons reagierten schnell und führen auf den kommenden 1. Januar als Antwort auf das Nein aus Lausanne einen Einheitssteuersatz von 1,8% für alle Einkommen ein. Solche bis 10’000 Franken bleiben steuerfrei. Damit soll dafür gesorgt werden, dass die unteren und mittleren Einkommen mehr entlastet werden als die oberen.

Die Gesetzesrevision wurde zudem genutzt, um den Gewinnsteuersatz für Unternehmen von 6,6 auf 6,0% zu senken und damit mit dem günstigsten Kanton Appenzell-Ausserrhoden gleichzuziehen.

Steuerausfälle in Sicht

Insgesamt bringen die Neuerungen nach Berechnungen der Kantonsregierung Steuerausfälle von 12,3 Mio. Franken im Jahr. 60% schlagen bei den Gemeinden, 40% beim Kanton zu Buche.

Obwalden verspricht sich aber zusätzliches Wirtschaftswachstum und verweist bereits auf erste Erfolge.

Keine Steuererhöhung für Reiche in Genf

Im Kanton Genf ging es am Sonntag unter anderem auch um Steuern: Abgelehnt wurden zwei Steuerinitiativen der Linksallianz “A gauche toute!”.

Das erste Begehren hatte die progressive Senkung der 1999 beschlossenen Steuersenkung von 12% auf hohen Einkommen gefordert.

Die zweite Initiative zielte auf die vorübergehende Erhebung einer Steuer auf Vermögen, die nach allen Abzügen noch über 1,5 Mio. Franken liegen.

Genf schafft Sonderfall im Arbeitslosengesetz ab

Ja sagte das Genfer Stimmvolk zum neuen Arbeitslosengesetz und damit zur Abschaffung der kantonalen Temporärstellen.

Die “kantonalen Temporärstellen” waren eine spezielle Genfer Lösung, um Arbeitslose wieder dem Arbeitsmarkt zuzuführen. Nach einem Jahr Arbeit in einer öffentlichen oder halböffentlichen Temporärstelle hatten die Stellensuchenden erneut Anrecht auf den Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung.

Statt Temporär- Solidaritätsstellen

Statt den Temporärstellen sollen nun 1000 bis 1500 Solidaritätsstellen im Sozial- und Umweltbereich für Personen in Schwierigkeiten geschaffen werden. Der Staat wird deren Löhne teilweise übernehmen, vorausgesetzt, die Stellen zielen auch wirklich auf eine berufliche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

Mit dem neuen Arbeitslosengesetz sollen die Stellenlosen in den ersten Wochen der Arbeitslosigkeit besser unterstützt werden. Auch soll das Weiterbildungsprogramm ausgebaut werden.

Genf hatte sein Arbeitslosengesetz auf Druck von Bern angepasst. Die Linksallianz hatte dagegen das Referendum ergriffen – erfolglos, wie sich nun in der Volksabstimmung zeigte.

swissinfo und Agenturen

Die Flat Rate Tax ist ein Steuersystem, bei dem hohe und tiefe Einkommen zu einem Einheitssatz besteuert werden.

Bisher hat kein einziges westeuropäisches Land die Flat Rate Tax eingeführt.

Dagegen kennen Länder des ehemaligen Ostblocks den einheitlichen Steuersatz: Lettland, Russland, Slowakei, Ukraine und Serbien.

In der Schweiz sind die Gemeinden, die Kantone, der Bund und die Kirchgemeinden der anerkannten Landeskirchen berechtigt, Steuern zu erheben.

Die Steuerhoheit erlaubt es ihnen, den Steuersatz und die Progression festzulegen.

Die Progression sorgt dafür, dass höhere Einkommen prozentual stärker besteuert werden als tiefere.

Das schweizerische Steuersystem ist so kompliziert, dass damit 2500 Steuerberater jährlich 700 Mio. Franken verdienen.

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