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Goliath gegen David

Aus dem Bundesamt für Landestopographie wurde swisstopo. swissinfo.ch

Die "Landestopographie" heisst neu "swisstopo" und verfügt über eine Art Monopol der Schweizer Geodaten. Die Privatverlage hoffen auf eine Liberalisierung.

Die Schweiz ist weltberühmt für ihre qualitativ hervorragenden geographischen Karten. Ihre Landeskarten in diversen Massstäben sind Bestseller. Seien es Wanderkarten, Skitourenkarten oder Swiss Map, das Werk der Landestopographie auf CD-Rom.

Die über 160jährige Geschichte des Bundesamtes für Landestopographie ist die Geschichte eines typischen Bundesbetriebes. War ursprünglich das “Kartenwesen” eine rein militärische Angelegenheit (mit sensiblen Daten), so schuf die Freizeitgesellschaft eine immer grössere Nachfrage nach Karten zum privaten Gebrauch.

Die Geschichte der neuen “swisstopo” ist auch die Geschichte unzähliger Kartenwerke. Bekannt sind hierzulande die 1:25’000 und 1:50’000-Wander-Karten. Die Männer kennen die Karten zusätzlich aus dem Militärdienst.

Lizenzgebühren eine schwere Last

Für Peter Niederhauser, den Geschäftsführer des Verlages “Hallwag Kümmerly + Frey” sind die Gebühren der Landestopographie schon fast eine “Verkaufsverhinderung”. Man sei überhaupt nicht gegen eine Lizenzgebühr, aber gegen deren Höhe. “Könnten wir produzieren, wie wir möchten, würde eine Wanderkarte in der Schweiz gut einen Drittel billiger zu stehen kommen,” sagt Niederhauser. “So gesehen, behindert die heutige Gebührensituation den Markt”, sagt der “Hallwag Kümmerly + Frey”-Geschäftsführer.

“Wir haben einen gesetzlichen Auftrag, ein Kartenwerk zu unterhalten”, sagte Felix Blatter von swisstopo gegenüber swissinfo. “Das A-jour-halten der Daten kostet Geld. Deshalb müssen Kartenhersteller eine Lizenzgebühr bezahlen.”

Jeder könne die Daten jedoch selber erheben: “Es ist nicht verboten, über die Schweiz zu fliegen und das Land zu vermessen.”

Unbehagen ist bekannt

Felix Blatter kennt die Sorgen der privaten Anbieter von gedrucktem oder digitalem Kartenmaterial in der Schweiz. “Es sind Bestrebungen im Gang, die Gebühren zu reduzieren. Unsere Daten sollen den grössten volkswirtschaftlichen Nutzen bringen.” Doch letztlich müsste das Parlament die heute gängige Praxis verändern, gibt Blatter den Ball weiter.

Peter Niederhauser bringt es auf den Punkt und nennt einen Betrag: “Wenn wir einen Franken pro Karte bezahlen müssten, dann wären wir zufrieden.”

KMU setzen auf Liberalisierung

Die Luzerner Firma Endoxon AG erhielt kürzlich den “Karten-Oskar”, eine Auszeichnung der International Cartographic Association, für eine 3D-Karte von St. Moritz.

“Wir machen Karten jeder Art; mit uns können Sie multimedial durch die Schweiz düsen”, sagte Firmenmitbegründer Bruno Muff gegenüber swissinfo. Der Schwerpunkt liege bei den neuen Medien.

Endoxon beschäftigt in der Schweiz 30 und in Indien rund 40 Mitarbeiter, welche Flugbilder retouchierten, erklärte Muff. Die Firma stellt auch “gewöhnliche ” Wanderkarten für die Verkehrsvereine der Schweiz her.

Bruno Muffs Favorit ist jedoch “Sanday”. “Hier können Sie per Handy oder im Internet (www.sanday.ch) den nächsten Arzt oder die nächstliegende Apotheke abrufen.” Das Produkt wird von der SUVA, der Schweizerischen Unfall-Versicherungs-Anstalt angeboten.

Das Kreuz mit swisstopo

Das privatwirtschaftliche Kartengeschäft in der Schweiz ist hart. Das bestätigt auch Bruno Muff. “An der Landestopographie kommen wir nicht vorbei.” Die Situation auf dem Kartenmarkt erinnere ein wenig an diejenige auf dem Telekommunikations-Markt, wo die einstige Monopol-Gesellschaft PTT, die heutige Swisscom, mit gewaltigem Vorsprung und etlichen Privilegien in die Marktwirtschaft entlassen worden sei.

“In der Kartographie-Branche herrscht ein Kampf zwischen David und Goliath oder eher umgekehrt”, witzelt Muff und verweist auf die offizielle Karte zur Landesausstellung: “Unsere Firma hat den Auftrag für die offizielle Karte erhalten. Die Landestopographie schob ein Konkurrenzprodukt nach und behauptet nun, wir hätten ihre Daten verwendet.”

Muff hofft, dass ein Gerichtsfall vermieden und eine gütliche Einigung gefunden werden kann. Zudem hofft er auf eine Liberalisierung. Denn laut Muff beginnen auch in der EU die Monopole der staatlichen Landestopographien “gewaltig” zu bröckeln. “In den USA zum Beispiel sind Geodaten weitgehend liberalisiert”, sagt Bruno Muff.

NASA-Daten zum Beispiel seien ausgezeichnet, preiswert und problemlos zu erhalten. “Die sagen sich eben: was vom Steuerzahler bezahlt wird, gehört der Öffentlichkeit.”

Urs Maurer

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