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Hohe Erdölpreise drücken auf die Stimmung

Zerstörte Ölplattformen im Golf von Mexiko treiben den Erdölpreis in die Höhe. Keystone

Der Schweizer Nationalbankpräsident, Jean-Pierre Roth, befürchtet, dass der hohe Erdölpreis die wieder belebte Konjunktur in der Schweiz abwürgen könnte.

Roth äusserte sich, nachdem die Benzinpreise in Folge des Hurrikans “Katrina” auch in der Schweiz auf neue Höchststände gestiegen waren.

Die rekordhohen Ölpreise könnten die anlaufende Konjunkturerholung in der Schweiz belasten. Wie sich der Ölpreis aber wirklich auswirkt, sei im Moment schwer einzuschätzen, sagte der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Jean-Pierre Roth, am Freitag am Rande einer Veranstaltung in Zürich .

Die Konjunktur dürfte sich im zweiten Halbjahr 2005 besser entwickeln als in der ersten Jahreshälfte, so Roth weiter. Das Konjunkturklima werde graduell wärmer, sagte er.

Roth äusserte sich vor der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung der Nationalbank am 15. September. Es wird erwartet, dass die Zinssätze in der Schweiz bei einer momentan niedrigen Inflation und einem eher geringen Wirtschaftswachstum unverändert bleiben werden.

Ängste um Benzin

Die Angst vor einer Verknappung des Treibstoffes nach den Schäden, welche der Hurrikan “Katrina” an den Raffinerien im Südosten der USA verursacht hat, trieb die Rohölpreise auf rund 70 Dollar pro Fass (ca. 86 Franken).

Die Folge davon: Der Benzinpreis ist im Laufe der letzten Woche mehr als 10 Rappen gestiegen, auf rund 1,75 Franken pro Liter.

“Eine Zunahme um zehn Rappen hat es in so kurzer Zeit noch nie gegeben”, sagte Rolf Hartl, Direktor der Schweizerischen Erdölvereinigung in Zürich.

Würden sämtliche Umrechnungsfaktoren berücksichtigt, entspräche das allein einem Aufschlag von gegen 23 Rappen pro Liter. Die bisherige Preiserhöhung um 10 Rappen je Liter mache nur knapp die Hälfte aus, sagte Hartl.

Eine Prognose darüber, ob die Benzinpreishausse von Dauer oder nur vorübergehend sein wird, ist laut Hartl schwierig. Massgebend sei die Versorgung der USA mit Benzin. Wenn sich die Lage entspanne, sänken auch die Treibstoffpreise wieder, sagte er.

Für den UBS-Ökonom Hanspeter Hausheer ist der Anstieg der Treibstoffpreise “ein grosser Schock”.

Schwerverkehr und Taxis

Einige Branchen in der Schweiz, etwa diejenige des Güterverkehrs auf der Strasse oder die Taxis, erwägen, ihre Preise zu erhöhen.

“Der Preis für Diesel macht uns das Leben schwer”, sagt Beat Keiser, Sprecher des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbandes (ASTAG). Gedacht werde an eine Preiserhöhung für den Kunden von 6%.

Mobility, der führende CarSharing-Anbieter in der Schweiz, wird seine Tarife ab Oktober erhöhen.

Auch die Schweizer Postautos kämpfen mit dem gestiegen Preis für Diesel, wollen jedoch ihre Preise zur Zeit noch nicht erhöhen. Die Postautos verbrauchen rund 33 Mio. Liter Diesel pro Jahr.

Noch höher?

Der Wirtschafts-Ökonom Claudio Saputelli von der Credit Suisse erklärt gegenüber swissinfo, er glaube nicht, dass der Benzinpreis noch viel höher steigen werde.

“Wenn er steigt, dann nur noch um einige Rappen”, sagt Saputelli. Um aber das Kaufverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten negativ zu beeinflussen, müsste der Treibstoff noch deutlicher ansteigen.

Saputelli sagt, das zurückhaltende Kaufverhalten in der Schweiz rühre von der Unsicherheit am Arbeitsmarkt her.

“Es ist weniger eine Frage des Ölpreises. Wir denken, dass der Benzinpreis weniger das Verhalten der Konsumenten beeinflusst, möglicherweise jedoch den Arbeitsmarkt”, sagt Saputelli. Trotzdem glaubt er nicht an eine Rezession in der Schweiz, da die Wirtschaft recht stabil und die Binnennachfrage gut sei.

swissinfo, Robert Brooks
(Übertragung aus dem Englischen von Urs Maurer)

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