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In Schweizer Tunneln fährt man sicher

In einer neuen Kommandozentrale zur Überwachung des Gotthard-Strassentunnels in Airolo. Keystone

Im jüngsten Test über die Tunnelsicherheit bei 51 europäischen Tunneln werden sechs von sieben getesteten Schweizer Tunneln als ausreichend bis sehr gut eingestuft. Nur einer schnitt ungenügend ab.

Jeder 5. europäische Strassentunnel entspricht nicht den minimalen Sicherheitsstandards.

Von den Schweizer Tunneln erreichten mehr als die Hälfte das Prädikat “sehr gut”. Dabei erfüllten nicht nur neuere Bauten wie der Bruyères bei Murten oder der Spier bei Horw einen hohen Sicherheitsstandard. Auch Oldtimer wie der Seelisberg- und der Arisdorftunnel sind dank gelungener Renovation sehr sicher.

Europaweit am schlechtesten schneiden wie schon in den letzten Jahren die italienischen Tunnel ab. Hier erhielten drei von vier Röhren die Minimalnote “bedenklich” und die beste die Note “ausreichend”. Besser oberirdisch fährt man auch in Norwegen, wo drei von fünf Tunneln “bedenklich” sind.

Durchgeführt wird das von der Europäischen Kommission unterstützte European Tunnel Assessment Programme (EuroTAP) von elf europäischen Automobilverbänden.

1,3 Milliarden Franken teuer

Trotz des relativ hohen Standards in Schweizer Tunneln gibt es noch viel zu tun: Für die Sicherheitsnachrüstung der 274 Nationalstrassen-Röhren veranschlagt der Bund 1,3 Milliarden Franken, wie Jürg Röthlisberger, Vizedirektor der Bundesamts für Strassen ASTRA, ausführte.

Die vor kurzem abgeschlossene, 240 Millionen Franken teure Sanierung des San Bernardino war erst ein erster, grosser Schritt. Allein auf der A 13 mit ihren 18 Tunneln werden weitere Investitionen von 169 Millionen budgetiert.

Auch die beiden Schweizer Schlusslichter auf der Tunneltest-Rangliste 2006 benötigen Nachrüstung: der 1964 erbaute Grosse St. Bernhard, der nur “ausreichend” klassiert wurde und der gleich alte Mosi-Tunnel bei Brunnen, der gar ein “Ungenügend” bekam.

Beiden fehlen Notausgänge, dem Mosi ausserdem eine leistungsfähige Belüftung.

Wegrennen ist die billigste Lösung

Die Sanierung der Schweizer Tunnel wird nicht nur teuer, sondern wegen der zeitraubenden Evaluations- und Bewilligungsverfahren laut Röthlisberger auch langwierig. Am schnellsten und billigsten könne die Sicherheit in Tunneln immer noch durch das korrekte Verhalten im Krisenfall gesteigert werden

Bei der Brandkatastrophe im Viamala-Tunnel vom letzten Herbst, die neun Todesopfer forderte, habe sich das deutlich gezeigt: Mit 742 Metern Länge gehört der Tunnel nicht zu den gefährlichsten, und der Unfall ereignete sich ausserdem in Portalnähe.

Viele der Opfer hätten ihr Leben verloren, weil sie sich nicht schnell genug entfernten, sagte Röthlisberger. Rund eine Minute stehe in einem Brandfall zur Verfügung, bevor Sicht- und Sauerstoff-Verhältnisse bedrohlich würden, und das reiche in der Regel.

Der TCS hat sich deshalb neben den jährlichen Tunneltests – ab nächstem Jahr auch auf Kantonsstrassen – auch die Instruktion von Verkehrsteilnehmern zur Aufgabe gemacht. Ein Flyer wurde herausgegeben und die Einführung des Themas im theoretischen Fahrunterricht initiiert.

swissinfo und Agenturen

Seit 1999 wurden europaweit 250 Tunnel getestet, darunter 35 in der Schweiz.

Die Überprüfung der Tunnel-Sicherheit wird von der Europäischen Kommission (Programm EuroTAP) unterstützt und mitfinanziert.

Die Tunnel werden nach einer standardisierten Methode revidiert, die den Kriterien Beleuchtung, Verkehrsüberwachung, Notausgänge, Verkehrsbelastung und Anteil Schwerverkehr Rechnung trägt.

In Schweizer Tunneln gab es mehrere schwere Unfälle. Im September 2006 verursachte ein Zusammenstoss zwischen einem Personenwagen und einem Bus im Viamala-Tunnel einen Brand, bei dem neun Personen ums Leben kamen.

Im Oktober 2001 stiessen zwei Lastwagen im Gotthard-Tunnel auf der A2 frontal zusammen und fingen Feuer. Beim Brand starben elf Personen.

Die Initiative zu den Tunnel-Überprüfungen wurde 1999 ergriffen als Reaktion auf die Katastrophen im Mont Blanc in Frankreich mit 39 Toten und im Tauerntunnel in Österreich mit 12 Todesopfer. Seit 2006 gelten vom Europarat festgelegte Prüfungskriterien.

Bruyères, nahe bei Murten, 2001 in Betrieb genommen: sehr gut

Spier, in Horw, 2002: sehr gut

Seelisberg, zwischen Luzern und Altdorf, 1980: sehr gut

Arisdorf, Sissach, 1970: sehr gut

Grosser St. Bernhard, Grenztunnel Schweiz-Italien, 1964: ausreichend

Mont Chemin, Martigny, 1993: ausreichend

Mosi, Brunnen, 1964: ungenügend

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