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Internationaler Frauentag – noch viel zu tun

Noch immer werden Frauen ausgebeutet und misshandelt, auch wenn sich die Situation der Frauen in den letzten Jahrzehnten weltweit verbessert hat. Keystone

Am 8. März ist Internationaler Tag der Frau. Kein Anlass zum Feiern, denn noch immer ist die Welt weit von einer Gleichstellung von Mann und Frau entfernt.

Auch in der Schweiz gibt es nach wie vor Handlungsbedarf.

1995 hatte in Peking die vierte UNO-Frauenkonferenz stattgefunden. Die Staatengemeinschaft verpflichtete sich damals zur Gleichstellung und zum Kampf gegen Frauenarmut, die in den Jahrzehnten zuvor überproportional gestiegen war.

Von diesen hehren Zielen ist die Welt auch heute weit entfernt. Noch nie gab es so viele Frauen, die in Armut leben. Nach Schätzungen der UNO rund eine Milliarde der 1,3 Milliarden Menschen, welche die Organisation als arm einstuft. Auch 60% der so genannten “Working Poor” sind Frauen.

Vom Aktionsprogramm zur Tat



Auf der Folgekonferenz von Peking, die dieser Tage in New York stattfindet, soll eine Deklaration verabschiedet werden, die auf eine Stärkung der Stellung der Frau und die Umsetzung der Aktionsprogramme von Peking und Kairo (Bevölkerungs-Gipfel, 1994) pocht, mit denen die Lage der Frauen weltweit verbessert werden soll.

Schwierig dürften die Diskussionen insbesondere um sexuelle und reproduktive Rechte von Frauen werden, welche Länder wie die USA, Sudan, Iran und der Vatikan immer wieder in Frage stellen.

Zwar gab es auf Gesetzesebene zahlreiche Fortschritte. Frauen seien sich ihrer Rechte heute vermehrt bewusst, sagte UNO-Generalsekretär Kofi Annan vor dem diesjährigen Frauentag. Auch sonst gebe es Fortschritte, doch bleibe sehr viel zu tun.

Der UNO-Chef verwies vor allem auf die steigenden HIV-Infektionsraten unter Frauen, auf Misshandlungen von Frauen in bewaffneten Konflikten, aber auch auf den wachsenden Handel mit jungen Frauen und Mädchen.

Kampf um Frauenrechte



Der Frauentag geht zurück auf eine Resolution der zweiten sozialistischen Frauenkonferenz 1910. Ziel war in erster Linie, die “Agitation für das Frauenrecht” zu verstärken.

1911 demonstrierten in mehreren europäischen und amerikanischen Städten Frauen für ihre Anliegen: Frauen-Stimmrecht, Lohngleichheit und besseren Arbeitsschutz. In der Folge wurde der Frauentag auch in der Schweiz zunehmend populär.

Im Zuge des Kalten Kriegs geriet der ursprünglich sozialistische Kampftag im Westen zunehmend in den Verruf, ein Instrument des sowjetischen Imperialismus zu sein.

1975 – UNO-Jahr der Frau

Eine Korrektur brachte dann das Jahr 1975, das UNO-Jahr der Frau. Seither begeht die Weltgemeinschaft den 8. März offiziell als Weltfrauentag.

Seit 1981, ein Jahrzehnt, nachdem die Frauen in der Schweiz auf Bundesebene endlich das Stimmrecht zugesprochen erhalten hatten, ist das Prinzip der Gleichstellung von Mann und Frau auch in der Bundesverfassung verankert.

Auftrieb dank “Altherren”-Bundesrat



Die Resonanz des Frauentags hatte in der Schweiz in den letzten Jahren abgenommen. Seit 1992 kam keine nationale Kundgebung mehr zu Stande. Die Tradition lebt aber durch dezentrale Anlässe weiter.

Im letzten Jahr hatte der Tag nach der männerlastigen Bundesratswahl vom Dezember 2003 neuen Auftrieb erhalten. Tausende von Frauen machten ihre Anliegen hör- und sichtbar.

Noch ein weiter Weg



Heute sind es zumeist Fragen der Gleichstellung, die Anlass zu Debatten und Veranstaltungen geben.

Obwohl die Geschlechter in der Schweiz formal gleich gestellt sind, ist der Weg zur realen Gleichstellung noch weit.

Die Frauen haben in den letzten Jahren zwar bildungsmässig aufgeholt. Noch immer obliegt ihnen aber der Grossteil der Haus- und Familienarbeit.

Wollen Frauen berufstätig sein, müssen sie sich weit stärker als Männer einschränken. Vielen, die Beruf und Familie unter einen Hut bringen wollen, bleibt nur die Option Teilzeitarbeit. Diese sind bei allfälligem Stellenabbau auch am meisten bedroht.

Und die Löhne der Frauen sind auch heute noch deutlich niedriger als jene der Männer. Diese verdienen im Schnitt immer noch einen Fünftel mehr, in Kaderfunktionen beträgt der Unterschied gar rund 30 Prozent.

Neue Informations-Plattform



Das Bundesgesetz zur Gleichstellung von Mann und Frau erlaubt seit 1996, sich gegen geschlechterspezifische Diskriminierung in der Arbeitswelt zu wehren.

Auf den 8. März dieses Jahres hin geht eine neue Internetplattform online. Die Datenbank dokumentiert Gleichstellungs-Entscheide zu Diskriminierungsklagen gemäss Gleichstellungs-Gesetz.

Vorerst beteiligen sich elf Kantone an der Plattform. Die Gleichstellungs-Büros dieser Kantone wollen damit dazu beizutragen, Hemmschwellen abzubauen im Kampf gegen geschlechterspezifische Diskriminierungen.

swissinfo

Der 8. März ist der Internationale Tag der Frau
Ausgerufen wurde er 1975 von der UNO, geht aber auf die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurück, als die zweite sozialistische Frauenkonferenz 1910 einen Tag für den Kampf um die Rechte der Frauen ausrief.
Obschon es in der Frage der Gleichstellung von Mann und Frau in den letzten Jahrzehnten weltweit Fortschritte gab, bleibt viel zu tun.
Noch nie gab es soviele Frauen, die in Armut leben, wie heute.
Rund 70% von 1,3 Milliarden Menschen, welche die UNO als arm einstuft, sind Frauen.
Auch unter den so genannten “Working Poor” sind 60% Frauen.

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