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Jean-Marie Bockel: “Paris denkt kurzsichtig”

Senator Jean-Marie Bockel. AFP

Jean-Marie Bockel ist Senator in Paris und Mitglied des Verwaltungsrats des Euro-Airport (EAP). Im swissinfo.ch-Interview äussert er sich zum Steuerstreit um den Flughafen und zu den Chancen für eine Lösung.


swissinfo.ch: Will die französische Regierung die volle Steuerhoheit über den Flughafen, weil sie unbedingt Geld braucht?

Jean-Marie Bockel: Das ist schwierig zu sagen, weil wir in keiner Phase in die grossen Linien der Verhandlungen zwischen der Schweiz und Frankreich einbezogen wurden. Vor Monaten hatten wir noch positive Signale, jetzt stelle ich weniger Optimismus fest. Wir haben es in gewisser Hinsicht mit dem französischen Übel zu tun.

swissinfo.ch: Mit einem Überlegenheits-Komplex?

J.-M.B.: Mit etwas Ähnlichem. Es ist eine Sicht auf die Dinge, die alles, was nicht der Einzigartigkeit des immer noch sehr zentralisierten Frankreichs entspricht, als nicht normal empfindet. Schon beim Streit ums Arbeitsrecht auf dem Flughafen haben wir das gesehen. Da musste zuerst ein hoher Beamter anreisen, um den Minister Xavier Bertrand für einen Kompromiss zu gewinnen.

Natürlich ist die Jagd auf Einnahmen ein Grund, aber das ist eine kurzsichtige Sichtweise. Die Schweiz hat sich sicherlich zuweilen auch etwas unbeholfen verhalten, seien wir ehrlich. Es gab sicherlich auch Verständigungsschwierigkeiten, die zu einer Blockierung geführt haben, aber das Grundproblem liegt bei Frankreich.

swissinfo.ch: Sie sprechen von einer kurzsichtigen Sichtweise.

J.-M.B.: Ja, denn wir wissen, dass die Schweizer Seite bereit ist, den Grossteil der Steuern Frankreich zu überlassen. Aus steuerlicher Sicht brächte das höhere Einnahmen als heute. Die strikte Anwendung des französischen Steuerrechts könnte dazu führen, kurzfristig mehr, aber langfristig überhaupt nichts mehr einzunehmen. 

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