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Kanton Zürich bleibt bürgerlich

Ursula Gut besetzt den in Zürich Regierungsrats-Seesel ihrer Parteikollegin Dorothee Fierz. Keystone

Der Versuch der Grünen, im Kanton Zürich eine linke Regierungs-Mehrheit zu installieren, ist gescheitert. Die freisinnige Ursula Gut schwang obenauf.

Der Wahlkampf stiess in der Schweiz auf grosses Interesse. Ein Sieg der Grünen Ruth Genner hätte dem wichtigsten Wirtschaftskanton zum ersten Mal eine rot-grüne Regierungsmehrheit beschert.

Ursula Gut von der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) wird neue Regierungsrätin des Kantons Zürich. Sie hat am Sonntag bei der Ersatzwahl die Grüne Ruth Genner geschlagen und den vakanten FDP-Sitz verteidigt. Die Freisinnigen verbleiben damit mit zwei Sitzen in der Regierung.

Gut hat nach Auszählung aller 171 Gemeinden 120’190, Genner 90’864 Stimmen erzielt. Gut übertrifft damit das absolute Mehr von 107’817 Stimmen bequem. Die Stimmbeteiligung lag bei 27,8%.

Genner verpasst es somit, dem Kanton Zürich erstmals in seiner Geschichte zu einer rot-grünen Mehrheit zu verhelfen. Gut dagegen verteidigt den FDP-Sitz von Parteikollegin Dorothée Fierz.

Die Ersatzwahl war nötig geworden, nachdem Baudirektorin Dorothée Fierz nach einem Kompetenzgerangel im Regierungsrat zurücktreten musste. Nach dem Wahlsieg Guts setzt sich der Zürcher Regierungsrat zusammen aus Markus Notter, Regine Aeppli (SP), Verena Diener (Grünliberale), Hans Hollenstein (CVP), Ruedi Jeker, Ursula Gut (FDP) und Rita Fuhrer (SVP).

Tiefe Wahlbeteiligung

Die grossen Parteien im Kanton Zürich zeigten sich über das klare Resultat nicht überrascht. Hingegen zeigten sie sich allgemein über die tiefe Wahlbeteiligung besorgt.

Ein tieferer Wert wurde im Januar 1996 verzeichnet, als Markus Notter im zweiten Wahlgang von nur gerade 13% der Wahlberechtigten zum Nachfolger des heutigen Bundespräsidenten Moritz Leuenberger gewählt wurde.

Weder Überraschung bei den Bürgerlichen…

“Grosse Freude” hatte die FDP-Präsidentin Doris Fiala über die Wahl von Ursula Gut. Die FDP habe während des Wahlkampfes verschiedene Herausforderungen gehabt: So sei die Kandidatin wenig bekannt gewesen und die Partei habe mit dem Fall Fierz zu kämpfen gehabt.

Es habe sich gezeigt, dass Gut eine herausragende Kandidatin und Kämpferin mit viel Kompetenz sei. Grosse Bedeutung habe auch die bürgerliche Allianz von Schweizerischer Volkspartei (SVP), Hauseigentümerverband und Gewerbeverband gehabt. Fiala geht davon aus, dass die FDP des Kantons Zürich mit dieser Wahl die Talsohle durchschritten hat.

Gemäss SVP-Parteipräsident Hansjörg Frei sei das Wahlresultat durch die tiefe Wahlbeteiligung nicht verfälscht worden, der Kanton Zürich sei bürgerlich. Und Gut habe es anscheinend verstanden, bürgerliche Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren.

… noch bei der Linken

Balthasar Glättli, Co-Präsident der Grünen, ist über das Ergebnis der Wahl zwar enttäuscht. Er sei aber nicht niedergeschlagen oder am Boden zerstört, sagte Glättli auf Anfrage. Das Resultat zeige, dass die Koalition von SVP und FDP für einmal funktioniert habe.

Positiv sei, dass Ruth Genner über das grüne Lager hinaus Stimmen geholt habe: Genner sei auch in der Mitte wählbar. Teil der Niederlage sei die tiefe Wahlbeteiligung. Es sei nicht gelungen, die eigenen Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren.

Ob Genner im Hinblick auf die Gesamterneuerungs-Wahlen vom nächsten April wieder antreten wird, scheint momentan noch ungewiss.

Für die Sozialdemokraten (SP) ist das Ergebnis ein Abbild der politischen Realität im Kanton Zürich. Das Ergebnis von Ruth Genner sei gar nicht so schlecht. Allerdings gibt auch ihnen die miserable Wahlbeteiligung zu denken.

Die Karten würden erst bei der Gesamterneuerungswahl 2007 neu gemischt, betonen sie. Es würden dabei wohl FDP, SVP und Grüne um den frei werdenden Sitz von Ruedi Jeker (FDP) kämpfen. Für die SP sei vor allem wichtig, dass im Kantonsrat eine Mitte-Links-Mehrheit erreicht werde.

“Nicht viel zu sagen” gibt es aus Sicht der CVP. Das Resultat sei wie erwartet. Genner habe einen Achtungserfolg errungen. Ernsthafte Chancen habe sie aber nie gehabt.

swissinfo und Agenturen

Ursula Gut wurde 1953 geboren und wuchs in Erlenbach am Zürichsee auf.

Sie studierte Rechtswissenschaften und schloss mit dem Doktortitel ab.

1986 – 2005: Beschäftigung bei der Credit Suisse

Seither ist sie bei der Versicherungsgesellschaft Swiss Life Vizedirektorin im Personalbereich.

1994: Wahl in den Küsnachter Gemeinderat (Exekutive), seit 1998 dessen Präsidentin

Sie lebt mit ihrem Mann in Küsnacht.

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