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KMU: dynamisch, aber gefährdet

Über 2 Mio. Personen in der Schweiz arbeiten in Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitenden. Keystone

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft, auch der Schweiz. Es gilt, KMU konkurrenzfähig zu halten.

Die Finanzbörsen nehmen sie kaum wahr, Finanzanalysten kümmern sich nicht um sie, weil oft keine Aktien von ihnen gehandelt werden, Kreditspezialisten auf Banken gehen ihnen aus dem Weg, weil ihr Unternehmensrisiko hoch ist: Die kleinen und mittleren Unternehmen, KMUs genannt, haben keine einfache Existenz. Und dennoch sind sie die Hoffnungsträger und bilden den Rückgrat vieler Volkswirtschaften, auch in der Schweiz. Hier beschäftigen sie zwei Drittel aller Arbeitnehmer.

Mekka der Mittelständler

Am 6. und 7. Juni treffen sich rund tausend “Mittelständler”, KMU-Unternehmer und Gewerbler um und auf dem Thunersee, am “Swiss Economic Forum” (SEF). An diesem jährlichen Mekka der KMUs suchen sie Inspiration, Impulse und Kontakte. Fürs letztere haben die Organisatoren des 5. Forums sogar ein Ausflugsschiff gemietet, inklusive Smokers- und Whisky-Lounge und musikalischer Abendunterhaltung: Fürs Networking unter den KMU sollte also gesorgt sein.

Einer, der dieses Networking aktiv unterstützt, ist Christian Weber vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco). Als Leiter der Task Force KMU erachtet er die KMU als den “allerwichtigsten Teil der Schweizer Wirtschaft”. Bekannt ist die hohe Dynamik in diesem auch “mittelständische Wirtschaft” genannten Sektor, was mit einem hohen Unternehmensrisiko einhergeht. Teile der KMU-Branchen sind daher ständig gefährdet.

2,1 Mio. Beschäftigte in der Schweiz

Die provisorischen Zahlen der Betriebszählung 2001 des Bundesamtes für Statistik (BFS) untermauern Webers Aussage: In der Schweiz arbeiten 60% aller Arbeitnehmer in einem Betrieb mit weniger als 50 Angestellten. Insgesamt entspricht das der beachtlichen Summe von 2,1 Mio. Personen – von fast zwei Dritteln der landesweit 3,6 Mio. Arbeitnehmenden.

Der grösste Anteil entfiel auf – laut der definitiven Betriebszählung 1998 – KMU aus der Handels- und Reparaturbranche (93’025), gefolgt von den Bau-(36’996) und Gastgewerblern (28’282).

KMU – keineswegs rein schweizerisch

Auch in Europa nehmen KMU einen wichtigen Platz innerhalb der Volkswirtschaften ein. So beschäftigen in Deutschland über 3,5 Mio. Betriebe jeweils durchschnittlich nur 8 Personen, in Frankreich fast 2,5 Mio. Unternehmen je 7 Angestellte, in Österreich 225’000 Betriebe je 10 Personen und in Italien gibt es 4,1 Mio. Unternehmen, in denen durchschnittlich 10 Leute arbeiten (Quellen: Eurostat, Statistisches Amt der EU, für das Jahr 2000).

EU-Mitglieder investieren aktiv in die KMU ihrer Volkswirtschaften und fördern sie. In Deutschland beispielsweise sorgt sich ein 30-köpfiger sogenannter “Mittelstandsbeirat” des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie um die Zukunft der KMU.

“In Frankreich gibt es sogar eine eigene Direktion für die Förderung der KMU”, sagt seco-Spezialist Weber. In Paris untersteht die “Direction des Entreprises Commerciales, Artisanales et de Services” dem Wirtschafts-Ministerium.

Es versucht, den französischen Gewerbetreibenden das Leben mit vereinfachten Gesetzen zu erleichtern. Es bietet Hilfe bei Euro- oder Gründungs-Problemen. Insbesondere unterstützte diese “Direction” die Mittelständler auch rund um die kürzlich erfolgte Einführung der 35-Stunden-Woche. Diese hatte auch den Führungsspitzen grösserer Unternehmen einiges an Kopfzerbrechen bereitet.

Networking und “Business-Göttis”

Solches staatliches Coaching offeriert auch eine zentrale Bundesstelle in der Schweiz. So hilft das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) beispielsweise online den Jungunternehmern, über die Hürden einer Firmen-Gründung zu kommen. Es erklärt was im Handelsregister stehen muss, oder worauf bei der Mehrwertsteuer zu achten ist. Es gibt Tipps, wo Geld von einer Wirtschafts-Förderungs-Stelle zu haben wäre (Website: www.kmuinfo.ch).

Erfahrene Helfer können Jungunternehmern und Gewerblern, die neu im Business sind oder deren Betriebe schnell wachsen, oft an Anfängerfehlern oder andern Klippen vorbeihelfen. Ein solches Projekt startet beispielsweise die Wirtschaftsförderung Olten: “Business-Göttis” sollen Anfängern aus der Region zur Seite stehen.

Sie geben aber nicht nur Knowhow weiter, wie der Projekt-Initiant Urs Blaser in der Handelszeitung vom 22. Mai weiss: “Die Göttis verfügen über ein ausgezeichnetes Kontaktnetz.” Damit können sie Türen öffnen, die sonst verschlossen blieben.

Viele Top Shots, 1000 Teilnehmer und…

Jungunternehmer sollen aber auch selbst am eigenen Netzwerk knüpfen. “Wir rechnen mit über 1000 Teilnehmern, meist Geschäftsführern und Geschäftsleitungsmitgliedern”, versichert Peter Stähli, zusammen mit Stefan Linder Gründer und CEO des Swiss Economic Forum.

Das SEF sei aber keine Einbahn-Kontaktbörse, sondern ein bedeutendes Wirtschaftstreffen. “KMU-Manager bleiben oft im Alltag gefangen. Sie sollen von den Keynotes auch neue Impulse erhalten”, meint Stähli.

Als Keynote-Redner hat er Top Shots engagiert: Bundesrat Pascal Couchepin, Swisscom-Chef Jens Alder, PWC-Chief Economic Advisor Rosemary A. Radcliffe oder den Wallpaper-Gründer Tyler Brûlé.

… Innovations-Preise

Höhepunkt des SEF bildet die Verleihung des Swiss Economic Award am Freitag abend. Der Förderpreis ist mit insgesamt 75’000 Franken dotiert und zeichnet laut SEF eine herausragende unternehmerische Leistung von Unternehmen aus, die vor nicht länger als sechs Jahren gegründet wurden.

Den Sprung auf das Podest schafften folgende drei Firmen: Chemspeed Ltd. aus Augst BL (Geräte für automatische, chemische Synthesen), IDS Integral Drive Systems aus Zürich (Energie-Umwandlungssysteme) und Prionics AG, Zürich-Schlieren (Schnelltest für BSE-Erreger, Porträts siehe Links)

“Wir wollen die Begeisterung wecken, besser zu werden”, wünscht sich SEF-Mitgründer Stähli.

Philippe Kropf und Alexander P. Künzle

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