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Konventionelle Baumwolle schadet der Gesundheit

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Jedes Jahr sterben Tausende von Menschen an den Giften, die auf Baumwollfeldern versprüht werden. Zwar werden immer mehr Kleider aus biologischer und fair gehandelter Baumwolle angeboten. Der Anteil am Gesamtmarkt ist aber nach wie vor klein.

16 Prozent aller weltweit eingesetzten Pestizide werden auf Baumwollfeldern versprüht. Dies, obwohl Baumwolle nur auf 2,5 Prozent der Ackerflächen angebaut wird.

Das Gift gefährdet die Gesundheit der Arbeiter auf den Feldern und verschmutzt das Trinkwasser. Hinzu kommt, dass Kleider aus konventionell gehandelter Baumwolle oft zu Tiefstpreisen verkauft werden. Entsprechend schlecht sind die Löhne der Näherinnen in den Kleiderfabriken.

Auf diese Missstände hat am Dienstag das Hilfswerk Helvetas mit einer Aktion in Bern aufmerksam gemacht. Weisse Stofffiguren auf dem Asphalt symbolisierten die Opfer des konventionellen Baumwoll-Anbaus. Laut dem Hilfswerk sterben jährlich rund 20’000 Menschen daran.

“Fragen Sie auch bei T-Shirts nach Bio und Fairtrade”, fordert Helvetas die Konsumentinnen und Konsumenten auf. Biobaumwolle sei nicht nur gesünder für die Menschen, sondern schütze auch den Ackerboden. Baumwolle aus fairem Handel sichere den Kleinbauern ein ausreichendes Einkommen und verhindere Kinderarbeit.

Wachsendes Angebot an Bio-Kleidern

Die Konsumentinnen und Konsumenten haben tatsächlich die Wahl: Das Angebot an Produkten aus biologischer und fair gehandelter Baumwolle ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Immer mehr Modehäuser nehmen solche Produkte in ihre Kollektion auf.

“Der nächste grosse Modetrend wird sein, das gute Gewissen nach aussen zu tragen”, sagte einst der dänische Modedesigner Peter Ingwersen. Heute feiert er mit seinem Bio-Baumwoll-Label “Noir” Erfolge.

2008 gingen weltweit Bio-Baumwoll-Produkte im Wert von 3,2 Milliarden Dollar über den Ladentisch, was gegenüber dem Vorjahr einem Wachstum von 63 Prozent entspricht.

Der Anteil der Bio-Baumwolle an der Gesamtproduktion beträgt allerdings laut dem “Organic Cotton Farm and Fiber Report” lediglich 0,55 Prozent.

Die Schweiz liegt beim Marktanteil weit über dem Durschschnitt: Rund fünf Prozent aller Baumwolltextilien, die in der Schweiz verkauft werden, stammen aus biologischem Anbau.

Zu den führenden Marken gehören Naturaline von Coop, Switcher und Max Havelaar. Das Hilfswerk Helvetas hat sich zum Ziel gesetzt, bis Ende 2010 den Marktanteil auf 10 Prozent zu verdoppeln. Unterstützt wird die Kampagne vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Ist Bio immer Fairtrade?

Laut Helvetas sind die meisten Bio-Baumwoll-Produkte, die in der Schweiz angeboten werden, fair gehandelt. Wird Öko zum Mainstream-Modetrend, ist aber Vorsicht angebracht.

Die entwicklungspolitische Organisation “Erklärung von Bern” (EvB) warnt vor irreführenden Bezeichnungen. Viele Labels suggerierten ethisch korrekte Mode. Manchmal heisse “ökologisch” aber nur, dass auf bestimmte Chemikalien verzichtet werde.

Beim ÖkoTex-100-Zertifikat zum Beispiel gehe es primär um die Vermeidung von Hautallergien bei Konsumentinnen und Konsumenten. Und auch Bio-Anbau garantiere für sich genommen noch keine Mode, die als ethisch korrekt bezeichnet werden könne.

Die EvB und Helvetas raten dazu, beim Kauf darauf zu achten, dass ein Label Faktoren wie die Arbeitsbedingungen der Näherinnen berücksichtigt. Soziale und ökologische Mindestkriterien müssten in der gesamten Kette erfüllt sein.

Im Massenmarkt setzt dies eine langfristige Planung voraus: Coop hat vor 14 Jahren damit begonnen, die Kette vom Anbau bis zum fertigen Produkt aufzubauen. Ein kurzfristiges Aufspringen auf einen Trend sei im Fall von Bio-Baumwolle nicht möglich, sagt Coop-Sprecher Nicolas Schmied.

Charlotte Walser, swissinfo.ch und InfoSüd

Die UNO hat das Jahr 2009 zum “Internationalen Jahr der Naturfasern” erklärt.

Jedes Jahr ernten Bauern weltweit ungefähr 35 Millionen Tonnen Naturfasern. Diese dienen zur Herstellung von Kleidern, Bodenbelägen und anderen Konsumgütern.

Die Industrie benötigt Naturfasern zur Herstellung von Papier, Verpackungsmaterialien und Verbundstoffen, welche unter anderem in der Auto-Industrie Verwendung finden.

Die Naturfasern seien ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und lebenswichtig für den Lebensunterhalt und die Nahrungsmittelsicherheit von Millionen von kleinen Bauern und Verarbeitern, hält die Organisation der UNO für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) fest.

Doch im Laufe der letzten Jahrzehnte seien Naturfasern immer mehr durch Kunstfasern wie Acryl, Nylon, Polyester und Polypropylen ersetzt worden, hauptsächlich aus Kostengründen.

Das “Jahr der Naturfasern” ziele darauf ab, das globale Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Naturprodukte zu erhöhen.

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