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Milliardenverlust und Stellenabbau

Zurich will sich aufs Versicherungsgeschäft und auf Kernmärkte konzentrieren. swissinfo.ch

Zurich Financial Services hat im ersten Halbjahr 2002 einen Verlust von rund 2 Mrd. Dollar (3 Mrd. Franken) erwirtschaftet.

Der Konzern sucht den Weg zurück zu den Wurzeln des Versicherungs-Geschäfts. Um wieder rentabel zu werden, sollen unter anderem 4500 der 76’000 Stellen gestrichen werden.

Der Finanzdienstleistungs- und Versicherungskonzern Zurich Financial Services (ZFS) zieht die Notbremse und baut weltweit 4500 von rund 76’500 Arbeitsplätzen ab. Damit reagiert das Unternehmen auf den massiven Halbjahres-Verlust.

ZFS erwirtschaftete im ersten Halbjahr 2002 einen Verlust nach Steuern in Höhe von 2,029 Mrd. Dollar, wie die Gesellschaft am Donnerstag in einem Communiqué bekannt gab. In der Vorjahresperiode hatte noch ein Gewinn von 861 Mio. Dollar resultiert.

Das Resultat wird mit dem deutlichen Rückgang der realisierten und nicht realisierten Kapitalgewinne sowie den Sonder-Rückstellungen von 2,7 Mrd. Dollar begründet. Der Gewinn vor Rückstellungen betrug noch 683 Mio. Dollar.

Kapitalerhöhung

Das Unternehmen kündigte zugleich eine Kapitalerhöhung um 2,0 bis 2,5 Mrd. Dollar an. Dabei soll den Aktionären ein Bezugsrecht angeboten werden. Das Angebot wird Gegenstand einer ausserordentlichen Generalversammlung sein.

Das gesamte Massnahmenpaket soll bereits im kommenden Jahr eine Gewinnsteigerung von einer Milliarde Dollar auslösen, so die Zurich-Verantwortlichen.

Stellenabbau: Schweiz, Grossbritannien, Südafrika und Asien

Das Paket umfasst weiter Einsparungen bei der Informatik und im Beschaffungswesen sowie am Konzernhauptsitz in Zürich. Im Zuge dieser Restrukturierungen gehen in der Schweiz “einige hundert Arbeitsplätze” verloren, wie Zurich-Sprechen Daniel Hofmann sagte.

Zurich-Konzernchef James J. Schiro erklärte, etwa 2000 Stellen würden in Grossbritannien, Südafrika und Asien abgebaut, rund 700 in Deutschland.

Die Behörden des Kantons Zürich haben den massiven Stellenabbau bedauert. Für den Wirtschaftsstandort Zürich sei dies ein negatives Signal.

Scharfe Kritik hat die Ankündigung in Grossbritannien ausgelöst: Der Generalsekretär der Gewerkschaft Amicus warf laut einer Meldung der britischen Nachrichtenagentur Press Association der Konzernleitung vor zu zerstören, statt die längerfristigen Perspektiven zu beachten.

Konzentration auf Versicherung und Kernmärkte

Rund ein Drittel der angestrebten Ertrags-Verbesserung soll aus Preisanpassungen und Initiativen für eine stringentere Zeichnungspolitik resultieren, wie es heisst. Der Rest solle durch eine Straffung der Schadenbearbeitungs-Prozesse und der Kostenstrukturen erzielt werden.

Zurich müsse sich auf betrieblicher Ebene verbessern, und sich nicht mehr auf die Kapitalmärkte verlassen, sagte Schiro.

Die ZFS wolle sich in ausgewählten Märkten neu positionieren. Die Gruppe konzentriere sich auf das Versicherungsgeschäft in den USA, in Grossbritannien und in Kontinental-Europa. Zu den Märkten mit Wachstumspotenzial in Kontinentaleuropa zählte Schiro die Schweiz, Deutschland, Italien und Spanien.

Glaubwürdigkeit wiederherstellen

Er wolle die “Glaubwürdigkeit” wieder herstellen, sagte Schiro, ohne dem ehemaligen Chef Hüppi explizit Fehler vorzuwerfen: “Wir wollen in die Zukunft schauen und nicht über Fehler in der Vergangenheit sprechen.” In den vergangenen Monaten hatte der Konzern unter schwindendem Vertrauen der Anleger gelitten. Die Zurich-Aktien hatten massiv an Wert eingebüsst.

Das schlechte Ergebnis ist zum Teil ein Spiegel des schwierigen Umfeldes, in dem sich die Versicherungs- und Finanzdienstleistungs-Branche befindet. Allerdings kam Zurich wegen dem langen Hinauszögern und schliesslich abrupten Abgang von Rolf Hüppi (langjähriger CEO und Verwaltungsrats-Präsident) in die Kritik. Der Verlust ist höher, als Analysten vermutet hatten.

Analysten: Reinemachen positiv

Finanzanalysten haben positiv auf die Radikalkur bei Zurich reagiert. Schiro, erst seit Mai dieses Jahres an der Konzernspitze, nutzt die Gelegenheit, um reinen Tisch zu machen, so der Tenor.

Beat Stuber von der Asset-Management-Firma Johnson & Stuber riet am Donnerstag, den Blick auf die strategischen Massnahmen statt auf den dunkelroten Halbjahresabschluss zu richten. Es sei zu begrüssen, dass die Zürich reinen Tisch mache.

“Wir erachten die angekündigten Massnahmen als einen Schritt in die richtige Richtung”, schrieb die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einem Marktkommentar.

Die führenden Rating-Agenturen Moody’s und Standard & Poor’s (S&P) haben am Donnerstag unterschiedlich auf den Halbjahresabschluss und die Restrukturierung des Zürich-Konzerns reagiert. Moody’s hielt an der bisherigen Benotung fest, S&P senkte die Ratings.

swissinfo und Agenturen

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