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Neuer Anlauf für eine Buchpreisbindung

Bücherlesen - genüssliche Kopfreisen in ferne Welten. swissinfo.ch

Die Schweizer Buchhändler und Verleger verlangen, dass eine Preisbindung für Bücher gesetzlich verankert wird. Am Welttag des Buches präsentierten sie einen neuen Vorschlag.

Nachdem das Bundesgericht die Buchpreisbindung kürzlich für unzulässig erklärt hatte, fürchten Buchhändler und Verlage eine Destabilisierung des Marktes.

Bücher sind keine reine Handelsware, sondern Kulturgüter: So lautet die Botschaft der Schweizer Buchhändler und Verleger zum Welttag des Buches vom Montag.

Deshalb müsse an der Buchpreisbindung festgehalten werden, betonten mehrere grosse und kleine Buchhändler an einer Medienkonferenz des Schweizer Buchrates. Darin sind der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband (SBVV), L’Association suisse des Diffuseurs, Editeurs et Libraires (ASDEL), Societa Editori della Svizzera Italiana (SESI) und die Associazione Librai della Svizzera Italiana (ALSI) zusammengeschlossen.

Maximalaufschlag von 20%

Der Buchrat schlägt neu ein Bandbreitenmodell vor: Der Buchpreis soll in allen drei Landesteilen zwischen 0 und 20% über dem Referenzkurs – dem Preis in Euro – liegen. Beträgt der umgerechnete Preis für ein Buch beispielsweise 23 Franken, liegt der maximale Verkaufspreis bei 27.60 Franken. Festgelegt würde der Preis innerhalb dieser Bandbreite durch die inländischen und ausländischen Verlage oder Importeure.

Der Einzelhandel darf laut Vorschlag einen Rabatt an die Konsumenten weitergeben, dessen maximale Höhe noch nicht bestimmt ist. Dabei dürfe aber der Minimalpreis nicht unterschritten werden, und mit dem Rabatt dürfen die Buchhandlungen auch keine Werbung machen.

Branche einig

Die gesamte Schweizer Buchhändlerbranche sei Willens und auf dem Weg, eine Lösung zu erarbeiten, welche den Interessen der Kunden, der Behörden und der Branchenmitglieder in allen Sprachregionen sinnvoll Rechnung trage, sagte Hanspeter Büchler, Chef der Thalia Bücher AG Basel.

Weil sich im Buchgeschäft vieles nicht lohne, brauche man die Preisbindung, sagte die Frauenfelder Kleinbuchhändlerin Marianne Sax.

Ob das Modell mit der Preisband sich durchsetzt, wird sich zeigen: Eine nationalrätliche Kommission will noch vor dem Herbst einen Gesetzesentwurf mit einer Regelung der Buchpreise vorlegen. Für die Preisbindung sprach sich am Welttag des Buches auch der Schweizer Schriftsteller Hugo Loetscher aus.

Je nach Landesteil unterschiedlich

Die Bücherpreise sind in der Schweiz nicht einheitlich geregelt. In der Deutschschweiz sind es die Verlage, welche die Buchpreise verbindlich festlegen.

Je nach Preisstufe sind Bücher dort im Durchschnitt 15% teurer als im Ausland, der Aufschlag kann aber bis 25% betragen. In der Westschweiz, wo es keine Buchpreisbindung gibt, liegt der Preis laut den Buchhändlern und Verlegern 35% über dem Referenzkurs.

Das Bundesgericht hatte Anfang März die Buchpreisbindung als unzulässige Wettbewerbsbeschränkung beurteilt und eine Beschwerde des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands (SBVV) sowie des Börsenvereins des deutschen Buchhandels gegen einen Entscheid der Wettbewerbskommission (Weko) abgewiesen.

Vor Bundesrats-Entscheid

Die Unterlegenen machten darauf als letzte Möglichkeit von einem Ausnahmegesuch an den Bundesrat Gebrauch und begründeten dies mit kulturpolitischen Interessen. Doch vermöge ein solches Ausnahmegesuch bestenfalls temporär und lokal Abhilfe zu schaffen.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) hatte darauf den Vollzug der Weko-Verfügung ausgesetzt, bis der Bundesrat über das Ausnahmegesuch der Buchhändler und -verleger entschieden hat. Gemäss EVD-Sprecherin Simone Hug ist der Entscheid noch nicht gefallen. Er sei aber demnächst zu erwarten.

Text von Bichsel verteilt

Manche Buchhandlungen in der Deutschschweiz blieben am Montag aus Protest gegen den drohenden Fall der Preisbindung geschlossen. Der Tag, der unter dem Motto “Die Schweiz liest” stand, war jedoch nicht nur von politischen Aktionen geprägt.

An den grossen Schweizer Bahnhöfen trafen Pendlerinnen und Pendler vorlesende Schauspieler an und erhielten einen bisher unveröffentlichten Text von Peter Bichsel mit Bildern von Hannes Binder geschenkt. “Meine Reisen zu Cordes – Eine transsibirische Geschichte” wurde in einer Auflage von 120’000 Exemplaren verteilt.

Zum Lesen animieren sollten auch Video-Spots auf Grossleinwänden. Am Hauptbahnhof Zürich lud ausserdem eine schwebende Grossskulptur aus fliegenden Büchern und eine Temporärbibliothek mit bequemen Sesseln zum Verweilen.

Bookparade in Zürich

Am Montag Abend nahmen zudem in Zürich rund 200 Personen an einer “Bookparade” teil: Sie marschierten vom Hauptbahnhof zum Theater am Neumarkt und lasen dabei aus ihren Lieblingsbüchern vor.

Die Parade ging in einen Lesemarathon mit den Autoren Peter K. Wehrli, Urs Faes, Alex Capus, Christian Hofstetter, Christoph Simon, Heinz D. Heisl und Tania Kummer über.

In Lausanne suchten Schulklassen versteckte Koffer mit Kinder- und Jugendbüchern. An der Aktion beteiligten sich mehrere Tausend Kinder. Landesweit wurden über 400 Veranstaltungen und Aktionen rund um das Buch durchgeführt.

swissinfo und Agenturen

Unter der Buchpreisbindung versteht man eine Regelung, die den Verkaufspreis eines Buches verbindlich festlegt. Damit wird die Schutzwürdigkeit des Kulturgutes Buch höher gewichtet als der freie Markt.

Frankreich, Deutschland und Österreich regeln den Buchpreis per Gesetz. In andern europäischen Ländern ist der Buchpreis durch ein Abkommen zwischen Verlegern und Buchhändlern geregelt. Schweden und Belgien kennen keine Preisbindung.

In der Deutschschweiz besteht ein Abkommen zwischen Verlegern und Buchhändlern. Die Wettbewerbskommission bezeichnete dies als nicht vereinbar mit dem Kartellgesetz – eine Position, die Anfang März vom Bundesgericht bestätigt wurde.

1995 hat die UNESCO auf Antrag Spaniens den 23. April zum Welttag des Buches und des Urheberrechts erklärt. Damit soll das Kulturgut Buch und das Lesen gefördert werden.

Seinen Ursprung hat der Welttag des Buches in einer katalanischen Tradition. Am 23. April, dem Namenstag des Volksheiligen Sant Jordi, schenkten sich die Katalanen früher Rosen, seit den 1920er-Jahren auch Bücher.

Auch in der Schweiz wurden am Montag Bücher verteilt, Bücher öffentlich vorgelesen und für den Abend ist in Zürich eine “Bookparade” geplant.

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