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Neuer Finanzausgleich bereinigt

Das Schweizer Parlament hat das Jahrhundert-Projekt zur Neugestaltung des Finanzausgleichs (NFA) unter Dach gebracht.

Die NFA will den Föderalismus stärken und das Gefälle zwischen reichen und armen Kantonen verringern. Die Stimmberechtigten können voraussichtlich 2004 darüber entscheiden.

In Abwesenheit von Finanzminister Kaspar Villiger und ohne grosses Aufsehen hat der Ständerat, die Kleine Kammer, am Mittwoch die Differenzen des oft als Jahrhundert-Vorlage gepriesenen neuen Finanzausgleichs eliminiert.

Sie schloss sich nach kurzer Diskussion über die Bedeutung der Städte oppositionslos der Grossen Kammer an. Damit werden Städte neben den Agglomerationen explizit zu den Nutzniessern der Mineralölsteuer-Erträge gezählt. Stillschweigend wurde eine formelle Differenz bereinigt.

Der neue Finanzausgleich war während gut zehn Jahr vorbereitet worden und hatte mehrmals zu scheitern gedroht. Finanzminister Villiger hatte ihn früher als wohl letzte Chance für eine Revitalisierung des Föderalismus bezeichnet.

Bessere Aufgabenteilung

Mit der NFA sollen die Aufgaben zwischen Bund und Kantonen klarer aufgeteilt, die Lasten besser ausgeglichen und die Steuerbelastungs-Unterschiede zwischen den Kantonen um bis zu 20% verringert werden. Ein Härteausgleich von anfänglich rund 430 Mio. Franken pro Jahr soll dafür sorgen, dass nicht allzu viele Kantone auf der Verliererseite stehen.

Nach jetzigen Modell-Annahmen werden 20 Kantone entlastet, mehr zahlen müssten Zug, Zürich, Schwyz, Genf, Nidwalden und Glarus. Letztere waren der Vorlage gegenüber entsprechend kritisch eingestellt.

Wieviel müssen die “reichen” Kantone zahlen?

Besonders umstritten war in den Ratsdebatten die Frage, wie viel die reichen Kantone den finanzschwächeren zahlen sollen. Der Bundesrat hatte hier ursprünglich gefordert, die Geberkantone sollten maximal gleich viel bezahlen wie der Bund.

In den Räten setzte sich schliesslich der Kompromiss-Vorschlag des Ständerats durch, die Obergrenze bei 80% der Bundesbeiträge festzusetzen. Damit sollten die Geberkantone geschont werden.

Härteausgleich umkämpft

Ebenfalls umkämpft war der Härteausgleich. Dieser soll nun befristet, nämlich während 24 Jahren, gewährt werden.

Für viel Aufsehen hatte auch die Behinderten-Betreuung gesorgt. Der neue Finanzausgleich delegiert nämlich die Behinderten-Betreuung neu an die Kantone. Der Bund leistet demgegenüber nur noch allgemeine Finanzhilfen.

Letztes Wort beim Volk

Die Vorlage kommt nach erfolgreicher Schlussabstimmung wahrscheinlich im kommenden Jahr vor Volk und Stände. Eine zweite Phase der Reform ist bereits eingeleitet.

Integral in Kraft treten wird die NFA-Reform voraussichtlich im Jahr 2007.

Lange Vorgeschichte

Die Reform des Finanzausgleichs geht auf eine ernüchternde Bilanz von 1991 zurück. Demnach bringt das geltende Verbundsystem viel Leerlauf und ist teilweise sogar kontraproduktiv. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren verabschiedete im Herbst 1992 einen Orientierungsrahmen für die Reform.

Nach einem im April 1994 vorgelegten Expertengutachten beauftragte der Bundesrat das Finanzdepartement, mit den kantonalen Finanzdirektoren eine grundlegende Neuordnung vorzubereiten. Das Projekt überstand 1996 eine erste Vernehmlassung.

Nach Korrekturen vor allem bei der Aufgabenentflechtung ging der Schlussbericht im Frühling 1999 in eine weitere Konsultation; es kam danach zu weiteren Anpassungen.

Die Kantone stimmten dem Projekt schliesslich im Sommer 2001 mit grosser Mehrheit zu. Zug und Genf sagten damals Nein; Neuenburg, Jura, Zürich und Aargau machten Vorbehalte.

swissinfo und Agenturen

Die Schweiz hat ein dreistufiges Steuersystem: Bund, Kantone und Gemeinden erheben Steuern.
Zwischen den 26 Kantonen bestehen grosse Unterschiede, denn das föderalistische System erlaubt ihnen, den Steuersatz selber festzulegen.
Jeder Kanton hat sein eigenes Erziehungs- und Polizeisystem

Ziele der Reform:

Die Unterschiede zwischen armen und reichen Kantonen sollen verkleinert werden.

Die unterschiedlichen Bedürfnisse von Städten und ländlichen Gegenden sollen berücksichtigt werden.

Kein Kanton, der unter dem jetzigen System profitiert, soll unter dem Neuen etwas verlieren.

Die Bereiche der gemeinsamen Verantwortlichkeit zwischen Kantonen und der Schweizer Regierung sollen neu durchorganisiert werden.

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