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Presseschau vom 09.01.2003

Die Arbeitlosenzahlen haben im Dezember mit 3,3 Prozent einen neuen Rekordstand erreicht. Das war Hauptthema für die Kommentatoren der Schweizer Presse.

Gefordert werden Patrons alter Garde und neue Dringlichkeitspläne.

Auf mehreren Zeitungen prangt die Zusammenfassung des Problems auf der Front: “130’000 ohne Arbeit” im BUND oder “130’000 Personen arbeitslos” im ST. GALLER TAGBLATT.

Die neuesten Arbeitslosenzahlen – die Quote stieg im Dezember auf 3,3 Prozent – die das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) bekannt gegeben hat, sind das meist kommentierte Thema der Schweizer Presse.

Ritual Arbeitslosenzahlen

Der BUND meint: “Das Ritual wiederholt sich zurzeit Monat für Monat. Die Zahl der Arbeitslosen steigt um bis zu 10’000, die Medien verkünden die Zahl als ‘Rekordstand’ der vergangenen Jahre, die Gewerkschaften fordern eine staatliche Ankurbelung der Konjunktur, und die Arbeitgeber weisen diese Forderung mit dem Hinweis auf die mangelnde Wirksamkeit staatlicher Massnahmen zurück – und dem Nachsatz, dass es so schlimm gar nicht ist.”

Zumindest der BLICK sieht das anders, und zwar aus der Perspektive der Betroffenen: “Nur wer schon einmal arbeitslos war, weiss, wie man sich ohne Job fühlt. Mit jeder Absage sinkt das Selbstvertrauen. Mit jedem Tag wird man mutloser. Arbeitslosigkeit ist schrecklich.”

Patrons braucht das Land

Für das Massenblatt endet diese Betrachtung in der Frage, ob der soziale Unternehmer, der die Krisen mit den Mitarbeitern gemeinsam durchsteht, noch existiert. Hoffentlich, denn, so der BLICK: “Wir sehnen uns derzeit mehr denn je nach Patrons. Nach solchen, die ihre Hand vor allem über die Älteren und Jüngeren schützend halten.”

Der TAGES-ANZEIGER sieht in Managern und Unternehmensleitern eher die Sündenböcke als eine mögliche Lösung: “(…) indem sie rasch liquidieren, was nicht oder ungenügend rentiert, wollen sie Tatkraft beweisen. Arbeitsplätze streichen ist dann nicht immer letztes Mittel oder Ausdruck fortgeschrittener Verzweiflung.”

Patrons sieht der TAGI keine mehr, denn die daraus resultierenden Pflichten gälten heute nur noch als Ballast.

Gewerkschaften fordern Dringlichkeitsprogramm

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat angesichts der Situation denn auch keine Patrons gefordert, sondern ein Dringlichkeitsprogramm der Regierung. Aber die hat bisher noch nichts derartiges ins Auge gefasst, wie LE TEMPS konstatiert: “Malgré 130’000 chômeurs, aucun plan de relance n’est envisagé” – “Trotz 130’000 Arbeitslosen, ist kein Aufbauplan vorgesehen”.

Für die NEUE LUZERNER ZEITUNG bedeutet das: “Joseph Deiss hat keine Schonfrist. (…) Kaum im Amt, steht Joseph Deiss unter Erwartungsdruck.” Aber: “Ob uns ein Konjunkturprogramm allerdings aus dem Schneider hilft, darüber lässt sich (…) nicht nur aus ideologischen Gründen streiten.”

Für die AARGAUER ZEITUNG wäre ein solches Programm “fragwürdig”, weil: “Es ist illusionär zu glauben, die Schweiz könne den Aufschwung selbst herbeiführen. Die Initialzündung muss aus dem Ausland kommen.”

swissinfo, Philippe Kropf

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