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Presseschau vom 09.07.2003

Der radikale Sparkurs der Schweizer Post und die missglückte Trennung der siamesischen Zwillinge aus dem Iran bewegen die Schweizer Presse.

Aber auch die Reiselust der Präsidenten Couchepin und Bush bleiben nicht unbeachtet.

Für die Westschweizer Zeitung LE TEMPS ist der angekündigte Abbau von Poststellen sowie die Regionalisierung des Gesamtarbeitsvertrags “un choc prévisible – ein vorhersehbarer Schock”.

Angesichts der desolaten finanziellen Lage habe Post-Patron Gygi handeln müssen:

“Il choisit la voie de la confrontation – er wählt den Weg der Konfrontation”, so LE TEMPS weiter.

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG schreibt von einem “noch radikaleren Sparkurs der Post”.

Für den Berner BUND ist der Ton eindeutig härter geworden:

“Offen kritisiert die Post-Spitze die Politik, zeigt blankes Unverständnis für die vom Bundesrat teilweise nicht bewilligten Tariferhöhungen und bezeichnet das Parlament als rückwärtsgewandt.”

Der Post gehe es weit schlechter als erwartet, so der BUND. Die Politik müsse sich die Frage stellen, was für eine Post sie künftig wolle:

“Ob sie tatsächlich ein Poststellennetz mit jährlich 600 Millionen Franken subventionieren will oder ob sie dieses Geld nicht lieber in andere Bereiche – ins Gesundheitswesen zum Beispiel oder in die Altervorsorge – stecken will.”

Drama um siamesisches Zwillingspaar

Unglücklich ausgegangen ist die Operation zur Trennung der beiden am Kopf zusammengewachsenen iranischen Schwestern Ladan und Laleh.

“Vereint gelebt – getrennt in den Tod”, titelt das Boulevard-Blatt Blick.

Das Risiko für diesen aussergewöhnlichen Eingriff war allen Seiten bekannt. Dieser Fall zeige, so die BERNER ZEITUNG, dass selbst im Zeitalter der Hightechmedizin nicht alles möglich sei. Verurteilen will die BZ aber niemanden:

“Der Mut der Ärzte und – vor allem – der Mut der beiden Patientinnen ist bewundernswürdig. Aber er hat sich nicht ausgezahlt. Aus der ‘Operation Hoffnung’ ist ein Desaster geworden. Beide Frauen sind tot.”

Die AARGAUER ZEITUNG stellt die rhetorische Frage, weshalb das Ärzte-Team den Eingriff trotz des riesigen Risikos gewagt habe:

“Um in den Olymp der Chirurgen aufzusteigen? Um die eigene Karriere vorwärts zu treiben? Handelten die Ärzte also verantwortungslos? Nein. Sie taten es auf ausdrücklichen Wunsch der beiden Schwestern, die endlich getrennte Wege gehen wollten, die den psychischen Druck nicht mehr aushielten.”

Zwei Präsidenten auf Reisen

Der Schweizer Bundespräsident hat vor Kurzem den Papst und anschliessend Italiens Regierungschef Berlusconi besucht. Ein Gespräch mit US-Präsident George W. Bush kam knapp nicht zustande. Nun ist Couchepin erneut unterwegs – nach Moskau zu Präsident Putin.

Der TAGES-ANZEIGER macht die Berechtigung solcher Reisen vom Erfolg abhängig:

“Ob ein Bundespräsident dermassen in die Aussenpolitik eingreifen soll, legitimiert nur der Erfolg. Couchepins Auftritte lassen eher vermuten, er mache mit seiner Prominentenjagd sich selber Freude. Ob er auch unangenehme Fragen stellen kann, wird er in Moskau beweisen können.”

Auch George W. Bush, der bei seinem Amtsantritt noch wenig von der Welt gesehen hatte, ist unterwegs – in Afrika. Afrika spielt für die USA nicht nur im Kampf gegen den Terror eine wichtige Rolle, sondern auch in geopolitisch-wirtschaftlicher Hinsicht:

“Im frankophonen Senegal zum Beispiel will Bush vor allem dem rivalisierenden Paris klar machen, dass die USA die Dominanz der Ex-Kolonialmächte in Afrika nicht einfach mehr hinnehmen wollen. Neu entdeckte Ölreserven und strategisch wichtige Bodenschätze haben auch in Washington den Appetit geweckt. Diese Reise ist weit mehr als nur eine Bildungstour für Bush.”

swissinfo, Gaby Ochsenbein

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