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Privatbanken fusionieren

Ehrwürdige Genfer Privatbanken: Auch sie müssen fusionieren. (swissinfo/SRI) swissinfo.ch

Die Genfer Privatbanken Lombard Odier und Darier Hentsch fusionieren, um zu überleben. Die Vermögensverwaltung ist ein härteres Geschäft geworden.

Die Gerüchte der letzten Wochen haben sich bestätigt: Ab 1. Juli lautet der Name der neufusionierten Bank “Lombard Odier Darier Hentsch & Cie”, wie die beiden Finanzinstitute am Montag mitteilten.

Die neue fusionierte Privatbank werde 14 Teilhaber umfassen, mit Thierry Lombard und Pierre Darier als “Senior Partner”. Die operative Führung der Bank übernimmt ein neunköpfiges Exekutivkomitee unter dem Vorsitz von Bernard Droux.

Durch die Fusion der beiden über 200 Jahren alten Finanzinstitute erreiche die neue Privatbank die kritische Masse, um sich gegen eine immer stärkere Konkurrenz zu behaupten. Insbesondere würden dadurch auch die Vermögensverwaltung von Privaten und institutionellen Kunden in Europa verstärkt.

Zu hohe Kosten für Informationstechnologie

Analysten meinen, die Fusion habe sich aus der spezifischen Position der beiden Privatbanken ergeben: Sie waren separat genommen zu klein, um mit den Big Players wie der UBS zu konkurrieren, und zu gross, um selbst nur Nischen-Player zu sein.

Claude Zehnder von der Zürcher Kantonalbank fügt die Kosten für die Informationstechnologie als weiteres Element ein.

Mit einem Netz von weltweit rund zwanzig Tochtergesellschaften und Geschäftsstellen werde die neue Gruppe rund 2000 Mitarbeiter zählen. Die rund 140 Mrd. Franken an verwalteten Vermögen machten sie, gemäss Aussage an der Medienorientierung, zu einem der weltweit stärksten Privatbankiers. Zum Vergleich: Die Privatbank Julius Bär weist für 2001 126 Mrd. Fr. an verwaltetem Vermögen aus, Pictet 119 Mrd.

Das Zusammengehen erfolgt vor dem Hintergrund verschlechterter Marktbedingungen für den Bereich der Vermögensverwaltung, und natürlich der Börsenbaisse. Im Gegensatz zu anderen Banken haften bei Privatbanken die Gesellschafter resp. Besitzerbanquiers persönlich und unlimitiert für die Kundengelder.

Immer weniger Privatbanken

Die beiden Genfer Privatbanken schliessen sich zusammen, um das führende private Finanzinstitut zu werden. Mit der Fusion der beiden Traditionshäuser verkleinert sich der exklusive Klub der Schweizer Privatbanken weiter. Im März waren die Schweizer Privatbank Bank Sarasin & Cie und die Niederländische Rabobank eine strategische Allianz eingegangen. Rabobank übernahm 28% des Aktienkapitals von Sarasin.

Bei der Fusion in Genf büsst der Name Hentsch an Bedeutung ein, hiess es. Darier Hentsch entstand 1991 nach der Fusion der Privatbanken Darier und Hentsch. Diese war 1796 von Henry Hentsch als erste Genfer Privatbank gegründet worden.

In der heutigen Form verwaltet Darier Hentsch rund 40 Mrd. Franken an Vermögen, wovon 80% von Privatkunden stammen und die restlichen 20% von institutionellen Kunden.

Im vergangenen Oktober war Benedict Hentsch als Teilhaber der Privatbank im Zuge des Zusammenbruchs der Swissair-Gruppe zurückgetreten. Hentsch war zwölf Jahre lang Verwaltungsrat der Luftverkehrsholding gewesen.

400 Mrd. Franken bei Schweizer Privatbanken

Die 15 Mitglieder umfassende Privatbanken-Vereinigung schätzt, dass Schweizer Privatbanken Vermögen in der Höhe von rund vier Billionen (400 Mrd.) Franken verwalten.

Den Marktanteil sämtlicher Banken in der Schweiz bei den weltweit verwalteten Privatvermögen schätzt die Vereinigung auf rund 6%. Davon machen die 400 Mrd. Franken “Assets under Management” der Schweizer Privatbanken, die Mitglieder der Privatbanken-Vereinigung sind, rund 10% des gesamtschweizerischen Volumens.

Der Löwenanteil davon, 300 Mrd. Franken, liegt bei den jetzt noch vier Genfer Privatbanken. In den vergangenen vier Jahren bauten die Privatbanken ihren Personalbestand in der Schweiz um rund einen Drittel auf 3600 Beschäftigte aus. Doch die Börsenbaisse hat auch die Verwalteten Vermögen bei fast allen Privatbanken sinken lassen.

Eines der negativen Beispiele ist die Bank Darier Hentsch. So wird Teilhaber Jacques Rossier in der NZZ vom 29. Mai wie folgt zitiert: “Das verschlechterte Wirtschafts-Umfeld in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 31. März 2002 hat bei Darier Hentsch nicht nur die Komissions-Erträge um rund 30% fallen lassen, sondern wir müssen auch den Mitarbeiter-Bestand um rund 30 auf 400 Personen abbauen.”

Eine aussergewöhnliche Massnahme, waren doch Entlassungen bei den Genfer Privatbanken praktisch tabu.

Jules Vernes Mondreise finanziert

Odier & Cie zählt nach eigenen Angaben zu den ältesten und grössten Schweizer Privatbanken. Ursprünglich war das Institut im Kredit-und Diskontgeschäft sowie im Geldwechsel tätig. Es entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur international tätigen Geschäftsbank.

1850 gehörte Lombard Odier zu den Gründern der Genfer Börse, 1907 zu den Gründern der Schweizerischen Nationalbank und 1991 zu den Gründern der Elektronischen Börse Schweiz.

Die Bank war im 19. Jahrhundert überaus bekannt. Dies zeigt sich auch daran, dass sie 1872 von Jules Verne in seinem Buch “Von der Erde zum Mond” als eine der Banken genannt wurde, die die fiktive Mondreise finanziert hätten.

Im 20. Jahrhundert wandte sich Lombard Odier verstärkt der Vermögensverwaltung zu, die sie seit 1967 auch im institutionellen Bereich betreibt.

Heute ist Lombard Odier mit 16 Geschäftsstellen in 13 Staaten tätig, beschäftigt gut 1500 Angestellte und verwaltet Vermögen privater und institutioneller Kunden im Gesamtwert von mehr als 100 Mrd. Franken.

Genf und das Bankgeheimnis

Die Schweiz – und wegen den Privatbanken insbesondere Genf – sind seit Jahren wegen dem erodierenden Bankgeheimnis unter Druck. Während die Schweizer Grossbanken trotz dem “Swiss” in ihrem Namen auch ohne die Schweiz auskommen und ihr Bankgeheimnis nach neuen Zentren wie Dubai ausgliedern können, sind die traditionsreichen Privatbanken an den Standort Genf gebunden.

Der Finanzplatz des Kantons Genf beschäftigt über 8 Prozent der aktiven Bevölkerung respektive über 18’000 Personen.

swissinfo und Agenturen

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