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Rekordhoher Aussenhandel Deutschland – Schweiz

Keystone

Jedes fünfte aus der Schweiz exportierte Produkt geht nach Deutschland. Ende 2006 erreichten die Ausfuhren in dieses Land rekordhohe 36 Mrd. Franken.

Leicht rückläufig war dagegen die Entwicklung der Direktinvestitionen: Der Besitz von Schweizer Firmen in Deutschland fiel leicht auf 36 Mrd. Franken zurück.

Die enge Verflechtung der Schweiz mit Deutschland zeigt sich zur Zeit vor allem beim Zustrom der Deutschen, die seit der Personenfreizügigkeit und dank dem ausgetrockneten Arbeitsmarkt hier eine Beschäftigung finden.

Doch die Verflechtung mit dem Nachbarland spiegelt sich auch im Aussenhandel: Er boomt wie nie zuvor. 2006 exportierte die Schweiz für rekordhohe 36 Mrd. Franken Waren und Dienstleistungen nach Deutschland – was einer Wachstumsrate gegenüber 2005 von 14,7% entspricht.

Diese Zunahmen sind in den Monaten des laufenden Jahres bisher noch höher ausgefallen: “Die Resultate toppen alle bisherigen Rekorde”, sagt Ralf Bopp, Direktor der Handelskammer Deutschland-Schweiz, gegenüber swissinfo.

Stark verzahnt mit Deutschland

Deutschland ist mit grossem Abstand vor anderen (Nachbar-)Ländern der wichtigste Handelspartner der Schweiz: Ein Drittel aller Schweizer Importe kommen aus und ein Fünftel aller Exporte gehen nach Deutschland.

Die starke Verzahnung der beiden Länder zeigt sich nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Qualität des Austausches: Es handelt sich in grossem Umfang um Investitionsgüter, Halbfabrikate und Zulieferprodukte, und weniger um Konsumgüter.

Erstere braucht man beim Aufbau von Produktionsstätten, oder im Outsourcing, wenn Einzelteile oder Zwischenprodukte arbeitsteilig an verschiedenen Orten und in verschiedenen Ländern hergestellt werden (so genannte Just-In-Time-Produktion). Konsumgüter hingegen sind Endprodukte für den Verbraucher. Deren Handel kann auch ohne grössere Firmen-Verflechtungen erfolgen.

Dienstleistungen und Tourismus

Handelsbilanzmässig befindet sich die Schweiz gegenüber Deutschland meist im Defizit: Was den blossen Warenverkehr betrifft, importiert die Schweiz mehr aus Deutschland als sie exportiert.

Dieses übliche Defizit wird dann traditionellerweise im Dienstleistungsbereich wieder wettgemacht, namentlich im Tourismus: “Immerhin kommt fast jeder dritte ausländische Tourist in der Schweiz aus Deutschland”, schreibt die Handelskammer.

Doch die seltsame Kombination von Konjunkturboom bei stagnierender Kaufkraft führte 2006 dazu, dass laut Reiseverkehrsbilanz die deutschen Touristen in der Schweiz weniger ausgaben, obwohl sie für einen Zuwachs bei den Hotel-Logiernächten sorgten.

Kapazitätsengpässe bei Schweizer Dienstleistern

Die Deutschen haben als Gäste in der Schweiz also bei den touristischen Dienstleistungen “eingespart” und auch bei den anderen Dienstleistungen 11% weniger ausgegeben.

Andererseits verzeichnete Deutschland 2006 bei seinen Einnahmen aus Dienstleistungen, die das Land in die Schweiz exportiert, eine Zunahme um 8,9%.

Aus der engen deutsch-schweizerischen Verzahnung ergäben sich deshalb auch Abhängigkeiten, die sich in der Hochkonjunktur beschleunigt auswirken, vermutet die Handelskammer: “Der konjunkturelle Boom dürfte viele Schweizer Dienstleister aus Kapazitätsgründen im eigenen Land gehalten haben.”

Mit anderen Worten: Den Schweizer Dienstleistern fehlten entweder die zusätzlichen Mitarbeiter für die Bearbeitung des deutschen Marktes, oder sie konzentrierten sich dank hohen Inlandnachfrage bewusst auf die Schweiz.

Kapitalrückzug trotz Handelsausweitung

Ralf Bopp macht den Konjunkturboom auch mitverantwortlich für den enttäuschenden Verlauf der Direktinvestitionen. 2006 zogen Schweizer Unternehmen erstmals seit langem Kapital aus Deutschland zurück, namentlich 2,5 Mrd. Franken.

Der Besitzstand der Schweizer in Deutschland beläuft sich nun auf rund 36 Mrd. Franken (neuste Angaben aus dem Jahr 2004). Waren Unternehmen aus der Schweiz in den 90iger-Jahren noch die drittwichtigsten Investoren in Deutschland, sind sie damit auf den 6. Platz zurück gefallen.

Konjunkturell laufe eben für die Schweizer zur Zeit im angelsächsischen Raum mehr als in Deutschland, vermutet die Handelskammer. Auch sei der Einkaufsboom der Schweizer nach der Wiedervereinigung nun vorbei.

swissinfo, Alexander Künzle

Deutschland ist für die Schweiz das wichtigste Import- und Exportland.

Mehr als 20% aller Exporte gehen nach Deutschland.

Mit einem Anteil von 10,3% sind die USA für die Schweiz das zweitwichtigste Exportland.

8,9% aller Exporte gehen nach Italien, 8,6% nach Frankreich und 4,7% nach Grossbritannien.

Aus deutscher Sicht nimmt die Schweiz 3,9% der deutschen Exporte ab: das entspricht dem 10. Rang.

Der deutsch-schweizerische Handel konzentriert sich in beiden Ländern auf gewisse Regionen.

Mehr als ein Drittel der Schweizer Exporte geht nach Baden-Württemberg. Ein Viertel aller deutschen Exporte in die Schweiz stammen aus diesem Bundesland. Es folgen Nordrhein-Westfalen und Bayern.

Mit den neuen Bundesländern (im Osten) und Berlin ist der Warenaustausch nach wie vor gering.

Schweizerischerseits stammt das Gros der Importe und Exporte für Deutschland aus dem Mittelland, Zürich und Basel.

Die Schweiz ist immer noch sechstgrösster Investor in Deutschland.

Es gibt 1204 Schweizer Unternehmen in Deutschland. Diese beschäftigen 229’000 Mitarbeitende und weisen einen Jahresumsatz von 126 Mrd. Franken aus.

Inklusive Repräsentanzen und Zweigniederlassungen dürfte die Firmenanzahl doppelt so hoch sein.

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