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Schwangerschaftsabbruch-Zahlen stabil

2004 wurden in der Schweiz auf 1000 Geburten 150 Schwangerschaftsabbrüche verzeichnet. Keystone

Die Zahl der Schwangerschafts-Abbrüche in der Schweiz ist seit Einführung der Fristenlösung im Jahr 2002 nicht angestiegen.

Die Schweiz verzeichnet eine der niedrigsten Abtreibungsquoten Europas.

Im Jahr 2004 wurden 10’910 Schwangerschafts-Abbrüche durchgeführt. Dies sind rund 1400 weniger als im Jahr 2000. Sieben von 1000 Frauen im gebärfähigen Alter von 15 bis 44 Jahren liessen den Eingriff vornehmen.

Auf 1000 Geburten kamen rund 150 Abbrüche, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Freitag mitteilte. Die Statistik der Jahre 2000 bis 2004 wurde erstmals veröffentlicht.

Höchste Rate im Jahr 2001

Gegenüber 2003 ist die Zahl der Schwangerschafts-Abbrüche 2004 leicht angestiegen: Rund 100 Abbrüche mehr wurden gezählt. Die höchste Zahl wurde im Jahr 2001 mit 12’418 Abbrüchen verzeichnet.

Im Jahr 2004 waren in einem Prozent der Abbrüche die Frauen noch nicht 16 Jahre alt. 96% der Abbrüche fanden innerhalb der ersten 12 Schwangerschafts-Wochen statt.

4% nach der 12. Woche

Die 2002 eingeführte Fristenlösung erlaubt den straffreien Schwangerschafts-Abbruch in den ersten zwölf Wochen. Danach ist ein Abbruch nur zugelassen, wenn besondere Indikationen vorliegen, was laut BFS bei 4% der Fall war.

In 95% der Fälle lebten die Frauen in der Schweiz, in 5% hatten sie ihren Wohnsitz im Ausland. Rund 87% der in der Schweiz Wohnhaften liessen den Abbruch im Wohnkanton durchführen.

Grosse kantonale Unterschiede

Die vom BFS erhobenen Zahlen zeigen grosse kantonale Unterschiede. Bezogen auf die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter wurden im Kanton Genf am meisten Abtreibungen vorgenommen. 16 von 1000 Frauen entschieden sich dort für einen Abbruch.

Über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt von 7,0 liegen auch die Westschweizer Kantone Neuenburg, Waadt und Jura sowie Tessin, Basel-Stadt und Zürich. Nur 0,7 von 1000 Frauen im gebärfähigen Alter liessen im Kanton Nidwalden einen Abbruch durchführen, gefolgt von Appenzell-Innerrhoden mit 2,0 und Wallis mit 2,4.

“Der Anteil der Immigrantinnen an der Wohnbevölkerung ist die wichtigste Erklärung für die zum Teil grossen kantonalen Unterschiede”, sagt Christoph Junker vom BFS gegenüber swsissinfo. “Etwa die Hälfte der Schwangerschafts-Abbrüche werden von Frauen ausländischer Nationalität vorgenommen.”

Da die Kantone Genf und Basel-Stadt einen hohen Ausländeranteil bei der Wohnbevölkerung ausweisen, ist dort auch die Anzahl der Schwangerschafts-Abbrüche viel höher als etwa in Nidwalden oder in Appenzell Innerhoden, so Junker.

Schweiz hat gesamteuropäisch tiefe Quote

Als Abtreibungsquote wird die Anzahl der Abtreibungen pro 1000 Frauen in einer territorialen Einheit pro Jahr bezeichnet.

Gesamteuropäisch hat die Schweiz mit 7,0 (2004) eine der niedrigsten Quoten. In Deutschland betrug sie 7,7 (2004), in Frankreich 16,7 (2003), in England und Wales 17,8 (2004). Massiv höher war die Quote mit 46,8 in Rumänien (2003) und mit 55,3 in Russland (2003).

In den 25 Staaten der Europäischen Union (EU) ist der Schwangerschafts-Abbruch nur noch in fünf Ländern verboten: in Irland, Polen, Portugal, Malta und Zypern. Die portugiesische Abtreibungs-Gesetzgebung ist die repressivste.

Gemischte Reaktionen

Sowohl Gegner als auch Befürworter des straflosen Schwangerschafts-Abbruchs in der Schweiz begrüssen die Aufarbeitung der Zahlen durch das BFS. Die stabile Abbruchrate kommentieren sie unterschiedlich.

Die Schwangerschaftsabbruch-Infostelle, die aus der Vereinigung für die Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs (SVSS) hervorgegangen ist, sieht sich in ihrer Haltung bestätigt.

Anders sieht dies die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind (SHMK), welche die Fristenregelung bekämpft hatte. Sie zieht die Statistik in Zweifel.

Unter anderem werde die “Pille danach” immer häufiger eingenommen. Diese Form des “Abbruchs” sei in der Statistik nicht erfasst.

swissinfo und Agenturen

Seit dem 1. Oktober 2002 ist der Schwangerschafts-Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche auch in der Schweiz landesweit entkriminalisiert.

Dies nach einer Volks-Abstimmung, bei der die so genannte Fristenlösung von 72,2% der Stimmenden angenommen wurde.

Die Artikel 118 bis 120 des Strafgesetzbuches regeln den Schwangerschafts-Abbruch.

Bis zur 12. Schwangerschafts-Woche wird die Entscheidung der Frau überlassen, und die Abtreibung ist straffrei.

Die Frau muss dabei schriftlich eine Notlage geltend machen.

Zudem muss der Arzt oder die Ärztin ein eingehendes Gespräch führen und die Frau beraten.

In der Schweiz werden pro Tag rund 30 Schwangerschafts-Abbrüche vorgenommen.

Laut Bundesamt für Statistik waren es 2004 deren 10’910.

Bei der Hälfte der Fälle waren es chirurgische, bei der anderen Hälfte medikamentöse Eingriffe.

96% der Abbrüche fanden innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen statt.

11% der Abbrüche betrafen betrafen junge Frauen zwischen 15 und 19 Jahren.

In 95% der Fälle lebten die Frauen in der Schweiz.

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