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Schweizer Experten gestalten EU-Regeln mit

Das Schweizer Zolltrio in Brüssel (v. links n. rechts): Patrick Moraz, Claudia Brand, Pierre Nikolic. (Bild: zvg) zvg

In der Verwaltung der Europäischen Union (EU) in Brüssel arbeiten auch einige Schweizer Bundesangestellte an grenzübergreifenden Zollprojekten mit.

Unter den europäischen Kollegen gälten sie keineswegs als Aussenseiter, erzählen sie im Gespräch mit swissinfo.

Die Bundesangestellten Claudia Brand, Patrick Moraz und Pierre Nikolic werden von Bern bezahlt, arbeiten aber gegenwärtig in der Verwaltung der EU-Kommission in Brüssel.

Schweizer Staatsbedienstete im administrativen Zentrum der Europäischen Union (EU) – das ist weniger spektakulär, als es auf den ersten Blick scheint: Die drei beschäftigen sich mit dem EU-Projekt “elektronische Zollabwicklung” (e-Zoll), in das die Schweiz von Anfang an eingebunden war.

“Ein englischer Spediteur kann zum Beispiel seine Warendeklaration für Italien direkt in den Computer eingeben”, erklärt die Zollexpertin Brand das System. “So sind die italienischen Behörden schon vor der Abfahrt des Lastwagens über die Lieferung informiert.”

Gemeinsam mit dem Betriebswirtschafter Patrick Moraz arbeitet Brand für zwei Jahre in der EU-Generaldirektion “Steuern und Zollunion” in Brüssel. Pierre Nikolic von der Eidgenössischen Steuerverwaltung ist als Praktikant für fünf Monate mit von der Partie. “Wir sind bei diesem Projekt von Anfang an dabei und können es auch beeinflussen”, sagt Brand mit einem gewissen Stolz.

Willkommene Mitarbeit

Die schweizerische Mitarbeit in Brüssel sei willkommen, erzählt Brand: “Man wird hier sehr gut aufgenommen.” Die Kollegen aus den EU-Ländern würden sie keineswegs als die Aussenseiter Europas behandeln. Im Gegenteil: Schweizer gälten, ganz klassisch, als zuverlässig und fleissig.

“Natürlich gebe ich mir alle Mühe, diesem Vorurteil gerecht zu werden”, sagt sie lachend. Seit 1997 haben insgesamt zehn Angestellte des Schweizer Zolls an e-Zoll mitgearbeitet. “Wir profitieren hier vom guten Ruf unserer Vorgänger”, erklärt Moraz.

Nationale Klischees

Gängige nationale Klischees hätten oft einen wahren Kern, meint Brand: “Die Briten sind wirklich so charmant, wie man es ihnen nachsagt.” Ihre sprachlichen Nuancen seien jedoch derart fein, dass sie ein vielleicht nur leicht falsches Wort sehr persönlich nehmen können.

“Der Brite in unserem Team sorgt sich um unser Englisch”, ergänzt Moraz. Er arbeitet in einem Informatikteam, in dem das internationale Englisch der Techniker die Umgangssprache ist.

Die EU-Beamten seien sich jedoch sehr wohl bewusst, dass sie in einem multikulturellen Umfeld arbeiten, sagt Brand: “Offenheit für unterschiedliche Mentalitäten ist das beste Rezept, man muss in Brüssel den Bünzlischweizer ein wenig ablegen.” Sie sei in Brüssel flexibler geworden, könne vieles lockerer nehmen.

Die Vielfalt ist für Moraz eine der Stärken der EU-Verwaltung: “Das Personalmanagement ist sehr gut, man achtet sorgfältig darauf, für eine Aufgabe jeweils den richtigen Mann oder die richtige Frau zu finden.”

Gemeinsamer Aufbau

Der eidgenössische Steuerexperte Nikolic wird grundsätzlicher: “Mich fasziniert, dass Deutsche, Franzosen, Briten und Spanier jetzt gemeinsam Europa aufbauen, nachdem sie in früheren Zeiten so oft Krieg gegeneinander geführt hatten.”

Und doch ist Europa nach dem Nein zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden politisch in einer Krise. Spürt man das auch im Projektteam e-Zoll der EU-Verwaltung? Die Antwort von Brand fällt entschieden aus: “Ganz klar Nein. Wir haben unsere konkreten Projekte – und die werden wir auch zum Laufen bringen.”

swissinfo, Simon Thönen, Brüssel

Warenspediteure müssen gegenüber Zoll- und anderen Behörden sehr viel deklarieren: Zoll, Mehrwertsteuer, allenfalls auch Umwelt- und sanitäre Daten sowie im Zeichen der Terrorbekämpfung zunehmend sicherheitsrelevante Angaben. Ziel des EU-Projekts “elektronische Zollabwicklung” (e-Zoll): Handelsfirmen sollen bis 2012 alle Formalitäten an einem einzigen elektronischen Schalter erledigen können.

e-Zoll ist eine Weiterentwicklung des “Neuen Computerisierten Transit Systems” (NCTS), das die Länder der EU und der Efta, darunter auch die Schweiz, bereits eingeführt haben. Noch lassen sich aber nicht alle Import- und Exportformalitäten mit den EU-Ländern elektronisch abwickeln. Dies soll die nächste Etappe von e-Zoll ermöglichen.

Ein mögliches Problem für Schweizer Exporteure ist, dass die EU zukünftig aus Sicherheitsgründen eine Voranmeldung für Warensendungen fordern wird. Laut der Auskunft eines Experten auf der Schweizer Mission in Brüssel könnte sich schon bald eine pragmatische Lösung für dieses Problem abzeichnen.

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