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Schweizer Wirtschaft wegen Euro-Talfahrt zunehmend besorgt

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Die Schweizer Wirtschaft beobachtet die anhaltende Talfahrt des Euro mit Sorge. Mit 1,51 Franken nähert sich der Euro/Franken-Kurs der Schmerzgrenze. Eine weitere Aufwertung des Frankens würde die Konjunktur, die sich ohnehin abkühlt, stark bremsen.

Zur Zeit herrsche bei der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie noch keine Alarmstimmung, sagte Heinz Müller, Sprecher des Dachverbandes Swissmem am Mittwoch (20.09.). Je länger die Euroschwäche jedoch dauere, umso mehr spüre die Branche die Auswirkungen.

Maschinenbranche hofft

“Ein Wechselkurs von 1,50 Franken über mehrere Monate hinweg würde uns weh tun”, sagte Müller weiter. “Wir hoffen, dass sich der Euro- /Frankenkurs wieder in Richtung 1,55 Franken bewegt”. Über die Hälfte der Maschinenexporte gehen in den Euroraum.

Die Frankenstärke gegenüber dem Euro lasse die Margen schrumpfen und führe zu einer Verteuerung der Schweizer Produkte im Export. Sollte sie anhalten, wäre die Mitte August vorgelegte gute Prognose über den weiteren Geschäftsverlauf gefährdet.

Uhrenbranche wartet ab

Ähnlich tönt es beim Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH). Im Moment sei die Lage noch nicht dramatisch. Die florierende Konjunktur in Europa dämpfe die negativen Effekte des starken Frankens, sagte FH-Ökonom Pierre-Alain Berret.

Bei einer weiteren Aufwertung würde die Uhrenindustrie jedoch leiden. Die Branche exportierte laut Berret von Januar bis Juli 2000 Uhren im Gesamtwert von 1,6 Mrd. Franken in europäische Länder. Das waren 28,7 Prozent aller Exporte.

Warnlampen leuchten

Erste Warnlampen leuchten sieht auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Der Franken sei gegenüber dem Euro schon heute überbewertet, so SGB-Sekretär Serge Gaillard. Ein Wechselkurs von 1,55 Franken wäre derzeit aus ökonomischer Optik angemessen.

Eine weitere Frankenaufwertung würde die Konjunktur zusätzlich bremsen. Der hohe Ölpreis, das gestiegene Zinsniveau und die zu erwartende Abschwächung der Konjunktur in Europa sorgten ohnehin schon für eine Abkühlung des Schweizer Wirtschaftsmotors.

Ökonomen: Euro bleibt schwach

Ökonomen machen der Wirtschaft jedoch kaum Hoffnungen auf eine rasche Euro-Erholung. “Unser Szenario sieht einen weiteren Rückgang des Euro-/Frankenkurses auf 1,45 Franken bis Ende Jahr vor”, sagte Janwillem Acket, Chefökonom der Bank Julius Bär.

Positiv sei jedoch, dass dem schwachen Euro ein starker Dollar gegenüber stehe. Das verbillige die Exporte in den Dollarraum (inklusive Asien). So steigerte etwa die Maschinenindustrie ihre Exporte nach den USA im ersten Halbjahr um 13,8 Prozent.

Der schwache Euro werde dennoch die Exportdynamik spürbar bremsen, sagte Acket und verwies auf das hohe Handelsvolumen zwischen der Schweiz und Europa. Erst im kommenden Jahr dürfte der Euro-/Frankenkurs wieder die Marke von 1,50 Franken überschreiten.

Euro fällt auf Rekordtief

Am Mittwochabend notierte der Euro mit 1,5083/95 Franken auf dem Rekordtief. Seit seinem Start am 1. Januar 1999 hat der Euro gegenüber dem Franken über 7 Prozent an Wert verloren. Allein in den letzten zwei Wochen betrug der Verlust 2,7 Prozent.

Analysten begründeten den neuerlichen Kursrutsch mit der schwindenden Hoffnung auf eine baldige Intervention der Europäischen Zentralbank (EZB) zugunsten des Euro. Auch vom bevorstehenden Treffen der G-7-Finanzminister am Samstag (23.09.) in Prag sei kaum Hilfe für die Gemeinschaftswährung zu erwarten.

swissinfo und Agenturen

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