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Sprung über den Röstigraben

Jetzt will die FNAC auch in die deutsche Schweiz expandieren. Keystone

Nach der Eröffnung von Filialen in Genf und Lausanne bereitet die französische Buch- und Medienkette FNAC nun den Sprung über die Sprachgrenze vor.

Im Visier sind vorerst Zürich und Basel – als Testfelder für den deutschen Markt.

“Wir sind aktiv auf der Suche nach 3500 Quadratmeter Ladenfläche in der Nähe der Zürcher Bahnhofstrasse”, sagt FNAC-Direktor Christophe Fond. Ziel: bis Ende 2004 in Zürich eine oder gar zwei Filialen aufbauen. Parallel wird auch in Basel Raum gesucht. Bern lässt die FNAC aufgrund von Marktabklärungen links liegen.

Zürich als Testfeld

Der Zeithorizont sei bewusst vorsichtig gewählt und Teil einer Strategie, die langfristig den deutschen Markt anvisiert. “Wir betreten Neuland und sehen Zürich als eine Art Laboratorium”, sagt Fond. Die FNAC zieht damit die Lehren aus dem 1994 gescheiterten Versuch, in Berlin Fuss zu fassen.

Man habe damals “naiv” geglaubt, in Berlin einfach eine weiteren FNAC-Ableger eröffnen zu können, sagt Fond, der 1998 zum FNAC-Mutterhaus Pinault-Printemps-Redoute gestossen ist. Die fehlende Erfahrung in internationalen Märkten hat das Unternehmen inzwischen nachgeholt: FNAC-Läden finden sich in sieben Ländern.

Lokal verankern

Zur FNAC-Strategie gehören nicht nur die Standortwahl an wichtigen Passantenlagen, sondern auch die Anpassung an das kulturelle Umfeld. “Wir treten nicht als französisches Unternehmen auf, sondern als lokaler Akteur mit internationaler Ausstrahlung”, sagt der aus Frankreich stammende Direktor von FNAC Schweiz.

Die Eroberung der Deutschschweiz will FNAC denn nicht vom Sitz in Vernier (GE), sondern von einer noch zu gründenden Direktion in Zürich aus in Angriff nehmen. Nebst der kommerziellen Achse – der Eröffnung von mindestens fünf Standorten in der Schweiz – setzt FNAC auf kulturelle Verankerung, etwa durch Partnerschaften mit Kulturanbietern, für welche die FNAC den Ticketverkauf organisiert.

Konkurrenz schläft nicht

Gelassen sieht Marktleader Orell Füssli dem künftigen Konkurrenten entgegen. “Wir beobachten die Entwicklung wach und aufmerksam”, sagt CEO Ida Hardegger. “Aber wir richten unsere Strategie nicht in erster Linie auf die Konkurrenz aus. “Mitte November eröffnet Orell Füssli “nach intensiven Marktabklärungen” eine weitere Grossbuchhandlung am Zürcher Bellevue.

Das FNAC-Konzept sei “spannend”, die Kulturunterschiede aber gross, meint Hardegger. Zudem setze Orell Füssli – Jahresumsatz gegen 100 Mio. Franken – hauptsächlich auf das Segment Bücher, was bei FNAC nur einen Teil des multimedialen Angebots ausmacht, das auch Tonträger, DVD sowie Unterhaltungselektronik umfasst.

“Sie werden es schwer haben”, kommentiert Martin Brühwiler, Präsident des Buchhändler-Verbandes der deutschsprachigen Schweiz, die FNAC-Expansionspläne. Sowohl Zürich wie Basel weise gut am Markt eingeführte Buchhandlungen auf. Das Mehrprodukte-Konzept der FNAC relativiere aber die Konkurrenz für die Buchspezialisten.

Auf leisen Sohlen

Brühwiler hofft, dass sich der neue Player auch in der Deutschschweiz an die Branchenusanzen hält. In Genf und Lausanne nutzt die FNAC die schweizerischen Verteilnetze, obwohl sie auf eigene Strukturen in Frankreich zurückgreifen könnte. “Von dieser Strategie rücken wir nicht ab”, versichert Christophe Fond.

Das bestätigt für Pierre Genier, Regionalsekretär der Mediengewerkschaft Comedia, dass die FNAC den Schweizer Markt “auf leisen Sohlen” erobern will. Die FNAC habe bewusst vermieden, als Invasor aufzutreten. Als Arbeitgeber lockt sie das Personal zu höheren Löhnen als sie der Branchen-GAV minimal vorschreibt.

swissinfo und Theodora Peter (sda)

Seit 1994 gehört FNAC zur PPR-Gruppe
Umsatz PPR-Gruppe 2001: 27,8 Mrd. Fr.
Umsatz FNAC 2001: 3,35 Mrd. Fr.
FNAC-Läden: 60 in Frankreich und 27 im Ausland
Nach Genf kam FNAC im Herbst 2000
Vor kurzem Filiale in Lausanne eröffnet

Die FNAC nimmt im Buchmarkt eine Sonderstellung ein.

Ihr Angebot geht weit über die traditionelle Buchhandlung hinaus – mit CD, DVD, Fotoartikeln und Unterhaltungselektronik.

Jetzt wagt der französische Medienhändler den Sprung auch in die deutsche Schweiz.

In Zürich und Basel werden Räumlichkeiten gesucht.

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