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Swiss auf Kurs – auf holprigen Luftstrassen

Schwierig für die Swiss, ihr Gleichgewicht zu finden. Keystone

Die Swiss-Ankündigung, radikal Kosten einzusparen, hat ihr ein wenig Luft verschafft, die Befürchtungen von Analysten aber nicht zerstreut.

Luftfahrtberater Dieter Schneiderbauer sagt gegenüber swissinfo, die Massnahmen zeigten, dass das Management erhebliche Kostensenkungen anstrebe.

Swiss gab am Dienstag bekannt, ihre Flotte um 13 Flugzeuge zu verringern und innerhalb der nächsten 18 Monate 800 bis 1000 Jobs zu streichen.

Die Gesellschaft will so die jährlichen Nettokosten um 300 Mio. Franken vermindern, dies ab 2007.

Dieter Schneiderbauer von der Unternehmensberatung Mercer ist der Ansicht, dass die Swiss für 2006 auf Profit-Kurs sein könnte.

Seiner Meinung nach muss das Management jedoch noch einige grundlegende Fragen beantworten.

swissinfo: Die Swiss-Ankündigung folgt auf Spekulationen über die Aufteilung in zwei Luftfahrtgesellschaften oder über eine neue Billig-Strategie. Hat man da nicht mehr erwartet?

Daniel Schneiderbauer: In der Tat. Einige Leute erwarteten die Schaffung einer Tochtergesellschaft für den regionalen und europäischen Betrieb. Offensichtlich glaubt das Management, die Probleme ohne Separierung lösen zu können.

Die Verhandlungen zu den neuen Tarifverträgen werden zeigen, ob dies der Fall ist. Bis jetzt hat sich das Management auf strukturelle Ausgaben konzentriert. Aber es muss die Gesamtarbeits-Verträge revidieren, um von der Restrukturierung richtig profitieren zu können.

swissinfo: Was bedeutet diese Ankündigung wirklich?

D. S.: Es ist klar, dass Swiss nun bereit ist, entscheidende Massnahmen zu ergreifen, um das europäische Netz umzustrukturieren und die Kosten wesentlich zu senken.

Dies beinhaltet aber einige unwillkommene Massnahmen, die entweder bei den Angestellten oder bei einigen Kunden in Basel oder Genf nicht begrüsst werden.

Aber es gibt keine Alternative zur Kostensenkung, um gegenüber den Billigflug-Gesellschaften wettbewerbsfähiger zu werden.

swissinfo: Früher wurde der Swiss angelastet, zu oft die Strategie zu wechseln. Aber egal, ob den Leuten die gegenwärtige Linie gefällt oder nicht, ist die Richtung jetzt klar?

D. S.: Christoph Franz und das neue Management haben einen klaren Kurs gesetzt und folgen diesem auch. Die Swiss hat weder Zeit noch die Ressourcen, einer anderen Strategie zu folgen. Sie muss profitabel werden und ein Problem nach dem andern lösen.

Sie verkleinert nun das europäische Netzwerk und konzentriert sich zuerst auf rentable Routen und Operationen. Dies führt sie hoffentlich auf den Erfolgsweg.

swissinfo: Franz hofft jetzt, mit seiner Fluggesellschaft bis 2006 die schwarzen Zahlen zu erreichen. Ist dies realistisch?

D. S.: Das Restrukturierungs-Programm geht in die richtige Richtung, um aus der Swiss eine profitable Fluggesellschaft zu machen. Aber der Fokus liegt vor allem auf dem regionalen und dem Kurzstrecken-Netz in Europa.

Swiss muss auch ihre Strategie im Langstreckenmarkt überdenken. Das heisst, sie muss sich einer der führenden globalen Allianzen anschliessen.

swissinfo: Die Allianzfrage scheint fast in Vergessenheit geraten zu sein, seit die Gespräche mit British Airways ergebnislos endeten. Was geschieht jetzt?

D. S.: Franz hat klar gemacht, dass er erst die kritischen Probleme lösen will, bevor er sich mit den strategischen Verbindungen beschäftigt.

Das ist die richtige Haltung für die nächsten sechs bis zwölf Monate. Aber ich schätze, dass in der zweiten Hälfte 2005 das Swiss Management mit der Suche nach einer Allianz beginnen sollte.

swissinfo: Besteht da nicht die Gefahr, dass die Swiss ihre Zubringerlinien zu den Langstreckenflügen beschneidet und dadurch ihre eigene Strategie untergräbt?

D. S.: Wenn das europäische Netzwerk zu klein wird und nicht genügend Verkehr generiert, ist das tatsächlich eine Bedrohung. Man muss darüber sprechen, wenn mehr Details des Plans bekannt sind.

Ich bin jedoch der Meinung, dass man nicht nur das Netz von und nach Zürich erhalten soll, sondern dass es durch mehr Code-Share-Flüge gestärkt werden soll.

swissinfo: Swiss hat einige Tausend Jobs und einen Drittel ihrer Flotte abgebaut, schon vor den neuen Massnahmen. Wie weit muss sie noch gehen, um die richtige Grösse für ihren Markt zu finden?

D: S.: Über die abschliessende Grösse und Form der Swiss kann man heute noch nichts Genaues sagen. Wenn sie mit der Restrukturierung des regionalen und europäischen Netzes erfolgreich ist, befindet sie sich vermutlich nahe bei der Stellenbesetzung und Flottengrösse, die erforderlich sind, um kostenmässig konkurrenzfähig zu sein.

Aber der Luftfahrtmarkt in Europa und weltweit ist heutzutage so stark in Bewegung, dass man nicht voraussagen kann, ob dies der letzte Schnitt sein wird.

swissinfo: Präsentiert sich die Marktsituation im Ganzen besser?

D. S.: Im letzten Jahr zogen die Luftfahrtmärkte zum ersten Mal seit 2001 an. Die Swiss profitierte davon wie alle europäischen Fluggesellschaften.

Die am schnellsten wachsenden Fluglinien sind jene mit einer strikt fokussierten Strategie. Das sind entweder führende Billigflug-Gesellschaften oder jene, die sich auf ein grosses Netzwerk oder auf regionale Netze und Hauptrouten konzentrieren.

swissinfo-Interview: Chris Lewis
(Übertragung aus dem Englischen: Etienne Strebel)

Swiss kündigte am Dienstag an, ihre regionale Flotte um mindestens 13 Maschinen sowie 800 bis 1000 Stellen zu reduzieren.

Präsident und CEO Christoph Franz sagte, diese Massnahmen sollten die Nettokosten um 300 Mio. Franken senken und ab 2007 wirksam werden.

Für 2006 erwartet Franz schwarze Zahlen.

Luftfahrt-Berater Dieter Schneiderbauer bescheinigt der Swiss eine klarere Strategie. Damit könne sie im Europageschäft erfolgreich konkurrieren.

Seiner Meinung nach reicht die Kostenschere langfristig allein nicht aus – die Fluggesellschaft müsse ihre Suche nach einem globalen Allianz-Partner wieder aufnehmen.

Die Marktaussichten zeigen gemäss Schneiderbauer zwar nach oben, seien jedoch hochgradig instabil.

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