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Symbolträchtige Ostasien-Reise

Schweizer Beobachter am Camp-Eingang in Panmunjom, 1983 Keystone Archive

Bundesrätin Calmy-Rey ist zu einem Arbeitsbesuch in Nordkorea eingetroffen. Als erste ausländische Regierungs-Vertreterin wird sie die Grenze zwischen Nord- und Südkorea überschreiten.

Die zehntägige Ostasien-Reise wird mit Gesprächen in Peking enden.

Zum ersten Mal seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Nordkorea im Jahr 1974 ist mit Calmy-Rey ein Mitglied der Schweizer Regierung nach Pjöngjang gereist. Bei ihrer Ankunft in der nordkoreanischen Hauptstadt wurde Calmy-Rey am Freitag vom stellvertretenden Aussenminister Kim Chun Guk empfangen.

Am Wochenende hat sich Calmy-Rey in Pjöngjang für eine diplomatische Lösung im Atomstreit zwischen Nordkorea und den USA ausgesprochen.

Die Bundesrätin besichtigt zudem verschiedene Projekte der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die sich auf Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft konzentrieren.

Maurice Strong, Sonderberater von UNO-Generalsekretär Kofi Annan für Nordkorea, informierte die Bundesrätin vor ihrer Abreise über die aktuelle Lage.

Überschreiten der Demarkationslinie

Am Dienstag wird Calmy-Rey beim Grenzort Panmunjom die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea überqueren, wie Simon Hubaer, Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), im Vorfeld der Reise bestätigte.

Panmunjom liegt in der Mitte der rund vier Kilometer breiten entmilitarisierten Pufferzone zwischen den seit 1953 getrennten koreanischen Staaten.

Die Schweiz beteiligt sich seit 1953 an der Neutralen Überwachungs-Kommission (NNSC) in Panmunjom, die den Waffenstillstand kontrolliert. Rund 800 Schweizer haben dort bisher ihre Dienste zur Verfügung gestellt.

Südkorea: Besuch bei Präsident Roh

In der südkoreanischen Hauptstadt Seoul bespricht die Bundesrätin laut EDA mit Aussen- und Handelsminister Yoon und Vereinigungsminister Jong ebenfalls bilaterale Fragen sowie die politische Lage auf der Halbinsel. Auch ein Höflichkeitsbesuch bei Präsident Roh ist vorgesehen.

Kein Rahmenprogramm in China

In China will Calmy-Rey den Kontakt zur neuen Administration herstellen sowie Gespräche über bilaterale Fragen und die Situation in der Region führen. Neben dem offiziellen Gespräch mit Aussenminister Li Zhaoxing sind Höflichkeitsbesuche bei Premierminister Wen Jiabao sowie bei Staatsrat Tang Jiaxuan vorgesehen.

Der Aufenthalt wird in China wegen des SARS-Virus auf ein absolutes Minimum reduziert. Der letzte offizielle Besuch eines EDA-Vorstehers in Peking war derjenige von Bundesrat Flavio Cotti 1994. Zuletzt weilte Verteidigungsminister Samuel Schmid Ende April zu Gesprächen in China.

Für Calmy-Rey ist es die erste grosse Reise als Aussenministerin. Ursprünglich wurde die Reise vor über einem Jahr vom damaligen Aussenminister Joseph Deiss geplant.

Symbolische Reise

Beobachter rechnen nicht damit, dass die Reise Calmy-Reys zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea beitragen kann.

Laut dem Berner Politologen Hans Hirter ist das Überschreiten der Demarkationslinie vor allem eine symbolische Geste. “Die Schweiz will eine aktive Rolle spielen. Sie möchte sich deshalb der Welt als ein dynamischer Partner bei der Suche nach Frieden und Freiheit präsentieren.”

Wirklichen Einfluss hätten kleine westliche Staaten wie die Schweiz jedoch nicht. “Nur die Vereinigten Staaten, China und die beiden Korea haben die Macht, die bestehende Situation zu verändern.”

swissinfo und Agenturen

Für Micheline Calmy-Rey ist es die erste grosse Reise als Aussenministerin.
Ursprünglich wurde die Reise vor über einem Jahr vom damaligen Aussenminister Joseph Deiss geplant.

Korea ist seit 1945 geteilt, die beiden Staaten führten von 1950 bis 1953 Krieg gegeneinander. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag.

Die Schweiz beteiligt sich seit 1953 an der Neutralen Überwachungs-Kommission (NNSC), um den Waffenstillstand zu kontrollieren.

Auf der südkoreanischen Seite, im Grenzdorf Panmunjom, sind seit 1953 bis heute Schweizer und Schweden stationiert.

Heute versehen je fünf Schweizer und fünf Schweden ihren Dienst in der NNSC.

Mit Südkorea unterhält die Schweiz seit 1962, mit Nordkorea seit 1974 diplomatische Beziehungen.

Die Schweiz beteiligt sich mit 4 bis 5 Mio. Franken jährlich an der Entwicklungshilfe für Nordkorea.

Nordkorea gehört wegen seines Atomprogramms in den Augen von US-Präsident George W. Bush zur “Achse des Bösen”.

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