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Top-Banker verteidigt Finanzplatz Schweiz

Laut Pierre Mirabaud hat die Schweiz noch einige Trümpfe in der Hand. Keystone

Pierre Mirabaud, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, zeigte sich am Bankiertag zuversichtlich, dass der Finanzplatz Schweiz die richtigen Lehren aus der Finanzmarktkrise ziehen und daraus gestärkt hervorgehen wird.

Mirabaud räumte ein, das Jahr 2008 werde als “Annus horribilis” in die Annalen eingehen, doch Krisen seien auch eine Chance, nicht nur ein Risiko.

Die internationale Reputation des Finanzplatzes Schweiz habe aus seiner Sicht keinen Schaden genommen: “Ich frage mich, wann wir endlich damit aufhören, uns selber schlecht zu machen”, sagte Mirabaud.

“Meine Zuversicht kommt davon, dass unser Ansehen in der Welt immer noch sehr gut ist. Ich glaube nicht, dass wir in anderen Ländern das Vertrauen verloren haben”, sagte Mirabaud gegenüber swissinfo.

“Die Schweiz hat viele Trümpfe in der Hand. Unsere Fachkompetenz im Geldmanagement ist angesehen und intakt. Ich sehe trotz der globalen Finanzkrise keinen Grund, wieso diese Fachkompetenz in Gefahr sein sollte.”

Im Gegensatz zu anderen Ländern habe die Schweiz den Banken nicht mit öffentlichen Geldern zu Hilfe eilen müssen, weil neue und auch bisherige Aktionäre das Aktienkapital aufgestockt hätten. Mirabaud spielte damit auf die grösste Schweizer Bank, die UBS an, jene europäische Bank, die am meisten von der amerikanischen Suprime-Krise betroffen ist.

“Gesund”

“Schlussendlich bin ich stolz auf all die zahlreichen Schweizer Banken, die nicht direkt von der Krise betroffen sind. Der Finanzplatz Schweiz ist gesund. Wir haben ein gut kapitalisiertes, krisenresistentes Bankensystem.”

Gleichzeitig müsse man aus der Krise lernen, so Mirabaud: “In der Euphorie zu Beginn dieses Jahrhunderts ging nicht nur in der Schweiz viel Bodenhaftung verloren. In allen Finanzsystemen gab es extreme Anreize für kurzfristige Resultate. Die Leute vergassen darob den Sinn für langfristige Entwicklungen.”

Bankgeheimnis

Mirabaud kam auch auf das Bankgeheimnis zu sprechen, insbesondere auf die deutschen Steuerflüchtlinge, die ihr Geld in Liechtenstein angelegt haben.

Ohne Namen zu nennen, sagte er: “Da wurde völlig klar, dass der grosse Nachbar eines der kleinsten Länder der Welt mit rechtlich extrem dubiosen Methoden seine Forderungen geltend machen wollte.”

Da seien die Schweinwerfer umgehend auch auf die Schweiz gerichtet worden. Der Angriff auf die Privatsphäre der Bürger beunruhige ihn.

Mirabaud unterstrich, die Schweiz mache einen Unterschied zwischen strafrechtlich nicht verfolgter Steuerhinterziehung und dem strafrechtlich relevanten Steuerbetrug. “Dieses System kennen wir aus jenen Zeiten, als es die EU noch nicht gab.”

Über die Zukunft des Bankgeheimnisses habe einzig der Schweizer Souverän zu entscheiden und nicht “Apparatschiks in Brüssel, Senatoren in Washington oder OECD-Bürokraten in Paris”.

swissinfo, Robert Brookes
(Übertragung aus dem Englischen: Andreas Keiser)

Die Fussball-Euro hat es wieder gezeigt. In der Schweiz gibt es 7 Millionen Fussballtrainer. Und die Finanzkrise hat gezeigt, dass es ebenfalls fast so viele Bankstrategen gibt.

Ich möchte weiterhin in einem Land leben, in dem man sicher sein kann, dass, wenn es morgens um 6 Uhr klingelt, der Milchmann vor der Türe steht und nicht von Kameraleuten begleitete Steuerfahnder.

Etwas zugespitzt ausgedrückt, scheint es in Europa Staaten zu geben, in denen ein mutmasslicher Steuerbetrüger in der Hierarchie von Straftätern weniger Rechte geniesst als ein potentieller Terrorist oder Drogenhändler.

Am Freitag stellte die US-Regierung eine Auffanggesellschaft für riskante Papiere und faule Kredite in Aussicht.

Am Donnerstag wurde die grösste britische Hypothekenbank, die Halifax Bank of Scotland (HBOS), von ihrer Konkurrentin Lloyds TSB übernommen.

Am Mittwoch übernahm der US-Staat den illiquiden Versicherungsgiganten AIG für 85 Mrd. Dollar.

Am Montag brach die US-Investmentbank Lehman Brothers unter einem Schuldenberg von 600 Mrd. Dollar zusammen. Gleichentags übernahm die Bank of America die Konkurrentin Merill Lynch.

Anfang Monat rettete die US-Regierung die Hypothekarbanken Fannie Mae und Freddie Mac.

Im März wurde Bear Stearns unter Beihilfe der US-Behörden durch J.P. Morgan Chase übernommen.

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