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UBS: Beginn einer möglichen Kehrtwende?

UBS CEO Grübel kann endlich wieder einmal lachen. Keystone

Das Wort "Normalität im Betrieb" ist die beste Botschaft, die sich die UBS seit Jahren wünschen kann. Zwar fliessen immer noch Kundengelder ab, wenn auch weniger. Schritt um Schritt gesundet die einst grösste Bank der Schweiz.

Vor rund 18 Monaten stand die UBS vor einem Abgrund, mit 21 Mrd. Franken Verlusten für 2008 und einem US-Steuerhinterziehungs-Skandal am Hals.

Am Dienstag hat die UBS nun, sechs Wochen nach der Beilegung des US-Steuerstreits, zum dritten Mal Quartalsgewinne ausgewiesen und den Abfluss der Kundengelder vermindern können.

“Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling”, kommentiert heute der Tages-Anzeiger dieses positive Resultat. “Quartalszahlen sind gut – über eine nachhaltige Entwicklung sagen sie nichts aus.”

Die alte Führung habe viel zu viel Schaden angerichtet, als dass man nach drei Quartalsergebnissen mit schwarzen Zahlen zur Tagesordnung übergehen könnte.

Dass noch immer Kundengelder in der Vermögensverwaltung (“Asset Management”) abfliessen, sei der Beleg dafür, dass das Vertrauen noch nicht wieder hergestellt sei.

UBS-Chef Oswald Grübel, seit Februar vor einem Jahr daran, die Bank wieder flott zu kriegen, gab sich am Dienstag vor den Medien natürlich sehr zufrieden: “Wir haben etwas mehr getan als nur das Steuer herumgerissen. Das hatten wir im letzten Quartal des vergangenen Jahres gemacht.”

“Wenn Sie unsere Zahlen des 2. Quartals mit jenen unserer Konkurrenz vergleichen, dann sehen Sie, dass wir normal arbeiten.”

“Normal” ist fast schon untertrieben, bedenkt man, dass die UBS alle Erwartungen übertroffen hat und mit 2 Milliarden Franken Quartalsgewinn auch die grosse Konkurrentin Credit Suisse geschlagen hat.

Die Aargauer Zeitung drückt es deshalb anders aus: “Die UBS hat von April bis Juni die Konkurrenz abgetrocknet. Zum ersten Mal seit Anfang 2008.”

“Aus dem Strom wurde ein Bach”

“Die neuesten Resultate bestätigen, dass sich die UBS auf gutem Weg befindet, ihre Reputation ins Positive zu kehren und im Bereich der Kundengelder aus dem Negativen zu finden”, kommentiert die Bank Sarasin. Sie schätzt, dass dies im zweiten Halbjahr der Fall sein wird.

Auch die Aargauer Zeitung hebt die Bedeutung der Kundengelder heraus. “Noch ist bei der wichtigsten Bank des Landes nicht alles so, wie es sein sollte (…). Die UBS verliert nach wie vor Kundengelder. Aber aus dem Strom wurde ein Bach.”

Und, im Zusammenhang mit der Eurozonen-Schuldenkrise äusserst interessant: “Die UBS hat die Krise um die Anleihen europäischer Staaten besser verkraftet als die Investment-Sparten der Konkurrenz.” Im Investment-Banking hatte sie also mehr Verstand – oder Glück.

Auch Hans Geiger, emeritierter Professor am Schweizer Bankeninstitut der Uni Zürich, glaubt, dass die UBS zuerst die Kundengelder in Griff bekommen müsse, bevor sie von einem Turnaround sprechen könne.

“Es sind vier Aspekte bei der UBS zu beachten”, sagt er gegenüber swissinfo.ch. “Die Bank ist erstens profitabel, zweitens besser gegen Risiko kapitalisiert und drittens hat sie ihre rechtlichen Probleme im Griff. Aber viertens wird es etwas länger dauern, bis die Kundengelder netto wieder zufliessen.”

Auch Geiger glaubt, dass es bis Ende Jahr soweit sein wird. Dann jedoch müssten neue Vermögen angezogen werden, um mit dem Niveau der Konkurrenz gleichzuziehen – und das dauere wohl eine Weile.

Schrittweise Gesundung

“UBS gesundet Schritt um Schritt” schreibt die Neue Zürcher Zeitung, und weist darauf hin, dass die “wackeligsten Positionen aus der US-Immobilienkrise weitgehend abgebaut sind”.

“Die UBS hat ihre potenziell tödliche Krankheit überstanden – dank gütiger Mithilfe von Väterchen Staat, wie man nicht so schnell vergessen sollte.”

Komplett gesundet sei die UBS jedoch noch nicht. Die Trendwende sei noch nicht geschafft, rücke jedoch mit jedem solid wirkenden Quartal und der Absenz grosser Pannen wieder ein Stück näher.

Politisch noch nicht aus dem Schneider

Ein Entscheid des Parlaments bezüglich UBS-Kundendaten hat dazu beigetragen, den schädlichen Steuerstreit mit den USA langsam zu kanalisieren (Plazet zum Staatsvertrag). Er hatte in den vergangenen Jahren den gesamten Schweizer Finanzsektor in Mitleidenschaft gezogen.

In letzter Zeit musste sich eher die UBS-Konkurrentin Credit Suisse mit dem Thema herumzuschlagen: Ihre Büros in Deutschland sind kürzlich von den Steuerbehörden durchsucht worden.

Auch die NZZ sieht die Vergangenheit als “noch nicht abgehakt”. Die UBS werde noch öffentliche Aufklärung als Antwort auf den Bericht der Parlamentarischen Geschäftsprüfungskommission liefern müssen.

Und auf die Grossbanken kämen schärfere Regeln für Eigenmittel und Organisationsstrukturen zu – und zwar nicht nur international, sondern verstärkt noch in der Schweiz.

swissinfo.ch, Matthew Allen und Alexander Künzle

(2. Quartal 2009, 1. Q. 2010, 2. Q. 2010, in Mio. Fr.)

Geschäftsertrag: 5770, 9010, 9185.

Ergebnis vor Steuern: -1323, 2810, 2614.

Investmentbank: -1846, 1190, 1314.

Konzernergebnis: -1108, 2208, 2303.

Verwaltete Vermögen (Mrd. Fr.): 2250, 2267, 2180.

Neugelder (Mrd. Fr.): -39,5, -18,0, -4,7.

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