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Unterstützung der Familie als Fundament des Staats

Sparen bei den Autobahnen: Marianne Streiff. EQ Images

Die Evangelische Volkspartei hat zwei Sitze im Parlament. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bei den Wahlen im Herbst 2011 den Wähleranteil mindestens zu verdoppeln. swissinfo.ch hat sich mit EVP-Nationalrätin Marianne Streiff unterhalten.

swissinfo.ch: Welche Prioritäten will Ihre Partei in der kommenden Legislaturperiode verfolgen?

Marianne Streiff: Wir wollen uns einsetzen für eine familienfreundliche Schweiz. Die Familie ist die Grundlage unseres Staats und wir sind überzeugt, dass die Familien in gewissen Bereichen benachteiligt sind.

Weiter wollen wir uns einsetzen für eine gesunde Schweiz. Das Wachstum der Krankenkassenprämien wollen wir stoppen.

Zudem wollen wir eine nachhaltige Schweiz, also eine Schweiz mit einem verringerten Energieverbrauch. Wir wollen eine solidarische Schweiz und haben das Ziel, die Armut weltweit zu halbieren.

swissinfo.ch: In welchen Bereichen muss Ihrer Ansicht nach der Bund sparen und wofür soll er künftig mehr Geld ausgeben?

M.S.: Zuerst einmal sind wir gegen weitere Steuersenkungen. Mehr investieren müssen wir in die Bildung, denn davon hängt auch unsere Zukunft ab. Sparen können wir bei den Infrastrukturkosten.

Dabei denke ich vor allem an die Autobahnen. Da müssen wir uns gut überlegen, ob wir noch weiter ausbauen sollen.

swissinfo.ch: Welchen Weg soll die Schweiz in der Europa-Frage verfolgen?

M.S.: Ich denke, wir sind bezüglich der Bilateralen Verträge nicht in einer schlechten Ausgangslage. An diesem Weg können wir festhalten. Wir müssen einfach nicht klein beigeben und uns nicht schlecht machen lassen.

swissinfo.ch: Soll die Schweiz ein weiteres KKW bauen als Ersatz für die alten Werke oder soll sie auf die neuen erneuerbaren Energien setzen?

M.S.: Für uns ist klar, dass die alten KKW möglichst bald stillgelegt werden müssen. Die Kernkraft ist aus unserer Sicht keine künftige Energie. Wir wollen keine neuen KKW und aus dieser Technologie aussteigen.

Die Kernkraft ist im höchsten Mass lebensbedrohend und verursacht immense Langzeitschäden auch für die Umwelt, wenn etwas passiert.

Deshalb wollen wir die Mittel, die man für die KKW verwenden würde, eben lieber in die Förderung von erneuerbaren Energien einsetzen und alles daran setzen, dass man in diesem Bereich vorwärts kommt.

swissinfo.ch: Welchen Auftrag soll die Armee künftig wahrnehmen und mit welchen Mitteln und welchem Truppenbestand soll sie das tun?

M.S.: Die Armee steckt ja mitten in einem Umbruch. Das wirft viele Fragen auf. Die politische Bedrohungslage hat sich in den letzten zwanzig Jahren massiv verändert.

Der Terrorismus kann ja auch unser Land bedrohen. Wir sind keine Insel, an der alles Negative vorbeigeht, und ich bin sicher, dass wir eine gute Armee brauchen.

Diese muss nicht mehr so gross sein wie sie heute ist. Da müssen wir das richtige Mittelmass finden. Aber ich bin ganz klar dafür, dass wir unsere Armee behalten und an der Wehrpflicht festhalten.

swissinfo.ch: Welches ist die Position ihrer Partei zu Fragen der Einwanderung und Integration von Ausländern in der Schweiz?

M.S.: Migrations- und Asylpolitik wird oft verwechselt. Nur ein kleiner Teil der ausländischen Bevölkerung sind Asylsuchende. Bei den meisten handelt es sich um Arbeitnehmende und ihre Familien, die hier in der Schweiz leben.

Bei Asylsuchenden ist es für uns ganz wichtig, dass rasch entschieden wird. Politische Flüchtlinge – da ist die EVP klar dafür – sollen und wollen wir aufnehmen. Aber Wirtschafts-Flüchtlinge lehnen wir ab. Da muss man rasch entscheiden, nicht dass sie sich zuerst integrieren.

Als Gegenmittel sehen wir eine Erhöhung der Entwicklungshilfe in den Herkunftsländern von wirtschaftlichen Asylsuchenden. So könnte man der Entstehung von Migrationsströmen etwas entgegensetzen.

Wenn aber jemand aufgenommen wird, muss diese Person rasch integriert werden: Fordern und Fördern, zum Beispiel mit obligatorischen Integrations-Vereinbarungen und Sprachkursen, in denen auch über Bräuche sowie Rechte und Pflichten informiert wird, sind für uns ganz wichtige Massnahmen.

Auch fremdsprachige Migrantinnen und Migranten, die als Arbeitskräfte hier sind, müssen mit solchen Massnahmen integriert werden. Ausserdem ist ganz wichtig, dass der Familiennachzug früh stattfindet, damit die Kinder hier schon in die Schule gehen und auch ihre Ausbildung hier gut absolvieren können. Je später ein Kind hierherkommt, umso schwieriger werden die Startmöglichkeiten zur Integration für diese Jugendlichen.

swissinfo.ch: Wie wollen Sie die Beziehungen zwischen den Auslandschweizern und den politischen Institutionen in ihrem Heimatland verbessern?

M.S.: Es ist wichtig, dass wir uns dafür einsetzen, dass die politische Anteilnahme der Auslandschweizer vereinfacht wird und dass wir ihnen nicht noch Steine in den Weg legen.

Deshalb bin ich dafür, dass wir das E-Voting vereinfachen und dass wir bereit sind und ein offenes Ohr haben, um Hindernisse abzubauen.

Die Evangelische Volkspartei der Schweiz wurde 1919 gegründet. Seither ist sie im nationalen Parlament vertreten.

Seit den Wahlen 2007 hat die Partei zwei Sitze im Nationalrat (2,4 Prozent Wähleranteil). Ziel sind 5 Sitze und damit das Erreichen der Fraktionsstärke.

Die EVP ist in 14 Kantonen der Deutschschweiz vertreten. Seit 1996 existieren auch Kantonalsektionen in der französischsprachigen Schweiz.

In den kantonalen Parlamenten hat die Partei insgesamt 50 Sitze.

Marianne Streiff wurde 1957 geboren. Die Bernerin ist Lehrerin und war während mehr als 20 Jahren im Schuldienst tätig.

2008: Abschluss in “Public Affairs Management” an der HWZ Zürich.

1998 wurde sie in den Grossen Rat des Kantons Bern (Legislative) gewählt. Von 2004 bis 2010 war sie in Köniz Gemeinderätin (Exekutive).

Seit September 2010 ist Marianne Streiff Nationalrätin der Evangelischen Volkspartei der Schweiz.

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