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Vergleich UBS-USA steht

Keystone

Der Steuerstreit zwischen der UBS und der US-Steuerbehörde IRS wird aller Voraussicht nach nicht vor Gericht ausgetragen. Die Parteien haben sich auf einen Vergleich geeinigt, wie sie in einer Telefonkonferenz mit Richter Alan Gold bekannt gaben.

Der Vergleich ist unterschriftsreif, wie der Anwalt der US-Justizbehörden, Stuart Gibson, in der Telefonkonferenz vom Mittwochmorgen (Ortszeit) sagte.

Auf die Frage von Richter Gold: “Yes or no?” antwortete Gibson: “The answer is yes.”

Gibson sagte, dass ein Abkommen zwischen der Schweizer Grossbank und den USA ausgearbeitet worden sei. An den Details müsse aber noch weiter gefeilt werden, bis es unterzeichnet werden könne.

Über den Inhalt des Vergleichs wurde weiter nichts bekannnt. Laut der US-Steuerbehörde IRS sollen sie nächste Woche bekannt gegeben werden.

Die amerikanischen Steuerbehörden forderten in einer Klage im Februar dieses Jahres Zugang zu tausenden Kontodaten mutmasslicher Steuerbetrüger.

Die UBS und die Schweiz machten geltend, dass die Aushändigung das Schweizer Bankgeheimnis verletzen würde.

Ein Grundsatzvergleich zeichnete sich schon vor zwei Wochen ab, als der Anwalt der UBS, Gene Stearns, dem Richter sagte, man sei “Minuten von einer Lösung entfernt”. Dann schienen sich die Streitparteien aber nicht über die Details einigen zu können.

Gerichtstermin abgesagt

In der Telefonkonferenz bat Gibson denn den Richter auch erneut um etwas Zeit, um die letzten Stolpersteine aus dem Weg räumen zu können, bis die Unterschriften unter das Dokument gesetzt werden.

Zu einer Gerichtsverhandlung wird es voraussichtlich nicht mehr kommen. Die Parteien werden dem Richter gemeinsam schriftlich den Vergleichstext sowie eine Bitte um Abweisung der Klage einreichen. Wann genau dies geschehen wird, ist noch nicht klar. Die auf Montag angesetzte Gerichtsverhandlung wird von Gold abgesagt.

Stearns dankte dem Richter für seine Geduld im langwierigen Verfahren und für seine Bemühungen, die beiden Parteien zu einer aussergerichtlichen Einigung zu bringen. “Wir entschuldigen uns für den Schaden, den wir in Ihrem Kalender angerichtet haben”, sagte Stearns.

Tausende von Namen zu erwarten?

Der Vergleich im US-Zivilverfahren gegen die UBS wird nach Einschätzung des amerikanischen Steueranwalts William Sharp die substanzielle Herausgabe von weiteren UBS-Kundendaten an den Fiskus zur Folge haben.

“Ich vermute, dass die USA in einen Vergleich ohne grosse Geldstrafe nicht eingewilligt hätten, wenn sie nicht mehrere Hundert oder gar Tausende von Namen erwarten könnten”, sagte Sharp, der in Florida die Interessen von amerikanischen UBS-Kunden vertritt.

Und weiter: “Die USA werden das Schweizer Recht und das Bankgeheimnis sicher in einem fairen Ausmass achten. Ich bin aber überzeugt, dass die Schweizer die Ausnahmen zum Bankgeheimnis ziemlich breit interpretieren werden, um eine substanzielle Herausgabe von Daten von amerikanischen UBS-Kunden zu ermöglichen.”

Angesprochen auf die Konsequenzen für amerikanische UBS-Kunden stellte der Anwalt fest. “Unser Telefon läuft seit Morgen heiss. Die Kunden merken, dass die freiwillige Deklaration der einzige Weg ist, um nicht unter die Räder zu geraten”, sagte Sharp.

UBS und EJPD erfreut

Die UBS und das Eidgenössische Justizdepartement (EJPD) begrüssten jedenfalls am späten Nachmittag die Einigung der Parteien auf einen Vergleich.

Die UBS bedankte sich bei der Schweizer Regierung und der Schweizer Delegation für ihren Einsatz. Eine öffentliche Stellungnahme werde die Bank aber erst nach der offiziellen Unterzeichnung des Abkommens abgeben, hiess es in der UBS-Mitteilung.

Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf wertete das Resultat als Erfolg aller Beteiligten: “Ich stelle mit Zufriedenheit fest, dass es gelungen ist, die Angelegenheit mit einem Kompromiss zwischen zwei souveränen Rechtsstaaten beizulegen”, wird die Justizministerin in der EJPD-Mitteilung zitiert. Dies sei im Interesse beider Staaten.

Bankiervereinigung erfreut und erleichtert

Auch die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat den gelungenen Vergleich über die Zivilklage der US-Steuerbehörde IRS gegen die UBS erfreut zur Kenntnis genommen. Es sei sehr wichtig, dass ein langwieriger Prozess vermieden werde, der negativ für die UBS und den Finanzplatz gewesen wäre, sagte SBVg-Sprecher Thomas Sutter am Mittwoch in einer ersten Stellungnahme.

“Wir erwarten, dass in dem Deal die Schweizer Rechtsordnung eingehalten wird, haben aber noch keine Details und können entsprechend noch keinen Kommentar abgeben”, sagte Sutter weiter.

Parteien warten auf Einzelheiten

Die grossen politischen Parteien haben die definitive Einigung zwischen der Schweiz und den USA auf einen aussergerichtlichen Vergleich im Fall UBS am Mittwoch grundsätzlich begrüsst.

Finanzspezialist und Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Hans Kaufmann, sprach von einer Atempause, die mit dem Vergleich ermöglicht werde. Dennoch sei die Sache nicht ausgestanden. Kaufmann ist überzeugt, dass seitens der USA weitere Erpressungen auf den Schweizer Finanzplatz zukommen.

Bei der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und der Christlichdemokratischen Partei (CVP) wurde die Einigung zunächst nicht weiter kommentiert, da die Einzelheiten des Vergleichs ja noch nicht bekannt seien.

Es brauche jetzt dringend mehr Informationen über den Inhalt und die Kosten für die Aushandlung des Deals, forderte auch die Sozialdemokratische Partei (SP) in einer Stellungnahme. Schon jetzt aber sei klar, dass die Fehler der UBS und der Steuerstreit dem Ansehen der Schweiz und ihrem Finanzplatz immensen Schaden zugefügt hätten.

swissinfo.ch und Agenturen

Im Mai 2008 war den US-Behörden ein Fisch ins Netz gegangen, auf den sie lange gewartet hatten: Eine Untersuchung der Steuerbehörde IRS zu den Tätigkeiten des russischen Immobilienhändlers Igor Olenicoff trug den Ermittlern den Namen seines Privatbankiers Bradley Birkenfeld ein.

Dem ehemaligen Direktor der Private-Banking-Abteilung konnte nachgewiesen werden, im Ausland betrügerische Anlagefonds und Firmen gegründet zu haben, um rund 150 Mio. Dollar an Vermögen reicher Klienten wie Olenicoff zu verbergen.

Im Februar 2009 beugte sich die UBS dem Druck. Nach einer Finma-Verfügung übergab die Bank Daten von rund 250 Kunden, die des Steuerbetrugs verdächtigt wurden. Zudem zahlte sie eine Busse von 841 Mio. Fr.

Danach doppelten die US-Behörden mit der nun hängigen Zivilklage nach. Sie verlangen von der UBS Angaben zu 52’000 Konten, deren Besitzer der Steuer-Hinterziehung verdächtig werden.

Die UBS argumentierte, mit einer Herausgabe der Daten würde Schweizer Recht(Bankkundengeheimnis) verletzt. Die Klage sollte daher aus Respekt vor Rechtssprechung und Souveränität eines anderen Staates nicht weiter verfolgt werden.

Dies vertritt auch die Schweizer Regierung, die selber juristisch nicht Prozesspartei ist.

Am 13. Juli erreichten die Parteien im Rechtsstreit einen Aufschub des Prozessbeginns bis am 3. August. Dieser sollte eine aussergerichtliche Einigung erleichtern.

Am 31. Juli traf Aussenministerin Micheline Clamy-Rey in Washington mit ihrer US-Amtskollegin Hillary Clinton zusammen. Dabei ging es unter anderem um den Rechtsstreit.

Am 7. August gewährte US-Richter Alan Gold einen weiteren Aufschub im UBS-Steuerstreit.

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