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Weiterer Aderlass bei Swisscom, Post und SBB

Nicht nur bei Swisscom werden Stellen abgebaut. Keystone

Die vom Bund dominierten Swisscom, Post und SBB werden auch in den nächsten Jahren Stellen abbauen. Heute beschäftigen sie rund 100'000 Personen.

Swisscom hatte vergangenen Montag einen Abbau von über 1000 Stellen für dieses Jahr angekündigt.

Die Post erwartet für das abgelaufene Jahr einen Rückgang des Reingewinns um gut 12% auf 170 Mio. Franken. Im laufenden Jahr soll der Überschuss wieder leicht auf 175 Mio. Franken steigen, und der Umsatz um 123 Mio. auf 6,4 Mrd. Franken wachsen.

Dies entspricht einer Umsatzrendite von “lediglich 2,7%”, wie Heinz Hostettler von der Abteilung Finanzen in der jüngsten Ausgabe der Personalzeitung “Die Post” schreibt. Damit sei das langfristige Überleben der Schweizerischen Post nicht gesichert.

Denn die steigenden unternehmerischen Risiken erforderten eine Umsatzrendite von 4 bis 5%. So könne die vom Bundesrat als Eigentümer verlangte Wertsteigerung nicht erreicht werden.

Briefpost erstmals mit Verlust

Erstmals einen Verlust budgetiert die Post im Geschäftsfeld Briefpost wegen Abgeltungen von steigenden Infrastrukturkosten. Auch das Geschäftsfeld Güter und Logistik dürfte wegen der defizitären Paketpost wiederum rote Zahlen schreiben. Zum Gewinn trügen vor allem die Geschäftsfelder Finanzdienstleistungen und International bei, schreibt Hostettler.

Die budgetierten selbst erarbeiteten Mittel (Cash Flow von 440 Mio. Franken) genügten zwar, um die Investitionen (300 Mio. Franken) vollumfänglich zu finanzieren.

Ausserdem könne die Verschuldung der Post leicht abgebaut werden. Da es aber notwenig sei, die schmale Eigenkapitalbasis zu verstärken, sehe die Post für 2003 keine Gewinnablieferung an den Bund vor.

Personalkosten senken

Der Aufwand der Post entwickle sich im Gleichschritt mit dem Umsatz. Für einen höheren Gewinn will die Post den Hebel weiterhin auch bei den Personalkosten ansetzen. Insgesamt werde der Stellenbestand vor allem im Kerngeschäft Briefe und Pakete im Inland rückläufig sein, sagte Post-Chef Ulrich Gygi in einem im “SonntagsBlick” erschienenen Interview.

Die Post forciere neue Dienstleistungen wie Direct Marketing, elektronische Rechnungsstellung und Bezahlung, Hybridpost oder Mail Room Service. “Und wir möchten im Ausland wachsen, so im Briefbereich und logistischen Gesamtlösungen”, sagte Gygi.

Auch bei den SBB weniger Stellen

“Leicht reduzieren” wird sich der Personalbestand in den nächsten fünf Jahren auch bei den SBB, den Schweizerischen Bundesbahnen. Der Abbau werde aber viel moderater sein als in der Vergangenheit, sagte SBB-Chef Benedikt Weibel dem “SonntagsBlick”.

“In einzelnen Bereichen ist ein Stellenabbau unausweichlich, so wegen der Automatisierung älterer Stellwerke.” Laut Weibel schaffen die SBB in anderen Bereichen aber auch neue Stellen, etwa bei den Lokführern oder im Zusammenhang mit der neuen Funktion “Zugchef S-Bahn”.

Bei Swisscom Abbau und kaum neue Stellen

Swisscom-Chef Jens Alder, dessen Konzern am vergangenen Montag den Abbau von über 1000 Stellen angekündigt hatte.

“Regulierung und Konkurrenz führen auch künftig zu Kostendruck und erfordern eine weitere Rationalisierung. Weitergehende Entscheide zu Struktur-Anpassungen als die bekannt gegebenen sind keine gefallen”, sagte Alder dem “SonntagsBlick”.

Unter dem Strich werde die Swisscom in den nächsten Jahren in der Schweiz aber kaum neue Stellen schaffen können.

Laut “SonntagsZeitung” spricht ein internes Swisscom-Papier von einer Zielgrösse von nur noch 12’000 bis 13’000 Beschäftigten beim Telekommunikations-Konzern. Heute sind es noch 17’300.

Das hätte einen weiteren Abbau von über 3000 Stellen zur Folge, über die 1050 hinaus, die am vergangenen Montag bekannt gegeben worden waren.

Laut Aussagen eines Kadermitgliedes handelt es sich dabei um eine konkrete Vorgabe. Durchgeführt werde der Abbau aber erst nach Auslaufen des bis Ende 2004 geltenden Gesamtarbeitsvertrags mit seinen teuren Sozialplänen. Derzeit kostet die Swisscom jede Entlassung mindestens ein Jahressalär.

Mit Stellenabbau Aktienkurse hochtreiben

Swisscom-Chef Jens Alder hatte mit seiner Ankündigung, trotz Milliarden-Gewinnen Tausende von Stellen abzubauen, letzte Woche eine Welle von Empörung und Gewerkschafts-Protesten ausgelöst.

Laut “SonntagsZeitung” ist mittlerweile klar, dass auch Eigennutz die Swisscom-Spitze dazu treibe, den Abbau zu forcieren. Bekanntlich reagiert die Börse positiv auf Entlassungs-Ankündigungen.

Demnach müsse Alder den Kurs der Swisscom-Aktie mit allen Mitteln hochtreiben. Sonst riskierten er selbst, der Verwaltungsrat und das Management die Millionengewinne aus einer Reihe von Beteiligungs-Programmen, welche die Swisscom seit dem Börsengang 1998 aufgelegt habe.

swissinfo und Agenturen

Swisscom hat derzeit 17’300 Angestellte

Post: 56’000 Angestellte

SBB: 28’000 Angestellte

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