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Ausbaupläne für Walliser Skigebiet in der Schublade

Die vier Ernergalen-Skilifte werden auch in Zukunft keinen Hochbetrieb haben. Keystone

Die Ausbaupläne für das Walliser Skigebiet Ernergalen werden schubladisiert. Der starke Schweizer Franken wird dafür verantwortlich gemacht. Der Betrieb der vier Lifte, die letzten Winter bereits stillstanden, wird wohl für immer eingestellt werden.

Es ist ein enttäuschendes Ende für ein ehrgeiziges Projekt. Ihren Anfang genommen hat die Geschichte damit, dass sich ein britischer Investor auf einen Zeitungsartikel hin meldete. Es ging um den Verkauf des Skigebiets Ernergalen. Lifte, Pisten und Beschneiungsanlagen sollten zum symbolischen Preis von einem Franken an jemanden verkauft werden, der die Herausforderung annehmen wollte, das Gebiet weiterzuentwickeln.

Der Direktor des britischen Unternehmens Summerleaze, Bruno Prior, sagte gegenüber swissinfo.ch, dass die Pläne, die Skilift-Infrastruktur zu verbessern und ein neues Hotel zu bauen, bereits weit fortgeschritten seien. Die nötigen Bewilligungen seien erteilt worden. Aber sein Unternehmen habe trotzdem entschieden, das Projekt nicht weiterzuverfolgen.

Er sagte, sein Unternehmen habe bereits mehr als 500’000 Schweizer Franken in die Planung investiert. Aber die finanziellen Umstände hätten ihn gezwungen, das Projekt auf unbestimmte Zeit zurückzustellen.

“Es ist nicht sicher, dass es nicht mehr vorwärts geht, aber zur Zeit ist es schwierig, sich vorzustellen, dass sich die Umstände entsprechend verändern”, sagte Prior.

“Die eine Sache ist der Wechselkurs. Als wir begannen, kostete ein englisches Pfund 2,50 Franken, nun ist es noch 1,40 Franken wert. Das bedeutet, dass das Kapital, das uns zur Verfügung steht, weniger wert ist.”

Geld spielt eine Rolle

Die Nachricht über das Schicksal des Skigebiets wurde genau dann bekanntgegeben, als die Schweizer Tourismusbehörden den Effekt des starken Frankens im Tourismussektor abzudämpfen versuchten. Sie kündigten an, dass sie die Werbeanstrengungen für die Jahre 2011 und 2012 verstärken wollten.

Gemäss dem Eidgenössischen Amt für Statistik hat die Anzahl der Hotelübernachtungen in der Wintersaison – vom November 2010 bis im April 2011 – um 114’000 Personen oder um 1 Prozent abgenommen. Die Besucher aus Europa nahmen um 373’000 Personen oder 5,1 Prozent ab, verglichen mit der vorhergehenden Wintersaison.

“Der relativ tiefe Wechselkurs des Euros im Vergleich zum Schweizer Franken mag ein Faktor sein, der den Rückgang der Übernachtungen aus einigen Ländern erklären kann”, schrieb das Amt für Statistik in einer Stellungnahme Anfang Juni.

Grosse Träume

In Ernergalen gibt es 20 km Pisten. Ein Teil gehört der kleinen Gemeinde Ernen. Jahrelang hatte man dafür gekämpft, mit den Attraktionen, die grössere Nachbarskigebiete anbieten, mitzuhalten. Doch die bereits existierenden Hotelbetten blieben unter der Woche im Winter oft leer.

Christine Clausen, die Gemeindepräsidentin von Ernen, sagte gegenüber swissinfo.ch, dass die Entscheidung, die Pläne für ein ausgebautes Wintersportangebot nicht weiterzuverfolgen, der 500-Seelen-Gemeinde Schwierigkeiten bringe. Trotzdem ist Clausen der Meinung, dass Prior versucht habe, sein Bestes zu geben.

“Es war ein gutes Projekt”, sagte Clausen. “Er hat viel in die Planung investiert und es ist schade, dass er nicht in der Lage ist, es weiterzuführen.”

Die Pläne für Ernergalen beinhalteten ein neues 800-Betten-Hotel und Verbindungen mit den benachbarten Skigebieten von Bellwald, Aletsch und Belalp. Die Besucherinnen und Besucher sollten die Möglichkeit haben, Pässe zu kaufen, die für alle Gebiete gültig wären.

“Wenn man sie zusammennimmt, erhält man eines der grössten Skigebiete der Schweiz”, sagte Prior. “Wir haben viel zusätzliches Geld investiert, um die Optionen auszuloten und sie zu verbinden. Es war nicht klar, ob es gelingen würde, sie so zu verbinden, dass es wie ein einziges Gebiet wäre.”

Prior sagte, obwohl die Einheimischen nicht dagegen gewesen seien, die Skigebiete zu verbinden, habe es keine Anstrengungen gegeben, vorwärts zu machen. Er meinte, das grösste Problem sei gewesen, eine Verbindung zwischen den Gebieten zu schaffen. 

“Um zu überleben braucht man mehr als vorher”, sagte er, und fügt an, dass das wirtschaftliche Klima die Touristen eher in die grösseren Skigebiete bringe.

“Es muss gelingen, Leute für eine Woche in das Skigebiet zu bringen. Aber die Leute kommen nicht für eine Woche, wenn man nur 20 oder 30 Kilometer Piste hat.”

Vorwärts machen

Prior und Clausen bestehen darauf, dass der Misserfolg des  Projekts nicht unbedingt das Ende für Ernergalen bedeutet. Beide sind offen für neue Interessenten.

Clausen sagte, dass das Gebiet bei den Sommertouristen besonders beliebt sei. “Es gab das Projekt, ein grosses Hotel zu bauen. Im Sommer haben wir viele Leute, die kommen, und wir haben nicht genug Betten. Deshalb wollen wir diese Idee weitertreiben. Vielleicht finden wir jemanden, der es verwirklicht”, sagte Clausen.

Prior vermutet, dass das Projekt für einen Schweizer Investor attraktiver sei als einzelnes Familien-Skigebiet. “Alles in allem ist die Schweiz nach wie vor ein guter Platz für Investitionen, aber sie hat ein grosses Problem wegen dem starken Franken.”, sagte Prior.

“Ein Schweizer Investor wäre einleuchtend, denn er ist dem Wechselkurs nicht ausgesetzt. Und die Schweizer haben eine ganz andere Haltung im Gegensatz zu uns. Ich sehe es als ein Geschäft, aber ich weiss von Gesprächen mit vielen Schweizern, dass sie diese kleinen Skigebiete als attraktiv für sich selbst empfinden.”

Der Tourismus ist eine Schlüsselindustrie in der Schweiz.

Er liegt im Exportsektor auf dem 3. Rang. Er generiert rund 15 Milliarden Franken pro Jahr für Hotels, Skiliftunternehmen, Restaurants und andere Servicedienstleistungen.

Zum Vergleich: Die führende Pharma-/Chemieindustrie und der Maschinenbausektor erzielten 2009 72 Milliarden Franken und 58 Milliarden Franken Einnahmen.

Auf dem vierten Platz liegt die Uhrenindustrie mit 13,2 Milliarden Franken.

Ernen hat 1979 den Wakker-Preis für ein intaktes Dorfbild erhalten. Es liegt im deutschsprachigen Teil des Kantons Wallis, im Goms.

Die Gemeinde hat rund 500 Einwohner, von denen die meisten vom Tourismus leben.

Das Skigebiet Ernergalen, das durch einen kleinen Bus von Ernen aus erschlossen wird, hat vier Lifte und Pisten auf einer Höhe von 1200 bis 2300 Metern über Meer.

(Übertragung aus dem Englischen: Eveline Kobler)

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