Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Swissport in Südafrika unter Korruptionsverdacht

Frachtraum eines Flugzeugs
Was Passagiere in einem Flugzeug nie zu Gesicht bekommen: der Frachtraum eines Flugzeugs. Eine der Aufgaben von Swissport ist, Fracht und Gepäck ein- und auszuladen. © Keystone / Gaetan Bally

Der weltweit führende Anbieter von Flughafen-Abfertigungsdiensten, das Zürcher Unternehmen Swissport, soll Bestechungsgelder gezahlt haben, um einen millionenschweren Vertrag mit der Fluggesellschaft South African Airways zu erhalten.

Er wurde mit Spannung erwartet: der erste Teil des Berichts der so genannten Zondo-KommissionExterner Link. Diese war eingerichtet worden, um die staatliche Korruption während der Präsidentschaft von Jacob Zuma von 2009 bis 2018 zu untersuchen.

In diesem ersten Teil wird eine Reihe von Missständen in der südafrikanischen Luftfahrt-Industrie aufgedeckt. Der Bericht, der mehr als 800 Seiten umfasst, stellt besonders einige Fragezeichen hinter die lokale Niederlassung des Schweizer Unternehmens Swissport.

Die Zürcher Firma wird verdächtigt, eine Bestechungssumme von 1,7 Millionen Franken gezahlt zu haben, um einen Vertrag über 90 Millionen Franken mit South African Airways (SAA) zu ergattern. Die Untersuchung der Kommission könnte dazu führen, dass auch die Justizbehörden Ermittlungen gegen den weltweit führenden Anbieter von Flughafen-Abfertigungsdiensten aufnehmen.

Im Jahr 2016 machte der Vertrag über Boden-Abfertigungsdienste (Flugzeugbeladung, Gepäcktransport, Rampen usw.) zwischen SAA und Swissport South Africa (Pty) Ltd. 70% der Aktivitäten von Swissport in Südafrika aus.

Diese wirtschaftliche Abhängigkeit hat die SAA sicherlich in eine starke Position gebracht, um ihre Bedingungen auszuhandeln, halten die Autorinnen und Autoren des Berichts fest. Dies zu einem Zeitpunkt, als Swissport darum bat, den von Monat zu Monat erneuerbaren Vertrag in einen mehrjährigen Vertrag umzuwandeln.

Sportwagen und eine Briefkastenfirma

Den Ermittlerinnen und Ermittlern zufolge verlangte SAA als Voraussetzung für die Unterzeichnung der Partnerschaft die Einschaltung und Bezahlung eines Vermittlers ihrer Wahl, nämlich der Firma Jamicron (Pty) Ltd. Der Kommission zufolge lehnte Swissport dies zunächst ab.

Angesichts eines drohenden Konkurses habe die Swissport South Africa dann aber zugestimmt, 28,5 Millionen Rand (1,7 Millionen Franken) an eine andere Firma zu zahlen – JM Aviation. Diese habe dann einen Teil der Summe an Jamicron weitergeleitet.

Unter dem Vermerk “Pete” wurde auch eine Summe von 150’000 Franken an die Anwaltskanzlei BMK Attorneys überwiesen. Mit diesem Geld konnte sich Lester Peter, der damalige Chefeinkäufer der SAA, dann zwei Sportwagen kaufen. Einen Monat später war der Abfertigungsvertrag zwischen SAA und Swissport endlich abgeschlossen.

Auf die verdächtige Zahlung angesprochen, erklärte Swissport lediglich, dass es völlig legale Geschäfte mit JM Aviation gemacht habe, da es einen Vertrag über die Lieferung von Ausrüstung mit dem Unternehmen abgeschlossen habe. Die Autorinnen und Autoren des Berichts weisen jedoch darauf hin, dass das Unternehmen keinerlei Beweise für die tatsächliche Existenz dieser Dienstleistungen vorgelegt habe.

Mehr

Mehr

Newsletter

Melden Sie sich für unsere Newsletter an und Sie erhalten die Top-Geschichten von swissinfo.ch direkt in Ihre Mailbox.

Mehr Newsletter

So zeigen die Kontoauszüge von JM Aviation, dass das Unternehmen weder Angestellte bezahlt noch Investitionen getätigt hat. Was Swissport betrifft, so bedauerte die Kommission, habe das Unternehmen “kein einziges Stück Papier vorgelegt, das beweist, dass der angebliche Vertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde. Es gab nicht eine einzige E-Mail. Es gab keine Besprechungsnotiz, keine Rechnung, keine Grafik, keine Aufzeichnung, kein Entwurfsdokument – absolut nichts”.

Risiko der Strafverfolgung wegen Betrugs und Korruption

“Es ist daher wahrscheinlich”, so die Autorinnen und Autoren des Berichts weiter, “dass es sich um Kickbacks handelte, die an diejenigen gezahlt wurden, die den Abschluss des Boden-Abfertigungsvertrags von Swissport mit SAA erwirkt hatten oder an dessen Umsetzung beteiligt sein sollten.”

Die Kommission, die keine Befugnis zur Strafverfolgung hat, “empfiehlt den Strafverfolgungs-Behörden, die Rolle von Swissport und der oben genannten Personen bei diesen Transaktionen genauer zu untersuchen. Und gegebenenfalls sollte die National Prosecuting Authority (NPA) erwägen, alle an kriminellen Handlungen beteiligten Personen strafrechtlich zu verfolgen”.

Was wusste Swissport, und namentlich P.K., der ehemalige Leiter der südafrikanischen Tochtergesellschaft? “Leider war es nicht möglich, in Erfahrung zu bringen, was Swissport über diese Fragen weiss. Denn Swissport lehnte die Einladungen zu einem Treffen mit den Ermittelnden und dem Rechtsteam der Kommission ab”, heisst es ersten Teil des Berichts.

“Stattdessen beantwortete sie die Anfragen der Kommission im Zug der Untersuchungen mit den von P.K. vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen. Als die Kommission sich nach der Verfügbarkeit von P.K. für eine mündliche Aussage erkundigte, wurde ihr mitgeteilt, dass dieser sich in den USA befinde und nicht in der Lage sei, vor der Kommission auszusagen.”

Von Gotham City kontaktiert, gibt Swissport an, “den Inhalt des ersten Teils des Zondo-Berichts zur Kenntnis genommen” zu haben und erklärt, “weiterhin mit den Behörden bei ihren Ermittlungen zusammenzuarbeiten”.

Die nächsten beiden Berichte der Zondo-Kommission sollen bis Ende Februar veröffentlicht werden.

Gotham CityExterner Link wurde von den investigativen Journalisten Marie Maurisse und François Pilet gegründet und ist ein Newsletter zum Thema Wirtschaftskriminalität.

Es berichtet ihren Abonnenten jede Woche über Betrugsfälle, Korruption und Geldwäscherei im Zusammenhang mit dem Finanzplatz Schweiz, und zwar auf der Grundlage von Gerichtsdokumenten mit öffentlichem Zugang.

Jeden Monat wählt Gotham City einen seiner Artikel aus, ergänzt diesen und bietet den Lesern von swissinfo.ch freien Zugang.

(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft