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Zwei Jahre nach Saxetbach: Extremsport wird sicherer

Ein Label soll für mehr Sicherheit bei Extremsport-Arten sorgen. Keystone

Wenn es darum geht, Touristen anzulocken und deren Adrenalinspiegel in die Höhe zu treiben, fehlt es den Anbietern von Adventure-Sportarten nicht an Ideen. Doch zwei Jahre nach der Tragödie im Saxetbach bei Interlaken soll ein Sicherheitslabel diesem Wildwuchs ein Ende setzen.

Auf Grund der vielen Unfälle – wie beispielsweise das Canyoning-Unglück vom 27. Juli 1999 im Saxetbach bei Interlaken, bei welchem 21 Menschen umkamen – und dem damit verbundenen Umdenken der Kundschaft kämpft die Branche mit drastischen Einbussen. Thierry Gasser von der Walliser Firma “Outdoor activity” schätzt, dass die Nachfrage im Gegensatz zu früheren Jahren um mehr als die Hälfte abgenommen hat.

Kommt hinzu, dass die Zahl der Anbieter immer grösser geworden ist. Dies bedingt, dass sich die spezialisierten Firmen immer wieder neue, noch verrücktere Sachen ausdenken müssen, um auf sich aufmerksam zu machen. Für Gasser ist aber alles eine Modesache. Es seien immer wieder neue Sachen gefragt, Altes werde schnell vergessen.

Sicherheitslabel

Neue “Disziplinen” werfen immer wieder die Frage nach der Sicherheit auf. Während für die einen keine Bewilligung eingeholt werden muss, erfordern andere eine Prüfung durch die Behörden. Weil aber Gesetze fehlen, hänge die Sicherheit vielfach vom der Philosophie des Unternehmens ab, so Gasser.

Erste Schritte auf dem Weg zu einer strengeren Reglementierung und zu besseren Sicherheits-Standards sind in Planung. Im Kanton Bern haben bereits drei Firmen die kantonale Zertifizierungshürde gemeistert. Weitere zehn Anbieter hätten ihr Interesse angemeldet, sagt die Projektverantwortliche Eveline Lanz.

Ab September will eine von Schweiz Tourismus gegründete Stiftung möglichst viele Anbieter mit dem Label “safety in adventure” auszeichnen können. Vorläufig werden nur Anbieter von Canyoning, Bungeejumping und Riverrafting zertifiziert. Später soll das Label auch bei anderen Trendsportarten zur Anwendung kommen.

Vor- und Nachteile

Die Branche ist geteilter Meinung, ob es ein Gesetz braucht, wie es von Nationalrat Jean-Michel Cina (CVP/VS) vorgeschlagen wurde. Die Guides, die in gewissen Kantonen unter der Derregulierung leiden, sind eher dafür, meint Urs Baumgartner, Vizedirektor des Bundesamtes für Sport.

Gasser hingegen glaubt, dass sich die Situation und die Sportarten bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes wieder radikal ändern würden. Cina selber sieht in einem Gesetz den einzigen Weg, um schwarze Schafe aus der Branche eliminieren zu können. Der Bundesrat will sich zum Vorschlag noch vor der Herbstsession äussern.

Gedenkstätte eingeweiht

Am Anfang der Diskussionen um ein Label für Trendsportarten steht das Canyoning-Unglück vom Saxetbach im Sommer 1999. Am Freitag (27.07.), dem 2. Jahrestag der Tragödie, wurde in Wilderswil die erweiterte Gedenkstätte offiziell von Alt-Bundesrat Adolf Ogi eingeweiht.

Bei dem Unglück am 27. Juli 1999 verloren 21 junge Menschen, 14 von ihnen aus Australien, ihr Leben. Die übrigen Opfer kamen aus Neuseeland, Grossbritannien, Südafrika und der Schweiz. Die 45 Teilnehmer der Expedition des Trendsport-Anbieters Adventure World waren nach einem Gewitter von einer gewaltigen Wassermasse erfasst worden.

Der bestehende Gedenkstein, auf dem die Namen der Opfer eingemeisselt sind, wurde um eine bumerangförmige Sitzbank (als Symbol der Wiederkehr und als Referenz an die australischen Opfer), einen Brunnen und 21 Symbole für die Opfer erweitert.

Realisiert wurde die Erweiterung auf Initiative der Stiftung “Healing Hearts Foundation”. Die Stiftung wurde vom Australier Gary Redmond, dem Vater eines der Opfer, ins Leben gerufen. Sie soll unter anderem die Verbindung unter den Angehörigen aufrechterhalten.

Der Prozess gegen die Verantwortlichen des Unglücks ist auf Anfang Dezember 2001 angesetzt. Zu verantworten haben sich wegen fahrlässiger Tötung fünf Leiter sowie drei Verwaltungsräte der inzwischen Konkurs gegangenen Adventure World aus Wilderswil.

swissinfo und Agenturen

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