Vorwahl-Wortgefechte in der Affäre Blocher-Roschacher
Am Mittwoch Vormittag ging im Nationalrat des Eidgenössischen Parlaments die Dringlichkeitsdebatte zur Affäre Justizminister kontra ex-Bundesanwalt über die Bühne.
Eine gute Gelegenheit, drei Wochen vor den Wahlen das Wort zu ergreifen. Die Sprechenden legten nochmals ihre Position gegenüber dem Bundesrat der Schweizerischen Volkspartei, Christoph Blocher, klar.
Die Debatte verlief am Mittwochmorgen vor laufenden Fernsehkameras in Wahlkampfstimmung.
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) rügte den GPK-Bericht als parteilich und forderte eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK).
Für die Sozialdemokratische Partei (SP) und die Grünen hat die SVP einen “Entlastungsangriff” und eine “Vernebelungsaktion” gestartet, um von den Verfehlungen von Justizminister Christoph Blocher bei der Ablösung von Bundesanwalt Valentin Roschacher abzulenken.
Die SVP sprach von einem konzertierten Versuch, den Justizminister aus dem Amt zu entfernen.
Die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) interessiert sich hauptsächlich um die Ordnung der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft.
Die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP), deren Mitglied Lucrezia Meier-Schatz die GPK-Subkommission präsidiert hatte, war von der Debatte nicht “begeistert”.
Das Parlament sollte sich besser mit Sachthemen beschäftigen und Lösungen suchen, hiess es.
GPK-Bericht als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt der dringlichen Debatte ist ein Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) über die Strafverfolgungsbehörden des Bundes.
Darin wird Justizminister Christoph Blocher vorgeworfen, er habe den Bundesrat bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses von Bundesanwalt Valentin Roschacher übergangen.
Zudem habe Blocher bei der Information über laufende Ermittlungsverfahren dem Bundesanwalt “unerlaubte Weisungen” erteilt. Mit der personalrechtlichen Sanktionierung der Nichtbeachtung dieser Weisungen habe er in die Unabhängigkeit des Bundesanwaltes eingegriffen.
Zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft empfiehlt die GPK dem Bundesrat, sich des Dossiers Bundesanwaltschaft “unverzüglich aktiv” anzunehmen.
Überlagert ist die Diskussion von den Vorwürfen der SVP, der GPK-Bericht sei Teil eines Geheimplans, um Blocher aus dem Bundesrat zu “verstossen”.
Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi (FDP) relativierte die Bedeutung der Debatte. Es gehe nicht um das “wichtigste Geschäft” der Session, sagte sie zu Beginn des Wortgefechts.
swissinfo und Agenturen
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GPK
Der Abgang von Ex-Bundesanwalt Roschacher; die Rolle, die Justizminister Blocher dabei gespielt hat; Fragen der Gewaltenteilung und der politischen Aufsicht.
Rund um diese Themen ist seit Anfang September ein Polit- und Medienrummel im Gang, dessen Ausmass wohl nur mit den bevorstehenden nationalen Wahlen erklärt werden kann.
Justizminister Blocher ist von einer parlamentarischen Aufsichtskommission vorgeworfen worden, er habe bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Roschacher den Bundesrat umgangen, seine Kompetenzen überschritten und die Gewaltentrennung verletzt.
Blocher hat die Kritik als tendenziös zurückgewiesen. Er und und seine Partei (SVP) wittern hinter den Vorwürfen ein Komplott, der seine Wiederwahl als Bundesrat gefährden soll.
Der Bundesrat seinerseits hat einen Experten ernannt, der ihn bei der Interpretation des Aufsichtsberichts unabhängig beraten soll.
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