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Secondos fordern Schweizer Namen für Eingebürgerte

Die Namens-Endung -ic ist in der Schweiz kein Türoffner. Keystone

"Was, wenn Petrusic Glarner heissen würde?" Mit diesem Slogan hat der Verein Secondo Plus Aargau eine Kampagne lanciert: Die Secondos wollen einen Vorstoss einreichen, damit bei der Einbürgerung eine Namensänderung ohne weiteres möglich wird.

Studien zeigen: Wer mit ausländisch klingendem Namen eine Wohnung sucht, muss mehr Anläufe nehmen als jemand mit einem Schweizer Namen. Auch bei der Stellensuche ist ein ausländischer Name oft alles andere als ein Türöffner.

Obwohl sie Schweizer sind, wird der ausländische Name für Eingebürgerte immer wieder zum Hindernis – vor allem wenn er aus dem Balkan kommt.

Der Verein Secondos Plus des Kantons Aargau fordert deshalb, dass in Zukunft bei der Einbürgerung ausländische Namen in Schweizer Pässen auf Wunsch ohne weiteres geändert oder angepasst werden können. Ziel des Vorstosses: eine Chancengleichheit für Ausländerinnen und Ausländer.

Die Namensänderung für Ausländer könnte auch auf nationaler Ebene zum Thema werden: Hans Stöckli, Nationalrat der sozialdemokratischen Partei und Bieler Stadtpräsident, überlegt sich, diesbezüglich eine Motion einzureichen.

“Widerspruch zum Namen”

Doch reicht es, wenn aus Suntharalingam, Ismajlovic, Petkovic einfach Müller, Meier oder Küenzli wird? Müsste man nicht in erster Linie die Vorurteile gegenüber Ausländern bekämpfen?

“Der geplante Vorstoss ist sicher nicht das einzige Heilmittel für die Integrationsfrage”, sagt Ivica Petrusic, Jugendarbeiter und Präsident von Secondos Plus Aargau gegenüber swissinfo. Dieses Anliegen stosse nicht überall auf Zustimmung – manche würden ihn deswegen gar mit dem SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli vergleichen, sagt Petrusic.

Die Idee komme aus der pragmatischen Ecke. Vor allem Eingebürgerte mit langen asiatischen oder mit balkanischen Namen hätten ihm gegenüber das Bedürfnis geäussert, ihren Namen dem kulturellen Kontext der Schweiz anzupassen.

Migrantinnen und Migranten, welche ihre Identität in der Schweiz gefunden haben, fühlen zum Teil einen Widerspruch zum ursprünglichen Familiennamen oder seiner Schreibweise, heisst es auf der Website von Secondos Plus Aargau.

Computer kennt Namen nicht

Petrusic, der bis 14 in Bosnien lebte, ist schweizerisch-kroatischer Doppelbürger. Sein Name ist in seinem Schweizer Pass anders geschrieben als in seinem kroatischen. Das Zeichen, das auf der Endung –ic korrekterweise stehen müsste und für die Aussprache des Namens wichtig sei, fehlt.

Man habe ihm auf dem Einwohneramt gesagt, diese Zeichen gebe es im Computersystem nicht. “Wenn mein Name schon durch das Computersystem verändert wird, möchte ich ihn lieber gleich selbst anpassen”, sagt Petrusic.

Für ihn hat eine Namensänderung nichts mit Identitätsverlust zu tun. Bei den Frauen, die bei der Heirat den Namen ihres Mannes annehmen, sei dies ja auch kein Thema.

“Der Name gehört zu mir, ich habe damit meinen Weg gemacht”, so Petrusic, der am 8. März für die Grossratswahlen kandidieren will. Doch es sei nicht “lässig”, immer wieder den Namen wiederholen oder buchstabieren zu müssen.

Er sei jetzt vier Jahre im Einwohnerrat, aber die Leute könnten seinen Namen immer noch nicht aussprechen. “Ich will nicht, dass mein Name immer wieder zum Thema wird”, so Petrusic.

Bei der Wohnungssuche sei er deshalb auch schon auf den Nachnamen seiner Freundin ausgewichen.

Schwieriger Akt

Während die USA eine einfache Namens-Anpassungspraxis kennen, ist es in der Schweiz alles andere als leicht, einen Namen offiziell ändern zu lassen.

Es müssen “wichtige Gründe” vorliegen, wie es im Zivilgesetzbuch (Art. 30) heisst. Was als wichtig erachtet wird, darüber entscheidet die Regierung des jeweiligen Wohnsitzkantons. Laut Bundesgericht darf die Namensänderung nicht zur Verwischung der Herkunft führen.

Gute Chancen haben peinliche Namen. Gemäss Bundesgericht können “lächerliche, hässliche oder anstössige Namen” oder solche, die “immer wieder verstümmelt werden”, geändert werden.

Die Befürchtung, durch den Namen im Fortkommen behindert zu werden, gilt als unzureichender Grund für einen Namenswechsel. Im Fall zweier Mädchen, die bei ihrer geschiedenen Schweizer Mutter lebten, aber den Namen ihres aus dem Balkan stammenden Vaters trugen, argumentierte das Bundesgericht 2002, es sei weder anzunehmen noch nachgewiesen, dass sich der Grossteil der Bevölkerung durch den balkanisch klingenden Namen negativ beeinflussen lasse.

“Falscher Ansatz”

Das Online-Projekt “Smart Selection” des Kaufmännischen Verbands Schweiz zeigt jedoch: ausländische Lehrstellensuchende haben es schwer. Sie haben messbar bessere Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, wenn sie im ersten Bewerbungsschritt anonym bleiben können.

Für Andrea Ruckstuhl, Leiter des Ressorts Jugend KV Schweiz, ist der Vorstoss der Secondos jedoch “der falsche Ansatz”.

Das Grundproblem, dass in der Schweiz manche Leute gegenüber Nicht-Schweizern eine diskriminierende Haltung an den Tag legten, sei damit nicht gelöst: “Die Leute, die Ausländer diskriminieren, tun das weiterhin, ob nun einer weniger Danovic heisst oder nicht”, so Ruckstuhl.

Corinne Buchser, swissinfo

Secondos Plus ist eine ehrenamtliche Organisation, die Menschen mit Migrationshintergrund eine Stimme geben will.

Sie fordert mehr Mitspracherecht für Migranten in Politik und Wirtschaft, eine transparente und faire Einbürgerungspolitik, Chancengleichheit in Schule und Beruf und die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Ausländer.

Sektionen von Secondos Plus gibt es in den Kantonen Bern, Zürich, Basel, Luzern und Aargau.

Erst im Mittelalter, als die Städte immer grösser und die Namen – der älteste Sohn wurde oft nach dem Vater oder Grossvater benannt – immer weniger wurden, reichte der Vorname nicht mehr aus.

Um Verwechslungen zu vermeiden, benutzte man Beinamen, die insbesondere vom Vaternamen (Konrad), dem Herkunftsort (Zürcher), der Wohnstätte (Gmür, wenn jemand an einem Gemäuer wohnte), dem Beruf (Schneider, Müller, Meier) oder persönlichen Eigenschaften (Weiss, wenn jemand besonders hellhaarig war) abgeleitet wurden.

Diese Beinamen, die sich ursprünglich auf eine bestimmte Person bezogen, wurden ab dem 12. Jahrhundert vererbt.

Während sich diese Namen in der Schweiz noch ohne weiteres ändern liessen, wurden im 19. Jahrhundert feste Familiennamen verbindlich.

Seit 1907 besteht in der Schweiz ein Namensänderungsgesetz (Art. 30 ZGB).

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