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Frauenrechte auf dem Prüfstand in Bern

In einigen Ländern wurden Häuser eingerichtet, um Opfer von Frauenhandel zu schützen. Keystone

Bern ist bis Freitag Gastgeberin eines internationalen Symposiums, das die Verantwortung von Staaten bei der Sicherung der Frauenrechte zum Thema hat.

Experten aus 12 Ländern gehen der Frage nach, warum Frauen auf der ganzen Welt trotz Menschenrechten immer noch Opfer von Gewalt und Missbrauch sind.

Unter dem Aspekt von “due diligence: die Verantwortung des Staates für die Menschenrechte der Frauen” befasst sich die dreitägige Veranstaltung mit vier Schwerpunkten: häusliche Gewalt, Frauenhandel, Gewalttätigkeit in Waffenkonflikten und durch kulturelle Argumente legitimierte Gewalt.

Der Anlass wird von der Schweizer Sektion von Amnesty International organisiert. Beteiligt sind auch die Organisation Menschenrechte Schweiz, die Weltorganisation gegen Folter und das Interdisziplinäre Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Bern.

Amnesty teilte im Vorfeld der Veranstaltung mit, die Zahl der Länder, in denen die im UNO-Übereinkommen “zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau” formulierten Rechte nicht respektiert würden, sei kürzlich wieder angestiegen.

Nach dem Prinzip der “due diligence” – Sorgfaltspflicht – seien die Staaten nach internationalem Recht aber dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen zu verhindern, zu ahnden und zu bestrafen, so Amnesty weiter.

Richtlinien aufstellen

Die Konferenz setze sich zum Ziel, das Konzept der “due diligence” besser bekannt zu machen, internationale Rechtsstandards für den Schutz von Frauen zu definieren und über die Umsetzung dieser Rechte zu diskutieren, erklärt Mit-Organisatorin Stella Jegher von Amnesty Schweiz.

Es gebe eine Diskrepanz zwischen Definition sowie Umsetzung von Menschenrechten und der Erfahrung von Frauen auf der ganzen Welt, sagt Jegher gegenüber swissinfo.

“Frauen sind immer noch tagtäglich Diskriminierung und Klischee-Vorstellungen ausgesetzt, während Traditionen und kulturelle Vorurteile die Umsetzung und Erfüllung von rechtlichen Standards verhindern.”

Die Teilnehmenden des Symposiums werden über die Probleme in ihren Ländern sprechen und gegenseitig Erfahrungen austauschen, um gemeinsame Strategien zu finden.

Zu Gast ist auch eine Rechtsberaterin aus der Ukraine. Sie war an der Definition des ukrainischen Gesetzes gegen häusliche Gewalt beteiligt und spricht von ihren Erfahrungen dabei.

Situation in der Schweiz

Von den vier Hauptthemen der Konferenz sei auch die Schweiz betroffen, so Jegher weiter. Hier werde zurzeit darüber diskutiert, wie man Immigrantinnen vor Gewalt und Diskriminierung schützen und gleichzeitig die kulturellen Unterschiede respektieren könne.

Die Schweizer Aussenpolitik habe wiederholt eine wichtige, vermittelnde Rolle in bewaffneten Konflikten gespielt. Nach einer Häufung von Fällen, bei denen Männer ihre Familien töteten, ist auch häusliche Gewalt ein Thema, das die Öffentlichkeit beschäftigt.

In den letzten 15 Jahren sei in der Schweiz oft über häusliche Gewalt diskutiert worden. Dabei seien einige Fortschritte erzielt worden, so beispielsweise eine Verschärfung des Gesetzes. “Heute kann ein gewalttätiger Familienvater aus dem Haus gewiesen werden. Auch Polizisten sind besser auf gewalttätige Konflikte in vorbereitet.”

Allerdings gebe es immer noch nicht genügend Ressourcen, um Frauen nachhaltig zu schützen, etwa in Frauenhäusern. In einigen Bereichen der Menschenrechte habe die Schweiz klar eine Vorbildrolle. “Ich würde aber zögern zu sagen, ‘schaut uns an und lernt von dem, was wir getan haben'”, schliesst Jegher.

swissinfo, Morven McLean

Am Symposium in Bern werden 160 Teilnehmende erwartet, 40 bis 50 aus dem Ausland.

Die vier Schwerpunkt-Themen sind: häusliche Gewalt, Frauenhandel, Gewalt in Waffenkonflikten und kulturell bedingte Gewalt.

Nach dem Prinzip der “due diligence” im internationalen Recht sind die Staaten verpflichtet, Gewalt an Frauen zu verhindern, zu ahnden, zu bestrafen und Opfern angemessene Rechtsmittel und Entschädigungen zu garantieren.

Über 28’000 Menschen haben in einer Petition einen wirksamen Schutz für die Opfer des Frauenhandels gefordert. Die Übergabe erfolgte am Rand des Symposiums, gab die Menschenrechts-Organisation Amnesty International bekannt.

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