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Fussballzwerg Montenegro blamiert die Schweiz

Toschütze Vucinic feiert den Siegestreffer mit einer unüblichen Tenue-Erleichterung. Keystone

Zwei Spiele, null Punkte - der Zug zur EM 2012 droht ohne die Schweiz abzufahren: Die Spieler von Nati-Trainer Ottmar Hitzfeld verloren in Podgorica die zweite Partie 0:1. Gegenüber dem blamablen England-Spiel war kein Aufwärtstrend feststellbar.

Sieg und drei Punkte: Das war die einzige Losung der Schweizer Mission in Podgorica. Das Team von Ottmar Hitzfeld ging zwar als Favorit ins zweite EM-Qualifikationsspiel gegen Montenegro. Aber nach dem desillusionierenden 1:3 gegen England zum Auftakt der Kampagne haftete dieser Rolle etwas Verkrampftes an. Bei einer weiteren Niederlage läge die Schweiz doch bereits 9 Punkte hinter Montenegro zurück.

Genau dies ist jetzt Realität: Der Fussballzwerg, im Vorfeld als chancenlose Nummer 3 der Gruppe gehandelt, besitzt jetzt sehr gute Karten für die Euro 2012 in Polen und der Ukraine.

Die Schweiz dagegen braucht neben Können auch viel Glück, sollte die Serie der Teilnahmen an Grossanlässen nicht abbrechen.

Hitzfelds Analyse

“Das Spiel ging auf und ab, beide Teams hatten ihre Chancen, aber Montenegro ging 1:0 in Führung”, hielt ein sichtlich zerknirschter Hitzfeld nach dem Spiel fest. Er sah ein Spiel, das von Fehlern geprägt war. “Montenegro war nicht die bessere Mannschaft, aber die glücklichere.” Hhm.

Auch angesichts der länger werdenden Serie von schwachen Auftritten und Niederlagen will er im Team keine mentale Schwäche ausmachen, vielmehr spricht er von fehlendem Glück. “Ich hoffe auf ein Erfolgserlebnis, das den Knoten löst”, so Hitzfeld.

Umstellungen ohne Wirkung

Der Nati-Trainer liess mit Scott Sutter anstelle des gesperrten Stephan Lichtsteiner verteidigen. Im Angriff sollten Valentin Stocker und Xherdan Shaqiri sowie das Sturmduo Alex Frei/Marco Streller für den seit Monaten abhanden gekommenen Druck sorgen.

Doch auch mit diesem “Basler Block” vermochten die ganz in Weiss agierenden Schweizer das Spieldiktat nicht in die Hand zu nehmen. Was Hitzfeld am Spielfeldrand zu sehen bekam, entsprach in keiner Art und Weise dem Drehbuch, das der deutsche Startrainer für das Schlüsselspiel entworfen hatte. Die chronischen Schwächen aus den letzten Partien – unnötige Ballverluste, Zweikampfscheu, fehlende Inspiration gegen vorne – waren auch in Podgorica Kennzeichen des Schweizer Spiels.

Würdiger Benaglio-Ersatz

Dem wachsamen Benaglio-Ersatz Marco Wölfli im Tor war es zu verdanken, dass die Schweizer zur Pause ohne Gegentor in die Kabinen konnten.

Für Gefahr sorgte immer wieder Mirko Vucinic. Der Stürmerstar der AS Roma tanzte sich durch die Schweizer Reihen, dass den Spielern von Hitzfeld schwindlig werden konnte.

Erst kurz vor dem Pausenpfiff kam Alex Frei – bezeichnenderweise nach einem Ballverlust eines montenegrinischen Abwehrspielers – zur ersten Chance der Gäste. Doch Goalie Božović verhinderte mit tollem Fussreflex einen Führungstreffer, der dem Spielverlauf keineswegs entsprochen hätte.

Verdiente Führung…

Fehlanzeige, wer gehofft hatte, eine laute Kabinenpredigt von Hitzfeld oder eine Rückbesinnung der Spieler auf Stolz und Tugenden zeige im zweiten Umgang Wirkung.

Nachdem das Spiel während weiterer 20 Minuten vor sich hin plätscherte, wollte Hitzfeld mit einem Doppelwechsel ein Zeichen setzen und brachte Eren Derdiyok und Tranquillo Barnetta.

Doch bevor die Neuen den ersten Ball sahen, fiel der Führungstreffer Montenegros: die Schweizer Verteidiger liessen sich im Strafraum ausspielen wie Unterklassige, und Vucinic traf den Ball am machtlosen Wölfli vorbei in die Maschen.

…, verdienter Sieg

Der letzte Trumpf von Hitzfeld stach ebenfalls nicht: Auch Hakan Yakin, der in den letzten 20 Minuten für den angeschlagenen Stocker kam, konnte das Steuer nicht mehr herumreissen.

So bleibt Trainer Hitzfeld und seinen Spielern nur die äusserst unangenehme Einsicht, gegen einen Gegner verloren zu haben, der in allen Belangen besser war, Fussballzwerg hin oder her.

U17-Weltmeister als Vorbilder!

Zusätzlich zu dieser Einsicht müssen sich Spieler und Trainer jetzt unangenehmen Fragen stellen. Wer bringt die schmerzlichst vermisste spielerische Qualität zurück auf den Rasen? Und den Teamgeist? Und den Siegeshunger? Weshalb brillieren die hochgelobten Teamstützen wie Frei und Inler in ihren Klubs, bleiben aber im Trikot der Nati blass?

Antworten müssen vielleicht gar nicht weit gesucht werden. Wäre es gar angebracht, wenn sich die gut bezahlten Stars die Youngsters zum Vorbild nähmen? Die Rede ist von den Spielern der Schweizer U17-Nati, die letztes Jahr in Nigeria sensationell Weltmeister wurden.

Schweizer Fussballzwerge am Boden –Blick

Die Schweiz stürzt in die Hölle Le Matin

Das folgenschwere Versagen
Die Schweiz scheiterte erneut an sich selbst und verlor in Montenegro 0:1 – Tages Anzeiger

Die Schweiz hat bitter enttäuscht – Neue Luzerner Zeitung

Schweizer Fussballer im Gegenwind – NZZ)

Blamage: Jetzt wird es eng
Nationalmannschaft Montenegro zieht der Schweiz die Hosen aus – Aargauer Zeitung

Blamiert bis auf die Unterhose – Basler Zeitung

Die Schweizer Mannschaft geht in Montenegro unter – La Liberté

Schweiz in die montenegrinische Falle getappt – Le Temps

Die Schweiz gibt ein miserables Bild ab! Die Euro 2012 ist weit weg. Zu weit … – Tribune de Genève

12.10.2010 Schweiz – Wales

26.03.2011 Bulgarien – Schweiz

4.06.2011 England – Schweiz

6.09.2011 Schweiz – Bulgarien

7.10.2011 Wales – Schweiz

11.10.2011 Schweiz – Montenegro

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