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Mexikanische Freiheit und Schweizer Ordnungssinn

Dominique Hummel mag die Freiheit, die ihm das Leben in Mexiko bietet. Aber Schweizer Werte wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sind ihm nach wie vor wichtig.

Mit seiner Familie lebt der gebürtige Zürcher in der Stadt Puebla und leitet den Zweigbetrieb einer Schweizer Technikfirma, die Wärmetauscher zu Kühltürmen zusammenbaut.

Als die Schweizer Wirtschaftsministerin Doris Leuthard mit einer Delegation von Geschäftsleuten kürzlich Mexiko besuchte, reiste Hummel in die Hauptstadt, um an der Seite seines Schweizer Chefs an den verschiedenen Treffen und Anlässen teilzunehmen.

Nach Lateinamerika verschlagen hat es Hummel aber bereits vor etwa 10 Jahren, kurz nach dem Abschluss seiner Techniker-Ausbildung.

“Ich bewarb mich auf ein Inserat einer Schweizer Firma, die Leute in Mexiko suchte. Für mich war das Angebot auch ein Abenteuer. Es gefällt mir hier und ich habe gewisse Wurzeln geschlagen,” sagt der bald 36 Jährige.

Mittlerweile fühle er sich ziemlich genau “halb-halb” an, sagt er lachend. Seine Frau ist Mexikanerin, und mit seiner Tochter spricht er meistens auch Spanisch. Zwar gehe sie in eine Schule, wo sie auch Deutsch lerne. Das sei aber nicht einfach mit den Sprachen.

Das erfahre er auch selber, sagt Hummel. “Ich verstehe natürlich schon alles auf Deutsch, aber ich muss immer öfter nach Ausdrücken suchen.”

Werte

Schweizerische Werte versucht er seiner Tochter über die Erziehung mitzugeben, und gewisse europäische Traditionen, wie den Samichlaus, würden im Kontakt mit anderen Ausländerfamilien in Mexiko vermittelt.

“Verantwortungsbewusstsein und Pünktlichkeit sind mir persönlich sehr wichtig. Auch dass man zur Schule geht, selbst wenn man mal nicht gross Lust darauf hat.”

Den Kontakt zur Schweiz hält Hummel vor allem über seine Eltern und seine Schwester aufrecht. Dazu zählen regelmässige Telefongespräche und gegenseitige Besuche über die Kontinente hinweg. Anders ist es mit Kollegen: “Es wird immer schwieriger mit der Zeit.”

Kluft zwischen Arm und Reich

Im letzten Dezember war Hummel auf Heimatbesuch und nutzte ihn zum Skifahren. Das sei eines der ganz wenigen Dinge, die er manchmal vermisse in Mexiko.

Hummel lässt aber keinen Zweifel aufkommen, dass er gerne in Lateinamerika lebt. “Es ist ein sehr schönes Land, und wir leben gut.”

Tatsächlich sei es zu Beginn schwierig gewesen, das grosse Gefälle zwischen Arm und Reich in Mexiko zu verstehen und auszuhalten. Mit der Zeit lerne man damit umzugehen, selbst wenn man selber wenig gegen Armut tun könne.

“Immerhin kann ich die Menschen anständig behandeln, und ich versuche, ihnen Arbeit zu geben.”

Ordnung und Freiheit

Das Leben sei freier in Mexiko, wenn oft auch etwas chaotisch. In der kleinräumigen Schweiz fühle er sich stets beobachtet. Allerdings sei natürlich die Organisation besser.

“Es läuft von selber, und man achtet auf Pünktlichkeit in der Schweiz. Hier muss man sich selber um Dinge wie Wasser und Gas kümmern,” sagt er mit leichter Wehmut.

Die Zukunft will er offen lassen. Das hänge von der Arbeit ab. Er könnte in den USA, Europa oder auch in Mexiko leben. Und zurück in die Schweiz? “Da müsste ich mich ziemlich stark umstellen, aber ich traue es mir schon zu.”

Er verfolge zwar noch aus der Ferne das politische Geschehen in der Schweiz, aber zum Stimmen und Wählen fehlten ihm die entsprechenden Informationen.

“Ich lebe die Kultur nicht mehr und weiss ja auch nicht, was die Leute denken.”

Hummel will sich kein Urteil anmassen und bleibt im Gespräch zurückhaltend und bescheiden. Er wundert sich auch über die Fragen des Journalisten, aber antwortet geduldig und höflich. Dann geht’s zurück zum Anlass des Unternehmerverbandes mit Häppchen, Drinks und Smalltalk.

swissinfo, Urs Geiser, Mexiko

Ende 2007 gab es insgesamt 668’107 registrierte Auslandschweizer, gemäss Zahlen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

5040 Auslandschweizer lebten in Mexiko. Davon waren 3833 Doppelbürger und 1207 hatten ausschliesslich einen Schweizer Pass.

Stimmberechtigt in der Schweiz sind 3’666, allerdings waren letztes Jahr bloss 611 eingeschrieben.

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